I. Der christliche Ehestand
§ 2. Die christliche Ehe
3. Die Heiligkeit der christlichen Ehe
Die Heiligkeit der christlichen Ehe ist durch ihre Einheit und Unauflösbarkeit besiegelt. Die christliche Frau steht auf einer unvergleichlich höheren Stufe der Ehre und des Ansehens, als die heidnische. Diese war und ist nicht die Gattin, sondern nur die Sklavin des Mannes, des launigen Tyrannen, der sie ganz nach seinem Belieben behandeln, schlagen, verstoßen, töten mag. Cicero, den die Weltstadt Rom als ihren größten Redner und als den „Vater des Vaterlandes“ ehrte, verjagte seine Frau, um mit der Aussteuer der zweiten seine Schulden bezahlen zu können; und die zweite Frau, nachdem er deren Geld verbraucht hatte, verstieß er wieder aus dem nichtigen Grund, weil sie über den Tod seiner Tochter aus der ersten Ehe gelacht habe! Die christliche Frau dagegen, durch das Sakrament der Taufe aus der Tiefe ihrer einstigen Erniedrigung erlöst und in Christus wiedergeboren, ist jetzt geadelt und durch ihre übernatürliche Ebenbürtigkeit mit dem Mann dessen achtungswürdige Gefährtin. Auch der christliche Mann, ebenfalls in den übernatürlichen Gnadenstand erhoben, sieht sich beglückt und geehrt, indem ihm nicht eine verschmitzte Sklavin, sondern eine treuliebende Schwester, welche ihm ihren eigenen Willen vorbehaltlos opfert, angetraut wird.
Ferner ist gerade die Unmöglichkeit, das Eheband bei Lebzeiten auflösen zu können, für den Jüngling wie für die Jungfrau eine ernste Aufforderung, nicht unbesonnen, nicht leichtfertig, sondern erst nach vielem Gebet, nach reifer Überlegung und kluger Umsicht eine Ehe zu schließen und sich vorher derjenigen Tugenden zu befleißen, durch welche das Glück ihrer Verbindung fester begründet wird und sich kräftiger entfaltet zu schönerer Blüte. Zugleich umgibt das Gesetz und das Bewusstsein der Unauflösbarkeit die schon bestehende Ehe mit einer festen Schutzmauer, welche jedes fremde Gelüste derjenigen, welche drinnen oder draußen sind, schon beim ersten Beginnen zurückdrängt; und die Kinder brauchen nicht in banger Furcht zu leben, daß ihre Mutter eines Tages werde fort gejagt werden, um einer verbrecherischen Nebenbuhlerin Platz zu machen.
Endlich besitzt die christliche Ehe in ihrer Einheit und Unauflösbarkeit die denkbar beste Bürgschaft, daß die Erreichung des höchsten Familienglückes, der so wichtige Ausbau des väterlichen und mütterlichen Werkes – die gute Erziehung ihrer Kinder – gelingen werde. –
aus: Otto Bitschnau, Christliche Standesunterweisungen, 1896, S. 8; S.14 – S. 15