Die Früchte des heiligen Messopfers

Von der Bestimmung des Priesters: Er steht in der heiligen Messe vor dem Hochaltar

P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung

§ 2. Das heilige Messopfer

Einige Bemerkungen zur Lehre von den Früchten des heiligen Messopfers

Wir fügen der Lehre von den Früchten des hl. Messopfers noch einige erläuternde und ergänzende Bemerkungen bei.

1. Das unblutige Opfer der hl. Messe, insofern es das Opfer Jesu Christi ist, kann dem Allerhöchsten nicht anders als unendlich wohlgefällig sein; insofern es dagegen unser Opfer ist, ist es Gott mehr oder minder wohlgefällig, je nach unserer persönlichen Heiligkeit und nach der Andacht, mit der wir es ihm darbringen. Auf die hl. Messe als unser Opfer beziehen sich daher die Worte des Priesters, die er nach der Wandlung spricht, Gott möge auf dieses Opfer des Leibes und Blutes Jesu Christi „mit gnädigem und huldreichem Angesicht herabsehen und es wohlgefällig aufnehmen“,, wie er einst mit Wohlgefallen aufgenommen das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedechs. Denn offenbar wird hier nicht ein Vergleich angestellt zwischen jenen Patriarchen mit ihren Opfergaben und Jesus Christus, der sich hier selbst aufopfert, sondern nur zwischen uns, die wir das hl. Messopfer in Vereinigung mit dem Priester darbringen, und zwischen jenen frommen Altvätern. Das demütige Gebet des Priesters hat keinen andern Sinn als den, der Allerhöchste möge ungeachtet unserer allseitigen Unwürdigkeit diese unsere Huldigung ebenso wohlgefällig annehmen und ebenso reichlich vergelten wie die Opfer jener Heiligen der Vorzeit. In demselben Sinne ist auch das folgende Gebet zu deuten, in welchem der opfernde Priester zu Gott fleht, daß das Opfer durch die Hände des Engels zu dem erhabenen Altar vor Gottes Angesicht empor getragen werde, damit aus dem Genuss der allerheiligsten Opferspeise die Fülle des himmlischen Segens und der Gnade uns zufließe.

2. Das hl. Messopfer ist an und für sich eben sowohl wie das Kreuzesopfer von unendlichem Wert. Da aber jenes nicht wie dieses bloß einmal, sondern täglich von neuem dargebracht werden sollte, so entsprach es der göttlichen Weisheit, das Maß der Früchte des einzelnen hl. Messopfers zu begrenzen. Welches Maß von Gnaden und Genugtuungen indes Gott der Herr in seinen unerforschlichen Ratschlüssen als Frucht einer heiligen Messe festgesetzt hat, wissen wir nicht; nur soviel können wir mit Sicherheit annehmen, daß bei jeder hl. Messe ein reiches Maß aus dem unendlichen Schatz der Verdienste und Genugtuungen des Kreuzesopfers zur Verteilung kommt, und daß der Anteil des einzelnen um so größer sein wird, je größer seine Empfänglichkeit für die göttlichen Gnaden-Erweisungen ist. Deshalb lehrt das Konzil von Trient (Sitz. 22, Kap. 2), „es werde durch das hl. Messopfer bewirkt, daß, wenn wir mit aufrichtigem Herzen und rechtem Glauben, mit Furcht und Ehrerbietigkeit, reuig und büßend zu Gott hintreten, wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden zur Zeit, wo wir der Hilfe bedürftig sind“.
Hinsichtlich der armen Seelen im Fegefeuer steht es allerdings fest, daß diese in dem Zustand, worin sie sich befinden, der göttlichen Erbarmung kein Hindernis mehr entgegen setzen; es muss jedoch bemerkt werden, daß die Gläubigen während ihres irdischen Lebens sich mehr oder minder würdig machen können, nach ihrem Hinscheiden der sühnenden Frucht des hl. Messopfers teilhaftig zu werden. So begreift sich der in der Kirche bestehende Gebrauch, für einen Verstorbenen mehrere heilige Messen zu lesen. Zur Beseitigung eines beim Volk nicht seltenen Irrtums mag hier beigefügt werden, daß der Priester die hl. Messe auch an solchenTagen für die Verstorbenen aufopfern kann, an denen die kirchliche Festordnung ihm verbietet, sie in schwarzer Farbe zu lesen.

3. Die Wirksamkeit des hl. Messopfers gründet sich zunächst und vorzugsweise auf die Verdienste des blutigen Kreuzesopfers und auf die Bitten, die Jesus Christus als ewiger Hoherpriester fortwährend für uns an seinen himmlischen Vater richtet. Was demnach von den Sakramenten gesagt worden, daß nämlich ihre Wirksamkeit nicht vor Würdigkeit oder Unwürdigkeit der Ausspender abhängt, das gilt ähnlich auch von der hl. Messe: die vornehmste Frucht diese hochheiligen Opfers bleibt dieselbe, mag der Priester, der es darbringt, eine größere oder geringere Vollkommenheit besitzen. Daraus folgt aber keineswegs, daß es in Bezug auf die Früchte der hl. Messe überhaupt gleichgültig sei, was für ein Priester sie feiere. Denn erhebt auch die Unwürdigkeit des Opfernden die Wirksamkeit des Opfers Christi nicht auf, so wird sie doch, insofern die Messe auch ein Opfer des Priesters ist, durch die Frömmigkeit und Herzens-Reinheit des letztern erhöht, weil in diesem Fall zu den Verdiensten und der Fürbitte Jesu Christi auch noch die Kraft des Gebets von Seiten des Priesters hinzu tritt. – aus: P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung, Ein Hilfsbuch für die Christenlehre und katechetische Predigt, 3. Band Lehre von den Gnadenmitteln, 1912, S. 179 – S. 181

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