Gnadenorte der himmlischen Himmelskönigin
Unsere Liebe Frau Mariahilf in der Stadtkirche von Innsbruck
und wie die Marienbilder entstanden sind
Als Erzherzog Leopold, Bruder des Kaisers Ferdinand II., einst dem Kurfürsten Johann Georg von Sachsen in Dresden einen Besuch machte, zeigte dieser dem erlauchten Gast auch seine Gemäldesammlung, und ließ ihm die Wahl, sich eines von den vorhandenen kunstvollen Bildern auszuwählen, und zum Andenken zu behalten. Da fiel das Auge Leopolds auf ein Marienbild, das seine ganze Aufmerksamkeit fesselte. Das Bild war auf Holz gemalt, 2 ½ Schuh hoch, und 1 Schuh 9 Zoll breit. Die göttliche Mutter ist sitzend dargestellt. Sie hält das göttliche Kind in ihren Armen. Der kleine Jesus umfängt liebreich den Hals der Mutter, legt das rechte Füßchen auf ihren linken Arm, mit dem linken steht er auf ihrem linken Knie. Den Blick hingewandt zum Angesicht der göttlichen Mutter, scheint es mit bittender Miene und etwas geöffnetem Mund in seinem anscheinend hilflosen, unmündigen Zustand um Hilfe zu flehen. Die Kleidung der jungfräulichen Gottesmutter ist ein blauer Rock mit gelben Überschlägen, Schultern und Arme deckt ein roter Mantel, der über die Knie zusammen gefaltet ist, und über den ihr goldfarbenes, fliegendes Haar fast in der Mitte des Hauptes, mit einem schwarzen Bändchen gebunden, niedlich sich ausbreitet. Über das Haupt der seligsten Mutter sowohl als des göttlichen Kindes fließt ein durchsichtiger Schleier sittsam herab; ein gleicher bedeckt auch den zarten Hals der Himmelskönigin, eingefaßt mit einem schwarzen Schnürchen, in welchem 31 schwarze Kreuzlein angebracht sind. Zeichnung, Farben, Ausdruck, Genauigkeit und Fleiß in der Ausführung erheben dies Gemälde zu einem Meisterstück der Kunst.
Doch der fromme Erzherzog sah nicht so fast auf die Kunst des Bildes als auf den Gegenstand, den es darstellte. Er war ja ein inniger Verehrer der göttlichen Mutter. Er erbat sich daher dieses Bild und gerne überließ ihm der Kurfürst dasselbe. –
Leopold gewann das Bild unendlich lieb, stellte es in seiner Hauskapelle auf und betrachtete es als den größten Schatz seiner Fürstenkrone. –
Das Bild befand sich nun wohl in der Stadt Innsbruck, aber stets in den Händen des Erzherzogs, der mit seiner frommen Gemahlin Klaudia gewöhnlich seine Hausandacht vor demselben hielt, ja sogar dasselbe überall auf seine Reisen mitnahm, um vor demselben beten zu können. –
Doch wurde Manchem gestattet, das liebliche Bild zu sehen, zu verehren und seine Anliegen der Lieben Frau vorzutragen, und da bald mehrere Gebetserhörungen stattfanden, so mehrte sich die Andacht und das Vertrauen, und immer weiter und weiter im Land Tirol verbreitete sich der Ruhm dieses Gnadenbildes. –
Um diese Zeit suchte auch die Irrlehre Luthers in Tirol und Italien einzudringen; die schwedischen Kriegsunruhen erschütterten ganz Deutschland und beunruhigten auch Tirol.
Erzherzog Leopold suchte mit seinen Landeskindern seine Zuflucht bei der Gottesmutter, und ließ daher öfters das Gnadenbild in der Pfarrkirche zur Verehrung aussetzen. Nun wurde der Zudrang des Volkes zu diesem heiligen Bild noch größer; man glaubte, es wäre mit diesem Bild die katholische Religion selbst aus der Gewalt der Glaubensfeinde gerettet; man hielt es für ein süßes Unterpfand des Sieges der katholischen Kirche über jede Irrlehre, für eine Schutzwehr der Freiheit im Gebirge gegen die Schrecken des Religionskrieges, daher wurde das heilige Bild wie aus einem Mund Mariahilf genannt.
Im ganzen Land Tirol entstanden Nachbildungen. Matthias Kösel, ein Kupferstecher in Augsburg, verbreitete es in Kupfer gestochen in unzähligen Exemplaren und allenthalben fanden sich die Gemüter unter diesem Sinnbild vereinigt, die Landesreligion zu verfechten. Überall erhoben sich Bildstöcke und Kapellen mit dem Bild Mariahilf; besonders waren es die katholischen Völker Österreichs und Bayerns, welche Maria , die seligste Jungfrau, unter dem Titel Mariahilf anriefen und ihr zu Ehren die schönsten Kapellen und Kirchen erbauten. Das also ist der Ursprung der lieblichen Mariahilf-Bilder und ihrer Verehrung.
Nach des Erzherzogs Leopold Ableben wurde sein Sohn Ferdinand Karl nicht nur Erbe seiner Länder, sondern auch dieses so hoch geschätzten Gnadenbildes, so wie der Gottseligkeit seines Vaters und seiner innigen Verehrung der Gottesmutter Mariahilf. Da mit der zunehmenden Andacht des Volkes vor diesen Bild auch die Wohltaten sich mehrten, nahm die Sehnsucht, diesen Gnadenschatz beständig und ungehindert besuchen zu können, so sehr überhand, daß geistliche und weltliche Personen den Erzherzog und dessen Gemahlin Anna mit dringenden Bitten bestürmten, sie möchten doch das Bild zu allgemeinen Trost der ganzen Gemeinde in dem Skt. Jakobs-Pfarr-Gotteshaus beisetzen lassen. –
So vielen und anhaltenden Bitten vermochte das fürstliche Ehepaar nicht zu widerstehen. Ferdinand bewilligte die angesuchte Übersetzung des heiligen Bildes und es kam am 23. Juni 1650 zwischen dem Landesherrn und dem Stadtmagistrat ein Vergleich zu Stande, vermöge welchem die Stadt sich anheischig machte, eine eigene Kaplanei zu einer täglichen heiligen Messe vor dem Gnadenbild zu errichten. Ferdinand aber hielt sich die Aufsicht über das Bild für sich und seine Nachkommen bevor und bedingte noch ausdrücklich, dieses heilige Bild, wann und so oft er wolle, sei es auf Reisen oder bei anderer Gelegenheit, nach seinem Wohlgefallen zu sich zu nehmen und darüber verfügen zu können. Übrigens soll es auf ewige Zeiten von Niemand anderm weg genommen oder andres wohin versetzt werden können.
Nach dieser Übereinkunft wurde das Gnadenbild mit größter Feierlichkeit und zum allgemeinen Trost in die Pfarrkirche am 3. Juli des Jahres 1650 übergesetzt. Achtzig Gemeinden mit ihren Fahnen, die Zünfte der Stadt, die Bruderschaften und die sämtliche Geistlichkeit folgten der Prozession, bei welcher das heilige Bild auf einem prachtvollen Triumphwagen mitgeführt wurde. Dem Bild folgte der Erzherzog Ferdinand mit seiner Gemahlin, die Beamten, der gesamte Adel und die Bürgerschaft; den Schluss machte eine unermessliche Menge Volkes, das von allen Seiten herbei geströmt war.
Mit der Verehrung der Liebe Frau in ihrem Gnadenbild nahmen auch die Wohltaten zu, welche die göttliche Mutter den Bedrängten in allerhand Anliegen verlieh und mit ihnen mehrte sich die Andacht und das Vertrauen, besonders als der Jesuitenpater Wilhelm Gumpenberg 1662 die neuntägigen Andachten einführte. Von dieser Zeit an wurden die Gnadenerweise bei diesem Gnadenbild fleißig aufgezeichnet und zwar mit solchem Erfolg, daß vom Jahr 1662 bis zum Jahr 1750 vierundvierzig große Bücher mit 4400 schriftlichen Zeugnisse der auf die Fürbitte Mariä erhaltenen Wohltaten und Gebetserhörungen angefüllt wurden. Besonders zeigte sich das Vertrauen auf die Fürbitte der seligsten Jungfrau in allgemeinen Drangsalen, so bei dem Erdbeben im Jahr 1670, bei der Belagerung Wiens durch die Türken und bei einem zweiten Erdbeben im Jahr 1689; es wurden Bittgänge und neuntägige Andachten gehalten und Mariens Hilfe ließ das Vertrauen nie zu Schanden werden…
Als in den dreißiger Jahren die Cholera die Runde um die Erde machte und überall ihre Opfer forderte, da flohen Innsbrucks Bewohner unter den Schutz der göttlichen Mutter. Zwei feierliche Bittgänge, wobei man das hoch verehrte Gnadenbild herum trug, wurden gehalten, und zwar der erste den 29. September 1831 und der zweite am 1. August 1836. Alles nahm an denselben Teil; Hohe und Niedere, Reiche und Arme ohne Unterschied des Standes flehten um Schonung von der drohenden Krankheit durch Mariahilf, und siehe, das vertrauensvolle Gebet wurde erhört. Während die Seuche rings herum wütete, war Innsbruck und die ganze Umgebung davon verschont geblieben.
Wie wird mir doch so wohl um’s Herz,
Wenn ich dies Bild anschau‘!
Es zieht die Seele himmelwärts,
Und sagt: „Auf Gott vertrau!“
(Beda Weber, Tirol etc., Marianisches Gebetbuch. Innsbruck.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 1143 – Sp. 1146
Bildquellen
- gnadenbild-mariahilf-innsbruck: Wikipedia