Heiligenkalender
25. Juni
Die heilige Febronia Jungfrau und Märtyrerin
Unter sehr vielen Heiligen Jungfrauen, welche während der Verfolgung des tyrannischen Kaisers Diokletian ihr Leben um des Glaubens Christi willen durch den Martertod endigten, ist eine aus den berühmtesten die heilige Febronia. Sie wurde von dem dritten Jahre ihres Alters an zu Sibapolis in Syrien in einem klösterlichen Verein von 50 Jungfrauen unter der Leitung ihrer Base Bryene zur getreuen Nachfolge Jesu und Maria erzogen. Nachdem sie einige Jahre in dieser Wohnung zugebracht hatte, drangen ihre Verwandten in sie, in die Welt zurück zu kehren; weil sie aber wegen ihrer Schönheit die vielen Gefahren der Welt fürchtete, wollte sie lieber bei ihrer gottseligen Base, gleichsam zwischen vier Mauern eingeschlossen, verharren. Febronia war überaus schön; da fürchtete sie, es möchte ihre Wohlgestalt anderen Menschen und ihr selbst ein Anlaß zur Versuchung und zur Sünde werden, und bot alles auf, ihre Schönheit durch strenges Fasten, anhaltendes Gebet und harte Bußwerke zu mindern. Allein je mehr sie ihren Leib züchtigte, desto mehr nahm dessen Schönheit zu. Daher verband sie sich durch ein Gelübde, lebenslang die jungfräuliche Keuschheit zu bewahren, und erwählte Jesus Christus zu ihrem Bräutigam, dem sie mit inniger Liebe getreu diente.
So war sie neunzehn Jahre alt geworden; da kam die Nachricht, daß der Stadtpräfekt Lysimachus und der Richter Selenus auf Befehl des Kaisers Diokletian begonnen hätten, die Christen, wenn möglich, ganz auszurotten. Verschiedene, sowohl Geistliche als Weltliche, suchten durch die Flucht ihr Leben zu retten. Die kluge Vorsteherin Bryene gab ihren Untergebenen die Freiheit, hinzugehen, wohin sie wollten, setzte aber hinzu, daß sie fest entschlossen sei, zu bleiben, in der Hoffnung, durch das Martyrium ihr Leben beendigen zu können; sie stände nur in Furcht und Angst wegen Febronia, wie es dieser ergehen würde. „Wie soll es mir ergehen?“ sprach Febronia: „Ich werde hier bleiben unter dem Schutz meines himmlischen Bräutigams und seiner jungfräulichen Mutter. Mit seiner Gnade kann ich alles. Dem ich mein Herz geschenkt, dem will ich auch mein Leben schenken. Bin ich noch schwach an Kräften des Leibes, so habe ich ja Gott, der mich stärken kann.“ Dieses sagte sie mit entschlossener Stimme und fröhlichem Angesicht, so, daß alle ihre Mitgefährtinnen darüber staunten und sich entschlossen, ihrem Beispiel nachzufolgen.
Es währte nicht lange, da kamen auf Befehl des Selenus einige Soldaten zur Wohnung der gottesfürchtigen Jungfrauen, öffneten die Türe mit Gewalt und riefen alle Jungfrauen zusammen. Jede derselben verlangte um Christi willen zu sterben. Febronia wollte die erste sein und bat die wilden Kriegsknechte, sie möchten doch bei ihr die Marter beginnen. Über dieses Begehren erstaunten die Kriegsknechte und enthielten sich aller Grausamkeit, wozu sie doch Befehl hatten, sondern erzählten dem Selenus, was sich ereignet, und setzten hinzu, sie hätten unter den Jungfrauen eine von nie gesehener Schönheit getroffen, und diese hätte verlangt, zuerst getötet zu werden. Selenus gab Befehl, sie ohne Verzug herbei zu bringen. Die Soldaten kamen dem Befehl nach, beluden Febronia mit Ketten und führten sie aus der klösterlichen Wohnung fort. Die übrigen wollten sie alle begleiten; allein die Soldaten ließen es nicht zu. Die gottselige Oberin Bryene umfing sie voll Schmerz und sprach zu ihr: „Gehe hin, meine liebe Tochter! Und zeige dich als eine ehrwürdige Braut Jesu Christi. Gib mir noch in meinem Leben diesen Trost, daß ich eine Märtyrerin zu meiner Nichte habe.“ Mehr konnte sie vor Schmerz nicht reden. Febronia gab voll Vertrauen auf den Beistand Jesu zur Antwort: „Sei ohne Sorge, meine liebe Mutter! Ich werde meinem Bräutigam getreu bleiben. Nichts wird mich von ihm trennen.“ Als sie dies gesagt hatte, wurde sie von den Soldaten ermahnt, fortzugehen. Sie ging mit freudigem Angesicht, lobte und pries Gott auf dem Wege und rief zu ihm um Gnade und Stärke zu dem bevorstehenden Kampf.
Kaum war sie bei Selenus angelangt, so wurde dieser beim Anblick ihrer Schönheit ganz hingerissen. Nach einiger Weile fragte er sie: Wer sie sei? Ob sie frei oder eine Leibeigene wäre? Die heilige Jungfrau gab zur Antwort: „Ich bin eine Leibeigene Jesu Christi, meines Erlösers, dem ich mich von Kindheit an geschenkt und ergeben habe.“ Es ist aber schade, sprach Selenus, daß du dich schon so lange von der Christensekte hast betören lassen, Allein lege wenigstens jetzt deine Irrtümer ab; opfere den Göttern des Reiches, so will ich dich zu einer vornehmen Frau eines römischen Ritters (er verstand darunter den Lysimachus, seines Bruders Sohn), und zu einer der ersten Matronen des Reiches machen. Danach ließ er ihr die Ketten abnehmen. Febronia aber nahm die Ketten in die Hände, hielt sie fest und sprach: „Ich bitte euch, mein Herr! Beraubet mich nicht der schönsten Zierde , die ich jemals an meinem Leibe getragen habe. Was die Ehe betrifft, sollt ihr wissen, daß ich dem größten Monarchen Himmels und der Erde vermählt bin, daher sind mir alle Herren der Welt viel zu gering. Ich bin eine Christin. Ich bete allein den wahren Gott an, um dessen willen ich bereit bin, mehr zu leiden, als du ersinnen kannst. Die Götter des Reiches werde ich in Ewigkeit nicht anbeten. Will man mich dazu durch Peinen und Martern zwingen, so sage ich zum voraus, daß man nichts ausrichten wird; denn ich fürchte keine Peinen und Qualen. Je mehr man mich peinigen wird, desto größer wird die Ehre meines Herrn Jesu Christi und mein Sieg sein.“
Über eine so mutvolle Antwort verwunderte sich Selenus mit allen Anwesenden. Sogleich aber gab er Befehl, die unerschrockene Bekennerin mit Ruten und Bleikolben aufs schärfste zu geißeln, dann auf die Folter zu spannen und mit eisernen Kämmen zu zerfleischen. Die Henkersknechte vollzogen den Befehl mit größter Grausamkeit; aber größer noch war die Geduld und Starkmütigkeit der heiligen Febronia. Sie lobte Gott den Herrn während der Marter mit lauter Stimme. Ihr Leib schien nur eine einzige Wunde zu sein, so grausam war er zerfleischt an allen Gliedern. Dennoch beklagte sie sich mit keinem Wort. Alle Gegenwärtigen erstaunten und fingen an, die Allmacht des Gottes zu erkennen, den die heilige Febronia anbetete. Selenus war voll Zorn. Damit es nicht schien, als ob er von einer schwachen Jungfrau überwunden wäre, gebot er, einen eisernen Rost zu bringen, die an dem ganzen Leib zerfleischte heilige Febronia darauf zu legen, mit Ketten anzufesseln und dann langsam zu braten. Febronia war bei dieser Marter ebenso standhaft als bei der vorigen. Sie lobte und dankte Gott wie zuvor. Sie bezeugte öffentlich, es sei ihre größte Freude, ihrem himmlischen Bräutigam zuliebe etwas leiden zu können.
Der Tyrann wollte ihr nicht länger zusehen und zuhören. Weil er sah, daß er mit dieser Pein nichts ausrichte, ließ er sie von dem Rost abnehmen und ihr alle Zähne, einen nach dem andern mit Gewalt ausschlagen und ihr dann die Brust abschneiden. Febronia blieb auch bei dieser Marter standhaft und starkmütig. Sie rief zu Gott um seinen Beistand, bekannte öffentlich und lobte seine Majestät und erklärte sich bereit, noch mehr zu leiden. Nun ließ sie der Tyrann Selenus, der keine Marter mehr wußte, enthaupten. Dies geschah um das Jahr 304. Selenus kam noch an dem nämlichen Tage von Sinnen; und da er in seinem Wahnsinn mit seinem Kopf an eine steinerne Säule rannte, sank er mit zerschmettertem Gehirn tot nieder. Als man dieses dem Lysimachus erzählte, sprach er: Dieses allein fehlte noch, um die Ehre Jesu Christi und den Sieg der Febronia zu verherrlichen. Er selbst soll hierauf in sich gegangen sein und den christlichen Glauben angenommen haben.–
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 478 – S. 481