Modernisten über das Lehramt der Kirche

Hut, bischöflicher Krummstab, Kleidungsstücke eines Papstes

Pius X.: Was halten die Modernisten vom Lehramt der Kirche?

nach der Enzyklika Pascendi Dominici gregis des hl. Pius X.

Pius X. in weißer Papstkleidung sitzt auf dem päpstlichen Stuhl, die Arme auf den Stuhllehnen, im Gesicht ist ein leichtes Lächeln zu sehen

137. Was halten sie vom Lehramt der Kirche?

„Über das Lehramt der Kirche tragen sie folgendes vor. Eine religiöse Gemeinschaft kann nicht zu wahrer Einheit kommen, wenn nicht das Bewusstsein der Mitglieder eines, und die Formel, die sie gebrauchen, eine ist. Diese doppelte Einheit aber fordert einen gleichsam gemeinschaftlichen Geist, der die Formel finden und bestimmen muss, welche dem gemeinsamen Bewusstsein besser entspreche; dieser Geist muss genug Autorität haben, um die gefundene Formel der Gemeinschaft vorzuschreiben. In diese Vereinigung nun, oder besser in diese Verschmelzung des Geistes, welcher die Formel findet, und der Gewalt, welche sie vorschreibt, verlegen die Modernisten den Begriff des kirchlichen Lehramtes.“

138. Muss dieses Lehramt sich dem Bewusstsein des Volkes unterwerfen?

„Da also dieses Lehramt aus dem Bewusstsein der einzelnen erwächst und als öffentliches Amt zum Nutzen des Bewusstseins der einzelnen hingestellt ist, so folgt notwendiger Weise, daß es von eben diesem Bewusstsein abhängt und sich den volkstümlichen Formen beugen muss.“

139. Was müssen die modernistischen Theologen dann weiter sagen über die Ausübung des kirchlichen Lehramtes?

„Es wäre also nicht Gebrauch, sondern Missbrauch der zum Nutzen der Kirche anvertrauten Gewalt, wenn sie das Bewusstsein der einzelnen daran hindern sollte, die Anregungen, welche diese verspüren, frei und offen auszusprechen, oder wenn sie der Kritik den Weg abschneiden wollte, auf dem diese das Dogma zu den notwendigen Entwicklungen führte. – Auch im Gebrauch selbst dieser Gewalt ist das richtige Maß einzuhalten. Ein Buch, ohne Vorwissen des verfassers, zu zensurieren oder zu verbieten, ohne eine Erklärung oder Gegenrede anzuhören, das grenzt doch sehr nahe an Tyrannei.“

140. Was bleibt noch zu tun und welches Verhalten raten sie inzwischen an?

„Man muss auch hier einen Mittelweg finden, um die Rechte der Autorität sowohl wie die der Freiheit ganz zu wahren. Inzwischen muss der Katholik so handeln, daß er vor der Öffentlichkeit gegen die Autorität sich völlig untertänig zeige, ohne aufzuhören, seiner eigenen Überzeugung zu folgen.“

141. Gestehen diese Theologen in ihrer Auflehnung gegen die geistliche Obrigkeit dieser wenigstens den Prunk äußerer Ehrung zu?

„Im allgemeinen fordern sie folgendes von der Kirche: allen äußeren Prunk soll sie beiseite lassen, wodurch sie zu sehr auffallen könnte, weil der Zweck der kirchlichen Gewalt einzig auf die geistlichen Dinge Bezug hat. Dabei vergißt man ganz, daß die Religion sich wohl mit den Seelen beschäftigt, sich aber nicht einzig auf die Seelen beschränkt, und daß die Ehre, welche man der Autorität erweist, auf Christus, den Einsetzer, zurück fällt.“ –
aus: J.B. Lemius Obl. M. J., Der Modernismus Sr. H. Papst Pius X. Pascendi dominici gregis, 1908 S. 44 – S. 45

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