Das Herz des Welterlösers
Sühne und Tröstung
Der Papst fragt bei seinem Rundblick über alles das, was gegen den allmächtigen Schöpfer, gegen den Erlöser der Welt und alles, was er der Menschheit gebracht hat, mit teuflischer Bosheit geschieht, ob das wohl der Anfang der Leiden sein könnte, von denen der hl. Paulus spricht, wenn „der Sohn der Sünde erscheinen wird, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles erhebt, was Gott und Heiligtum heißt“. (2. Thess. 2,4) Solche Frevel gegen die unendliche Majestät des Allerhöchsten, gegen seine Heiligkeit, Gerechtigkeit und Liebe verlangen nach Sühne und Ersatzleistung. Große sühnende Macht aber gewinnt unser armes Beten, Opfern und Leiden, wenn es sich mit dem Opfer des Erlöser-Herzens auf dem Altar vereinigt, und wenn es in der Sühnekommunion und der Heiligen Stunde dem göttlichen Herzen geweiht wird.
Doch nicht bloß die Sühnepflicht hebt der Heilige Vater hervor. Er verlangt auch, daß wir das heiligste Herz trösten. Die Schwierigkeiten, die man früher hin und wieder dagegen erhoben hat, werden auch in der Enzyklika nicht übergangen, aber auch gründlich widerlegt: „Doch vermögen wir denn überhaupt durch Werke der Sühne Jesus noch zu trösten, ihn, der in der Seligkeit des Himmels thront?“ „Wir erwidern mit dem hl. Augustinus: Wer liebt, der versteht was ich sage.“ Wenn man den Heiland in seinem bitteren Leiden betrachtet, wenn man gewissermaßen vor Augen sieht, was er in Liebe zu uns geopfert und gelitten hat, wie zudem all die Sünden und Frevel der Menschheit, auch der heutigen, zumal in seinem Ölberg-Leiden klar vor seinem Geiste standen, zugleich mit aller Lauheit und Undankbarkeit solcher, denen er reichere Gnaden angeboten hatte, wie auch wegen der Sünden, die man selbst begangen hatte, das Herz des Herrn betrübt war bis zum Tode, dann drängt es den, der den Heiland wirklich liebt, ihn darin zu trösten.
Und es ist auch möglich! Wie der Herr am Ölberg allen Undank vor Augen hatte, so hat er auch alles vorausgeschaut, was man in inniger Liebe, in Mitleid und Schmerz tun will, um ihn zu trösten. „Darum hat er ohne Zweifel auch keinen geringen Trost aus unserer Sühne geschöpft, die er ebenfalls voraussah, als ein Engel vom Himmel erschien, um sein von Ekel und Angst gequältes Herz zu trösten. So können und müssen wir das heiligste Herz, das fort und fort durch die Sünden undankbarer Menschen verwundet wird, in geheimnisvoller aber wirklicher Weise auch jetzt noch trösten. Die Liturgie kleidet das Verlangen des Herrn in die Psalmverse: „Schmach gewärtigt mein Herz und Elend; ich wartete, ob jemand Mitleid hätte, und es war keiner, ob einer Trost spendete, und ich fand niemand!“ –
aus: Karl Richstätter SJ, Das Herz des Welterlösers, 1932, S. 79 – S. 81