Mensch wozu bist du da?
Um Gott zu verherrlichen
Auf diese Frage gibt der Mund eines sterbenden Heiligen die Antwort: Ut glorificetur Deus! „damit Gott verherrlicht werde.“ Alles, Himmel und Erde und was im Himmel und auf Erden lebt und schwebt, hat Gott zu seiner Verherrlichung erschaffen, soll er etwa den Menschen von dieser Pflicht, ihn zu verherrlichen, ausgenommen haben? Nein, Gott selbst spricht: „Zu meiner Verherrlichung habe ich ihn erschaffen.“ Isaias 43,7. Gerade durch den Menschen sollen alle Geschöpfe der Erde an dieser Verherrlichung teilnehmen, gerade der Mensch soll gleichsam das Werkzeug sein, durch welches auch die unvernünftigen Geschöpfe Gott, ihren Schöpfer, verherrlichen können. Diese Verherrlichung der höchsten Majestät Gottes war nun das beständige Ziel des heiligen Franz Solanus. Es war ihm nicht genug, im Herzen und mit dem Munde Gott zu loben; es war ihm nicht genug, all seine mühevollen Arbeiten aus Liebe zu Gott und zur Verherrlichung Gottes zu verrichten; es war ihm nicht genug, über das Meer zu setzen und in die dunklen Wälder Amerikas zu dringen, um die ungläubigen Indianer zur Erkenntnis des wahren Gottes und zur Verherrlichung seines heiligsten Namens zu führen; es war ihm nicht genug, die verstockten Sünder aus ihrem Todesschlummer aufzuwecken, auf daß sie wieder Gott liebten und verherrlichten, er rief in seiner Liebesglut und in seiner kindlichen Einfalt auch die unvernünftigen Vögel herbei, auf daß sie mit ihm das Lob ihres Schöpfers singen, ihn verherrlichen möchten, und siehe da, Gott belohnt die heilige Einfalt seines Dieners, und die Vögelein klein und groß kamen und sangen mit ihm den Preisgesang zur Ehre des Allerhöchsten.
O lieber Leser, wer du auch seiest, vergiß doch den Wahlspruch des sterbenden Heiligen nicht: „Gott soll gepriesen werden.“ Tue doch alle deine Werke zu Gottes Ehre! „Ihr möget essen oder trinken“, schreibt der heilige Apostel Paulus, „tuet alles zur Ehre Gottes“. Bedenke doch und vergiß nie, daß du allein Gottes Eigentum bist und daß er dich zu seiner Verherrlichung erschaffen hat. Immer sollst du Gottes Ehre im Auge haben; bei all deinem Tun und Lassen sollst du dich fragen: Ist es zu Gottes Ehre, wird dadurch Gott verherrlicht, oder will es Gott haben, ist es ihm wohlgefällig? Merke dir: sobald in deinem Tun und Lassen nicht Gottes Ehre das letzte Ziel ist, ist alles umsonst, du gleichst einem Baum, der keine guten Früchte bringt, und was mit einem solchen Baum geschieht, das weißt du!
So möge denn auch das Wort des Heiligen immer in deinem Herzen und auf deinen Lippen sein: „Gott werde verherrlicht!“
Gebet.
O Herr Jesus, mein Heiland, der du während des Wandels auf Erden kein anderes Ziel im Auge hattest, als die Verherrlichung deines himmlischen Vaters, hilf mir, daß ich, wie dein heiliger Diener Franziskus, dieses Ziel niemals aus den Augen lasse, auf daß auch ich einst mit ihm der ewigen Seligkeit und Herrlichkeit des Himmels teilhaftig werde. –
aus: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, Bd. 1I, 1904, S. 1246-1247