Sünden gegen das fünfte Gebot Gottes
„Du sollst nicht töten.“
Die gottlose Philosophie bestärkt den Selbstmord
Wer könnte hier den verderblichen Einfluß der himmelschreienden Gottlosigkeit, der fluchwürdigen Lehre des Materialismus verkennen, der uns unter die Tiere erniedrigt, indem er unaufhörlich predigt, daß der Mensch nichts weiter als eine Pflanze oder Maschine, sein Leben ein bloßes Spiel seiner launischen Einfälle sei; jener meuchlerischen Philosophie, die sich rühmt, den Menschen frei zu machen, während sie doch alle bisher geheiligten Bande, welche seine blinden Leidenschaften fesselten, frevelhaft zerreißt, die, weil sie den Menschen irre geführt und dadurch unglücklich gemacht hat, nun kein anderes Heilmittel weiß, als ihn zur Verzweiflung zu treiben, und ihm mit den Worten „töte dich selbst“ den Dolch gewaltsam in die Hand zu drücken? Man hat die Manie des Selbstmordes auf einer Art Geisteskrankheit, Spleen genannt, welche sich als Widerwillen gegen das Leben äußert, erklären wollen. Allein dieses Widerwillens gegen das Leben wird der, welcher religiöse Grundsätze hat, leicht Meister. Ganz richtig hielt daher jener Gelehrte das Wort Spleen für durchaus gleichbedeutend mit Atheismus. –
Vor nicht gar langer Zeit erzählten uns die öffentlichen Blätter von einem 12 ½ jährigen hirnverbrannten Knaben, der sich aus freiem Entschluss und bei gesundem Verstand entleibt habe. Etwa aus Lebensüberdruss? Aber sollte das möglich sein bei einem Kinde, das kaum weiß, was Leben ist? Was denn hat den schwachen Arm gegen die eigene Brust gekehrt? Woher dieser wütende Entschluss in so zartem Alter? Aus unglücklicher Leidenschaft? Die kennt man in solchen Jahren noch nicht. Aus Verzweiflung? Deren ist ein kaum zur Hälfte seiner Entwicklung gelangtes Herz nicht fähig. Nein! Die, welche Gelegenheit hatten, dies Kind kennen zu lernen, haben uns den wahren Grund angegeben: „Es befand sich wiederholt im Bereich jener sittengefährlichen Unterhaltungen, welche das jugendliche, unerfahrene Alter von Grund aus verderben können, indem sie ihm den Glauben an ein jenseitiges Leben ausreden und den Selbstmord als das beste und rühmlichste Mittel anpreisen, sich dem Unglück des diesseitigen zu entziehen.“ –
Ihr seht, liebe Kinder, wie nichts anderes als der Unglaube es ist, der zum Selbstmord führt, und den Ursprung jener entsetzlichen Seuche erklärt, die in allen Klassen der Gesellschaft wütet und tagtäglich neue Opfer hinweg rafft. –
aus: Ambrosius Guillois, Historische, dogmatische, moralische und liturgische Erklärung des Katechismus, Zweiter Band, 1849, S. 231 – S. 232