Das Kreuz eine Schule der Geduld

Ein Wegkreuz als Erinnerung und Schule der Geduld im Leiden

Das Kreuz ist eine Schule der Geduld im Leiden

Das Kreuz ist für den Christen eine Schule der Geduld im Leiden. Als die Spanier Mexiko eroberten, wollten sie beutegierig nur Gold und immer nur Gold. Freiwillig gaben aber die Mexikaner ihre Schätze nicht heraus; darum griffen die Spanier zu allerlei Torturen, und legten sogar den Kaiser Guatimozin und seinen Diener auf glühende Kohlen, um sie zum Geständnis zu zwingen, wo die Schätze verborgen lägen. Das war aber eine unerträgliche Qual; kein Wunder also, daß der Diener bittend zu seinem Kaiser hinüber schaute, damit er doch selbst gestehe oder ihn gestehen lasse, wo sich ihre Kostbarkeiten befänden. Der Kaiser aber meinte, es heiße einem Diener nicht allzu viel zumuten, wenn er dasselbe leiden müsse, was sein Herr leide. Daher rief er ihm vorwurfsvoll zu: „Schau her, liege ich denn auf Rosen?“

Nun ist ja aber angesichts der zahllosen Leiden, die Tag für Tag auf das arme Menschenherz herein brechen, nichts so erklärlich, als daß es den Mut und die Geduld verliert. O, der fromme Verfasser der Nachfolge Christi hat recht, wenn er sagt: „Wende dich nach oben, wende dich nach unten, wende dich nach innen, wende dich nach außen, zur Rechten oder zur Linken: allüberall wirst du finden ein Kreuz, ein Leid!“ – Am Rhein, im sogenannten Siebengebirge, gibt es eine Stelle, welche ein siebenfaches Echo bildet; ruft man von dieser Stelle ein Wort, z. B. das Wort Freude hinaus, so tönt es in siebenfachem Wiederhall rings aus den bergen zurück: Freude. Es gibt aber ein Wort, das, mag man es ausrufen von welcher Stelle man will, nicht bloß einen siebenfachen, sondern millionenfachen Wiederhall bildet, und dieses Wort heißt Leiden. Probiere es nur, du armes, Leid gequältes Menschenherz, und rufe es hinaus in die Welt: ich leide, und allüberall her, aus den Hütten der Armen, aus den Fabriken der Reichen, aus den Palästen der Großen, aus den Studierstuben der Gelehrten wird dir ein millionenfaches Echo erwidern: ich leide! Wohl also allen, die da leiden und immer nur leiden und meinen, unser Herrgott halte sie zu hart und mute ihnen mehr zu, als sie tragen können, daß es für sie eine Hochschule, eine Universität gibt, wo sie alles erlernen können, was sie zum Leiden nötig haben, vorab Mut und Geduld und Ausdauer, und diese Hochschule ist der Kalvarienberg, und der Lehrstuhl ist das Kreuz. Wie also, mein Christ, wenn du gern klagen und murren möchtest, daß dir Gott eine zu schwere Last auflade, so blicke doch erst hinauf ans Kreuz und höre, was dein gekreuzigter Heiland dazu sagt: „Schauher, liege ich denn auf Rosen?“ Es ist wahr, dein Leid ist groß, groß am Leib, groß an der Seele! Krankheit, Armut, herbe Verluste, kränkende Angriffe auf deine Ehre, deinen guten Namen, all das verbittert dir das Leben, jawohl, ich weiß das, aber schaue einmal hin auf den dort am Kreuz! Wen hat man so verachtet, so verleumdet, so verspottet, so misshandelt, so gekränkt, wie ihn, den man durch falsche Zeugen zum Verbrecher, zum Missetäter erklären ließ, um ihn ans Kreuz schlagen zu können? „Schau her, liege ich denn auf Rosen?“ Darum gilt dir das Sprüchlein:

Blick` hinauf, o blick` hinauf!
Sieh, zum Himmel geht dein Lauf,
Musst nur nicht gar gleich verzagen,
Musst dein kreuz geduldig tragen,
Blicke nur zum Kreuz hinauf!

aus: Philipp Hammer, Der Rosenkranz, eine Fundgrube für Prediger und Katecheten, ein Erbauungsbuch für katholische Christen, I. Band, 1896, S. 99 -S. 101

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