Heiligenkalender
11. August
Die heilige Susanna Jungfrau und Märtyrerin
Die heilige Susanna, eine der edelsten Jungfrauen der Stadt Rom, welche mit dem Kaiser Diokletian nahe verwandt war, wurde von ihrem hl. Vater Gabinius und dem hl. Papst Cajus, ihrem Onkel, von den ersten Jahren an im christlichen Glauben sorgfältig unterrichtet und lebte nach ihm voll kindlicher Treue und Frömmigkeit. Aus Liebe zu Jesus legte sie schon im 12. Lebensjahr das Gelübde der Keuschheit ab. Diokletian war es nicht unbekannt, daß Gabinius, dessen Bruder Cajus und Susanna sich zum Christentum bekannten; doch weil sie so nahe mit ihm verwandt waren, stellte er sich, als wüßte er nichts davon. Als er den Maximian Galerius zum Mitregenten und Erben seines Kaisertums erklärt hatte, beschloß er, diese Susanna mit ihm zu verehelichen und sie zur Kaiserin zu machen. Deshalb schickte er Claudius, den Sohn seiner Schwester, zum Gabinius und ließ ihm seine Absicht eröffnen. Gabinius bat um eine kurze Bedenkzeit und gab dem heiligen Papst Cajus hiervon Nachricht. Beide zeigten es dann der Susanna an und fragten, was sie zu tun gewillt sei? Diese antwortete: Der christliche Glaube und die jungfräuliche Reinigkeit sind bei mir in höherem Wert, als die Kaiserkrone. Ich vereheliche mich mit keinem. Ich breche die Treue nicht, die ich Gott versprochen habe. Christo dem Herrn habe ich meine Reinigkeit gelobt; davon soll mich weder Ehre, noch Reichtum, noch irgend etwas abwegig machen.“ Cajus und Gabinius waren sehr erfreut über diese Antwort, ermunterten sie zur Standhaftigkeit und rieten ihr, sich nun durch Gebet, Fasten und andere gute Werke u dem schweren Kampf vorzubereiten; denn allem Anschein nach würde die Ablehnung des Antrages des Kaisers sie das Leben kosten. „Und was kann mir angenehmer sein“, sprach sie, „als wenn ich statt der Kaiserkrone die Marterkrone erlange?“
Nach drei Tagen kam Claudius wieder und wollte von Gabinius die Antwort haben. Bei dem Eintritt in das Haus sah er die Susanna selbst, ging zu ihr hin, und nebst anderen Ehrenbezeugungen wollte er ihr die Hand küssen. Susanna zog sie mit heiligem Unwillen zurück, und sprach mit einer ernsten Stimme: „Nie habe ich dieses einer Mannsperson gestattet, schon von meiner Kindheit an, und euch werde ich es noch viel weniger gestatten; denn ihr seid ein Götzendiener, und euer Mund ist von dem Götzenopfer, wovon ihr gegessen habt, verunreinigt.“
Hierauf verwies sie ihm seine Kühnheit so nachdrücklich, daß Claudius einige Zeit tief erstaunt dastand; dann aber, durch innerliche Einsprechung gerührt, entschloß er sich, mit seiner Frau und seinen Kindern das Christentum anzunehmen, und tat es auch. Seinem Beispiel folgte auch Maximus, ein anderer Hofherr, der nach dem Claudius geschickt worden war, die Antwort des Gabinius zu vernehmen. Der Kaiser, hiervon benachrichtigt, wütete vor Zorn; er ließ den Claudius samt seiner Frau und seinen Kindern und den Maximus mit den Seinigen gefangen nehmen und bald darauf lebendig verbrennen; die Susanna aber befahl er mit ihrem Vater in den Kerker zu werfen. Nach einigen Tagen befreite er die Susanna wieder aus ihrem Gefängnis und übergab sie seiner Gemahlin Serena mit dem Befehl, sie zu bewegen, daß sie in die Verehelichung mit Maximian einwillige. Serena aber, welche heimlich eine Christin war, bekräftigte vielmehr die Susanna in ihrem Vorsatz und ermahnte sie, eher die Kaiserkrone mit allen Ehren und Reichtümern abzulehnen, als Jesu untreu zu werden.
Endlich eröffnete sie dem Kaiser den unveränderlichen Entschluss der Susanna; wider alles Vermuten sandte er sie in das väterliche Haus zurück und überließ dem Maximian das fernere Verfahren gegen sie. Dieser fiel zur Nachtzeit mit Ungestüm in das Haus mit der Absicht, der keuschen Jungfrau durch Gewalttätigkeit ihr kostbarstes Kleinod zu entreißen. Als er aber die Türe ihres Zimmers öffnete, sah er sie im Gebet, von himmlischem Glanz umgeben. Hierüber entsetzte er sich, floh davon und zeigte es dem Diokletian an. Dieser hielt es für eine Zauberei und befahl dem Macedonius, einem abgefallenen Christen, die Susanna entweder zur Anbetung der Götter zu zwingen, oder sie mit dem Tode zu bestrafen.
Macedonius, der weder mit Versprechen noch mit Drohungen etwas ausrichtete, ließ Susanna auf das grausamste geißeln und in ihrem eigenen Haus enthaupten. Während der Marter wendete sie ihre Augen zum Himmel und dankte Gott, daß er sie für würdig gehalten habe, um seinetwillen zu leiden und ihm zuliebe sterben zu können. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 631- S. 634