Heiliger Odilo Abt des Klosters von Cluny

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

2. Januar

Heiliger Odilo von Cluny Abt

(Almosen)

Bemerkung von Alban Stolz: Ich habe mir vorgenommen bei diesen Heiligen-Geschichten, solche Umstände und Weitläufigkeiten weg zu lassen, welche nur die Neugierde reizen und mehr zerstreuen, als erbauen. Wenn du Brot issest, so fragst du auch nicht nach der Spreu, aus welcher das Mehl genommen, und nach der Erdscholle, auf der es gewachsen ist; wenn es dir nur schmeckt und anschlägt. Wem an unnötigen Umständen in einem Heiligenleben viel gelegen ist, der kann eine andere Legende suchen, wo das zu finden ist. Ich schreibe für solche, welche lesen nicht um die Neugierde zu füttern, sondern um zu lernen, nämlich die hohe edel Kunst christlich zu leben und selig zu sterben.

Der hl. Odilo ist Abt oder Vorsteher eines Klosters (Anm.: von Cluny) gewesen, und war ein vornehmer edler Mann vor Gott und der Welt. Einer, der ihn gekannt hat, schreibt von Odilo, sein Angesicht sei den guten Menschen freundlich und hold vorgekommen, aber den stolzen und widerspenstigen furchtbar, wie auch das sonnige Tageslicht der Blume wohltut, und dem Nachtvogel unerträglich ist. Er war mager, bleich und grau; aber aus seinen Augen strahlte ein wunderbares, fast erschreckendes Leuchten. Seine Stimme und sein Reden war so mannhaft schön und gemessen, daß es eingedrungen ist, wie das Läuten einer Betglocke von fernher. Der hl. Odilo hatte einen hohen Geist, der wie ein ewiges Licht fort und fort aufwärts nach der Wahrheit und nach Gott strebte. Wie es im hohen Lied heißt: „Ich schlafe, aber mein Herz wacht zu dir“, so geschah es zuweilen, daß er Nachts einschlief unter dem Psalmen sprechen, und dann im Schlaf noch den Psalm fort sprach oder sang, oder beim Aufwachen fort setzte, wie wenn nichts dazwischen gewesen wäre. – Könige und Kaiser, Bischöfe und Päpste zeigten große Liebe und Ehrfurcht gegen diesen Mann. So hatte z. B. Die Kaiserin Adelheid, welche selbst heilig gesprochen ist, ein großes Verlangen, den hl. Odilo vor ihrem Tod zu sehen. Als er wirklich kam, weinte sie vor Freude und küßte voll Ehrfurcht den Mantel des heiligen Mannes.

Eine solche Hoheit macht leicht stolz und hart gegen geringe arme Menschen, aber nur dann, wenn das Gute in der Seele gering und schwächlich ist. Ein elendes Flämmchen auf der Lampe löscht von zwei Tropfen Wasser aus; aber spritz` einmal Wasser in den Feuerofen am Eisenhammer, die Gluten und Flammen werden davon noch stärker. So wird auch die Seele, in welcher das Feuer des hl. Geistes groß und mächtig flammt, nicht durch Ehre und Ruhm verdorben, sondern überwindet dieses und nimmt noch zu. So war es auch da.

Der sein Leben beschrieben hat, sagt, der hl Odilo sei gewesen der Stab der Blinden, die Speise der Hungrigen, die Hoffnung der Elenden, der Trost der Traurigen, und eine unbeschreibliche Barmherzigkeit und Freude, Andern wohl zu tun, sei bei ihm allezeit gewesen. Manche haben ihm selbst vorgeworfen, er übertreibe die Güte, zumal da er auch gegen böse Menschen sehr wohltätig war; aber ergab dann zur Antwort: „Ich will lieber wegen der Barmherzigkeit barmherzig gerichtet werden, als wegen Hartherzigkeit ohne Erbarmen verdammt.“ Und wie wohl dieses Gott gefallen habe, konnte man schon daran sehen, daß, wenn er sorglos Alles hergegeben hatte, so daß das Notwendigste mangelte, Gott jedesmal das Herz guter Menschen erweckte, die ihm wieder reichlich zutrugen.

Einmal, da eine schwere Hungersnot über dem Land lag, war der hl. Odilo auf der Reise und fand an der Landstraße zwei nackte Kinder liegen, gestorben vor Hunger und Kälte. Er stieg vom Pferd, zog sein wollenes Oberkleid ab und hüllte die Leichname darein, suchte um`s Geld einige Leute, die ihm halfen, die Kinder zu begraben, – und dann erst setzte er seine Reise fort. Wie der hl. Martin die Hälfte seines Kleides einem nackten Bettler schenkte, so schenkte der hl. Odilo sein ganzes Kleid den Toten.

Da das Elend und die Hungersnot mehrere Jahre andauerte, so zerbrach der hl. Odilo die meisten Kirchengefäße und auch eine goldene Krone, welche der hl. Heinrich, ein deutscher Kaiser, seiner Kirche geschenkt hatte, und verwendete den Wert davon für die Armen. Er hielt dafür, wenn Christus für die Armen sein Blut vergossen habe, so dürfe man für die Armen auch goldenen Kirchenschmuck zerbrechen und hingeben. Er gab, was er selbst hatte; da aber dieses lange nicht der Not abhelfen konnte, so ging er allenthalben auf Ortschaften und in Kirchen, und redete da den Vornehmen, den Reichen und den Mittelleuten an das Herz, daß sie Barmherzigkeit ausüben; und so trieb der heilige Mann das edelste Betteln, das es gibt, er bettelte für den Nebenmenschen. Er hat auf diese Weise Tausenden von Armen das Leben gerettet, und Tausende von Wohlhabenden zu edlen gottgefälligen Werken gebracht, und ist jenen am Leben des Leibes, diesen am Leben der Seele zum Heil gewesen.

Ein Aussätziger, welcher wegen Ansteckung abgesondert wohnte, hatte großes Verlangen mit dem hl. Odilo zu sprechen. Während nun der elendeste Bettler Scheu hatte mit einem aussätzigen in Berührung zu kommen, so weigerte sich der hl. Odilo nicht; er ging furchtlos zu ihm, küßte ihn und ließ sich mit ihm in ein langes Gespräch ein.

Überhaupt war er so gut gegen andere Menschen, daß ein anderer Geschichtsschreiber von ihm sagte, er habe in allweg nicht sowohl die Strenge eines Vaters, als vielmehr die Liebe einer Mutter gezeigt.

Es sind aber auf diesen Tag, den 1. Januar 1849, gerade 800 Jahre, daß der hl. Odilo gestorben ist. Nun finde ich noch vieles aufgeschrieben von seinen andern Tugenden, und auch von großen Wundern; aber damit du Leser nicht zerstreut werdest, lasse ich dich nur schauen, wie der herrliche Mann, reich an Geist und Kraft und Ehre, so gut und lieb gegen die Menschen, besonders gegen ihre Not gewesen ist. Und ich hätte auch von andern Dingen reden können, von seiner Strenge gegen sich selbst, von seiner Demut, von seiner Reinigkeit usw. Aber für den Anfang wollte ich lieber diejenige Tugend an einem Heiligen dir zeigen, welche die leichteste, vorzüglichste und lieblichste ist, die Guttätigkeit gegen Arme und Elende. Man braucht gerade noch kein Heiliger zu sein, so läßt man sich doch gern dazu aufmuntern, daß man an armseligen Menschen Barmherzigkeit ausübt. Sieh`, du Leser, vielleicht steht es sehr bös mit deiner Seele, viel schlimmer als du dir einbildest, und viel Almosen und Guttaten können freilich deine Sünden nicht tilgen. Aber wenn du recht viel Güte und Barmherzigkeit am armen Volk ausübst, so kann Gott fast nicht anders, er bekommt auch Erbarmen mit deiner armen Seele, und wird dir recht dringend mit innerlichen und äußerlichen Mahnungen nachgehen, und dich dahin zu bringen suchen, daß du dich bekehrst und gerettet wirst. Wenigstens so oft ich von einem Mann, der vielerlei Böses schon getan hat, höre, daß er gar gutherzig gegen Notleidende sei, so bekomme ich zu einem so gutherzigen Sünder ein besonderes Wohlwollen, und meine, Gott wird eben auch so einen armen Sünder eher noch zu retten bedacht sein, als einen kalten, eigennützigen Menschen. Gott hat auch dem Heiden Cornelius in der Apostelgeschichte durch einen Engel sagen lassen: „Dein Almosen ist hinauf gestiegen zur Bemerkung vor Gott.“

Nun magst du, mein Leser, ein wahrer lebendiger Christ sein, oder ein Todsünder, so wird es dir auf jeden Fall wohl bekommen, wenn du recht viel Guttaten gegen Arme übst. Und damit dir der hl. Odilo und dein Lesen auch gleich etwas nütze, so gib heute noch nach deinen Umständen ein namhaftes Almosen; oder wenn du heute keinen würdigen Armen mehr findest, so leg` wenigstens ein Stück Geld auf die Seite, welches dann nicht mehr dein gehört, sondern dem nächsten Armen, den du antriffst. Es ist ohnedies heute Neujahr – wenn du nämlich mit dem Datum diese Legende liest – und da wäre es sehr schön, wenn du den ersten Tag im neuen Jahr durch ein namhaftes Werk der Barmherzigkeit zeichnetest.

Wie Job in gesunden Tagen unaufhörlich den Armen Gutes getan hat, und dann schwere Leiden über ihn kamen, so war es auch bei dem hl. Odilo. Das Almosen, was man gibt, ist nämlich Gold, welches man gibt, ist nämlich Gold, welches man Gott schenkt; gewöhnlichen Menschen bezahlt es Gott oft in diesem Leben mit mancherlei Glück und Segen; heiligmäßigen Seelen aber schenkt er am liebsten die kostbare Perle der Leiden dafür, welche ihnen eine besondere Herrlichkeit im Himmel verschafft. Fünf Jahre lang vor seinem Tod wurde Odilo von vielen großen schmerzen gequält. Er machte deshalb eine Wallfahrt zu dem Grab der hl. Apostel Peter und Paul, nicht um dort geheilt zu werden, sondern um unter ihrem Beistand zu sterben. In Rom lag er nun vier Monate krank; statt zu sterben wurde er aber wieder gesund. Nun reiste er in sein Kloster zurück, und brachte daselbst fast ein ganzes Jahr in strengem Fasten, Wachen und Beten zu, soweit es die Schwäche des 68jährigen Mannes zuließ. Den Brüdern, welche ihn besuchten, gab er gottselige Ermahnungen, und sagte ihnen sein baldiges Ende voraus. Ungeachtet seiner Gebrechlichkeit wollte er in der Arbeit seines Amtes sterben; er faßte den Entschluss, die übrigen Klöster, welche ihm untergeben waren, noch zu besuchen und den Brüdern gleichsam als sterbender Vater alles Heilsame an das Herz zu legen. Da er nun im Advent nach Souvigni kam und dem Volk über die Ankunft des Heilandes predigte, befielen ihn wieder seine heftigen Schmerzen und diesmal in tödlicher Weise. Nachdem er die hl. Sakramente verlangt und empfangen hatte, ließ er sich in die Kirche tragen, schloss ruhig die Augen und starb im Frieden. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 1 Januar bis März, 1872, S. 1 – S. 5

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