Der Rosenkranz Mittel die Gebote Gottes zu halten

Ein wunderschönes eingerahmtes Bild der Muttergottes Maria sowie ein Rosenkranz mit einem goldenen Kruzifix

Das Rosenkranzgebet – ein wirksames Mittel zur Befolgung der Gnade Gottes und zur Erlangung der Seligkeit

Auszug aus einer Marienpredigt von Antonio Vieira SJ

Der Rosenkranz ist das Mittel die Gebote Gottes zu halten

Beati, qui audiunt Verbum Dei, et custodiunt illud.
Selig, die das Wort Gottes hören und dasselbe beobachten. (Luk. 11,28)

Jener höchster Herr, welcher, als er den Menschen ins Paradies setzte (Gen. 2,15), ihm jenes Gebot gegeben, – er sagt uns heute: wenn wir seine Gebote hielten, dann werde er uns die Seligkeit des Paradieses verleihen. Das Ziel und Ende, wozu Gott den Adam ins Paradies gesetzt, bestand darin, daß er es bewahrte (a.a.O.). Doch warum hat es Adam nicht bewahrt? Er bewahrte das Paradies nicht, weil er das Gebot nicht beobachtete. Darin lag die Schlauheit der Schlange: sie schleuderte ihr Wurfgeschoß gegen das Gebot, um in die Paradieses-Mauer eine Lücke zu schießen. Wäre das Gebot, welches die Mauer des Paradieses war, nicht gebrochen worden, dann wäre der Teufel nicht hinein und Adam nicht heraus gekommen. Weil er aber das Gebot nicht beobachtete, noch sich hütete, es zu verletzen, so hieß das Gebot übertreten nichts anderes, als das Paradies verlieren.

Ein großes und beweinenswertes Unglück für einen so glücklichen Menschen! Und ich weiß nicht, ob es nicht noch größer ist für so viele Menschen, die schon vor ihrem Dasein Teil hatten an diesem Unglück, und – fortwährend – Teil hatten – vier tausend Jahre lang. Heute aber, nachdem die zweite Eva durch die gebenedeite Frucht ihres Leibes den Fluch jener ersten Frucht vernichtete, da öffnete die Barmherzigkeit der Gnade eben die Pforten, welche die Gerechtigkeit der Schuld verschlossen hatte; – doch unter denselben Bedingungen und mit demselben Gebete. –

Wenn Adam, weil er die Schlange anhörte, und das Gebot Gottes nicht beobachtete, das Paradies verliert; – so sagt Christus: Ich verheiße euch das Paradies und die himmlische Seligkeit, wenn ihr das Wort Gottes hört und seine Gebote beobachtet: Selig, die das Wort Gottes hören und beobachten! Dieses war das zweite Gesetz, das Gesetz der Gnade, wodurch die göttliche Güte und Barmherzigkeit die Unglück bereitende Übertretung jenes ersteren Gesetzes wieder gut machte. Ich weiß nicht, ob dieses Gesetz jetzt minder gefahrvoll ist und schwer, und ob nicht weit mehr Gefahr obwaltet, es oftmals zu übertreten, je mehr der Gebote und der Menschen sind.

Wenn der erste Mensch, welcher mit der ursprünglichen Gerechtigkeit erschaffen ward, so daß seine Begierden der Herrschaft der Vernunft unterworfen waren, – ein einziges Gebot nicht beobachtete: – wie werden wir so viele beobachten, Gebote, die der verderbten Natur, welche wir von ihm ererbt haben, so sehr widerstreiten? Wenn Adan im Paradiese gefallen; – wer wird in einer Welt, so voll von Fallstricken, so voll von bösen Gelegenheiten und Steinen des Anstoßes, – sich aufrecht erhalten? Wenn Adam bei einer einzigen und so leichten Versuchung nicht widerstanden, wie werden wir so vielen und schweren Versuchungen widerstehen. Wenn der Teufel, noch wenig erfahren, im ersten Kampfe den Sieg davon getragen, wer wird, nachdem derselbe so geübt im Kämpfen ist, seiner Schlauheit und seinem Hinterhalt entgehen?

Wenn ein Mensch – im reichsten Besitz von Allem, es nicht ertragen konnte, daß ihm eine Frucht verboten war, – wer wird sich finden, der, bei dem Mangel an Allem, dem gewaltigen Gesetz der Not gegenüber, – das beachte, was die Gesetze verbieten? Wenn, wo es noch kein „mein und dein“ gegeben, und jene Beiden – dieselben Güter miteinander teilten – ohne Streit, ohne Eifersucht, – ohne Zwietracht, – und gleichwohl Beide derselben beraubt wurden; wer wird sich alsdann – gegen den Neid, gegen die Gewalt, gegen die Ungerechtigkeit – in seinem Glück behaupten können?

Und wenn an allen diesen Übeln die Liebe, die erlaubte Liebe, Schuld gewesen, was wird die unerlaubte Liebe bewirken, die sündhafte, blinde Liebe, oder der Haß, der Zorn, die Ungeduld, die Rache? Wenn die Gefährtin, welche Gott dem Manne zur Gehilfin gegeben, ihm zu seinem Verderben half; – wer wird dann sicher sein von jenen Gefährtinnen, die das größte Reizmittel zum Verderben sind? Wenn Eva dem Adam das Gebot Gottes übertreten und Gott ungehorsam sein lehrte, Gott, welchen sie sahen und mit dem sie redeten: – wer wird dann von uns, die wir Gott nicht sehen und nur die ebenso verderblichen, als unzähligen Beispiele unserer Mitmenschen vor Augen haben, – wer wird sich nicht vom Strome hinreißen lassen, und sich mit den Übrigen ins verderben stürzen? Wie werden wir endlich im Zustand der verderbten Natur, wovon uns das Gnadengesetz nicht befreite, so daß wir schwach sind, kleinmütig unbeständig, und im Innern von unseren aufrührerischen Begierden und Leidenschaften bekämpft werden, wie werden wir so viele Gebote und zwar während unseres ganzen Lebens zu halten vermögen, wenn Adam in so wenigen Stunden nicht Kraft, Stärke und Mut hatte, um nur ein einziges Gebot zu halten und zu beobachten?

Von dieser Art sind die vielen und großen Schwierigkeiten, die an und in uns der Beobachtung der göttlichen Gebote mächtig entgegen treten…

Alles was Eva zerstörte, – das machte die Jungfrau Maria, die Mutter Gottes, wieder gut.

Die Mutter des Menschengeschlechtes, sagt der heilige Augustinus, brachte die Sünde und die Pein und den Schmerz in die Welt; die Mutter des Erlösers der Welt brachte ihr das Verdienst und die Gnade; Eva verwundete, Maria heilte; Eva war die Ursache der Krankheit, Maria die Ursache der Genesung; Eva war die Ursache des Todes, Maria die des Lebens. Und der volle Grund dieses Unterschiedes, bemerkt der Heilige, besteht darin: Eva ersann den Ungehorsam gegen dieselben (S. August. Serm. 2 de Annuntiatione). Was bewirkte Eva durch ihren Ungehorsam? Sie bewirkte, daß die verfluchte Erde Dornen – hervor brachte. Was bewirkte Maria durch ihren Gehorsam? Sie bewirkte, daß eben diesen Dornen Rosen entsproßten.

Die Geheimnisse des Lebens, des Todes und der Auferstehung des Sohnes Gottes sind von der Art, – (und werden als solche durch viele Beispiele bestätigt) daß, wären diese Dornen nicht gewesen, der Sohn Gottes auch nicht der Sohn Mariä sein würde. Aus diesen Rosen nun bereitete Maria, als aus einer Blume, welcher immerdar Heilung entblüht, eine Arznei von solcher Kraft, – um die unserige zu stählen, – daß, gleichwie Adam – ohne diese Arznei – ein einziges Gebot Gottes nicht zu halten vermochte; – so die Söhne Adams – durch dasselbe solche Kraft und Stärke empfangen, daß sie die ganze Last seines Gesetzes zu tragen und alle seine Gebote zu beobachten und zu halten im Stande sind.

Dieses ist, Hochverehrte, (die ihr für die Feier dieses festes begeistert seid oder nicht) dieses ist der neue Gegenstand, den ich heute darlegen will; und dieses ist nicht bloß eine von den ausgezeichnetsten Wirkungen des Rosenkranzes, sondern die wichtigste von allen. Selig, sagt der Erlöser, wird derjenige sein, der die Gebote Gottes hält; und die Mutter des Erlösers fügt bei: wer den Rosenkranz betet, der wird sie halten.

So ist denn die Rosenkranz-Andacht das wirksamste Mittel für uns, um die Gebote Gottes zu halten und die Seligkeit zu erlangen, welche denen verheißen ist, die dieselben halten.

Selig, die das Wort Gottes hören und beobachten. Nur wer kein Verlangen hat, selig zu werden, nur dieser wird die Gründe dieser Behauptung nicht mit erhebender Freude und Aufmerksamkeit anhören. Laßt uns Maria, welcher diese Behauptung gehört, um Gnade bitten: Gegrüßt seist du Maria. –
aus: Antonio Vieira SJ, Sämmtliche Marienpredigten, Zweiter Teil, 1860, S. 303 – S. 307

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