Was Christen für das Fest Kreuzerhöhung beherzigen können
1. Das Kreuz, an welchem Christus hing, wurde am heutigen Tage wieder erhöht und wird von allen Christgläubigen in großen Ehren gehalten. Wer einen echten Partikel davon hat, schätzt und ehrt ihn sehr. Warum liebst und schätzest du denn nicht jenes Kreuz, jene Widerwärtigkeit, welche dir Gott zuschickt? Diese sind wahre Partikel des Kreuzes Christi im geistigen Sinne, welche dir mehr Nutzen bringen, als das wirkliche Kreuz Christi, wenn du dieselben mit Geduld erträgst, wie Christus sein Kreuz getragen hat. Christus der Herr hat seine Kreuzigung eine Erhöhung genannt, indem er sprach: „Des Menschen Sohn muss erhöht werden“; weil er nämlich dadurch zur größten Erhöhung im Himmel und auf Erden gekommen ist, da er sein Leiden und seinen Tod seinem himmlischen Vater zuliebe und zum Heil der Menschen mit größter Geduld und Freude erduldet hat. Du wirst auch im Himmel erhöht werden, wenn du dein Kreuz trägst, wie Christus das seinige getragen hat, und ihm nachfolgst.
2. Wenn es Jesus schon wohlgefällig ist, daß wir sein Kreuz verehren, erhöhen; um wie viel mehr sollen wir ihn durch seine Nachfolge verherrlichen. Dazu ermahnt der Apostel Paulus (Phil. 2,5-11): „Christus erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott erhöht und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, daß im Namen Jesu sich beugen sollen die Knie aller, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind, und daß jede Zunge bekennen soll, daß Jesus Christus der Herr ist in der Herrlichkeit des Vaters.“ Wir erhöhen, ehren, verherrlichen Jesus Christus nur dann, wenn wir ihn als unsern Herrn und Gesetzgeber durch seine Lehre und Beispiel dadurch anerkennen, daß wir seiner Lehre und seinem Beispiel folgen. Wenn Jesus, als der Kaiser Heraklius in standesgemäßen kaiserlichen Kleidern sein Kreuz trug, dadurch sein Mißfallen zu erkennen gab, daß dieser nicht mehr weiter gehen konnte, um wie viel mehr wird es ihm mißfallen, wenn man in nicht anständiger Kleidung bei der Erneuerung seines Versöhnungstodes am Kreuz, das ist bei dem heiligen Messopfer in der Kirche erscheint, sondern in ungebührlicher, hoffärtiger Kleidertracht, und sich über den Stand hinaus ziert und schmückt. Wenige denken daran, daß Jesus am Kreuz eine Dornenkrone trug, wie die heilige Elisabeth von Thüringen, die deswegen in der Kirche den standesgemäßen Schmuck (Krone, Diadem) ab- und zu den Füßen des Gekreuzigten niederlegte. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 732