Das Pontifikat von Innozenz VIII. (1484-1492)

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Das Kreuz und der Halbmond

Papst Innozenz VIII. (regierte von 1484-1492)

Die Fehler des verstorbenen Papstes rächten sich bereits bei der Neuwahl. Durch seine ungeordnete Verwandtenliebe und durch seine Schwäche hatte er eine bedeutende Anzahl verweltlichter Männer in das Kollegium der Kardinäle Aufnahme gefunden, von denen man nun nicht erwarten durfte, daß sie den würdigsten Mann aus ihrer Mitte wählen werden. Die Wahl fiel auf den Kardinal Johann Cibó, der den Namen Innozenz VIII. annahm, aber der den Geist seiner gleichnamigen Vorgänger nicht besaß. Er stammte aus einer vornehmen genuesischen Familie und wurde 1432 geboren; sein Vater war Senator von Rom. In der Jugend lebte Innozenz als Laie locker, wie die meisten seiner vornehmen Standesgenossen. Er hatte außer der Ehe zwei Kinder, verehelichte sich dann und trat erst als Witwer in den geistlichen Stand. Von da an lebte er tadellos, Paul II. erhob ihn zur bischöflichen Würde und Sixtus IV. gewann ihn wegen seines sanften und und milden Wesens so lieb, daß er ihn 1473 zum Kardinal ernannte. In Rom erfreute er sich allgemeiner Beliebtheit. Niemand, heißt es, ging ungetröstet von ihm, alle nahm er mit väterlicher Güte auf; er war befreundet mit hoch und nieder. Als Papst befand sich innozenz in einer äußerst bedrängten Lage, der er bei seiner natürlichen Gutmütigkeit nicht gewachsen war. Die italienischen Staaten ließen den Kirchenstaat nicht zur Ruhe kommen, sie unterstützten die aufrührerischen Barone gegen den Papst. In Rom selbst tobte der Kampf zwischen den Adelsfamilien der Colonna und Orsini. Namentlich heftig ward Innozenz von dem treulosen Ferrante von Neapel bedrängt. (*) Obschon er unter solchen Verhältnissen nach außen hin beinahe zur Ohnmacht verurteilt war, bemühte er sich mit allem Nachdruck, die Mächte zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen die Türken zu vermögen. Zu dem Ende veranstaltete Innozenz einen Kongress zu Rom, der es zu schönen Worten, aber zu keinem greifbaren Resultat brachte.

Gerade damals standen die Aussichten für ein Unternehmen günstig. Ein jüngerer Bruder des Sultans Bajazet-Dschem war wegen Thron-Streitigkeiten zu den Rhodisser-Rittern (Anm.: Johanniter) geflüchtet und dem Papst übergeben worden. Durch die Uneinigkeit der christlichen Mächte, die sich lieber selbst zerfleischten und zur gegenseitigen Befehdung Geld genug besaßen, aber keines zur gemeinsamen Abwehr der sie mit dem Untergang bedrohenden Türken fanden, ging die günstige Gelegenheit verloren. Dschem starb 1495 in Rom eines plötzlichen Todes. (**) Wegen der beständigen Kämpfe, in die der Papst mit den Rebellen in seinen Staaten und mit Ferrante verwickelt war, befand er sich in beständigen Geldnöten. War er ja sogar einmal genötigt, die Mitra zu versetzen. Um sich aus dieser Verlegenheit zu helfen, errichtete er mehrere Stellen und Ämter am päpstlichen Hof, in deren Besitz man durch Erlegung bestimmter Summen gelangen konnte. Ein solches Verfahren eröffnete der Bestechlichkeit und Erpressung Tür und Tor und brachte die Kurie noch mehr in Verruf, obschon der Papst persönlich vom besten Willen beseelt war, Gerechtigkeit und Ordnung walten zu lassen. Eine Verbindung gewissenloser Beamten, die einen förmlichen Handel mit gefälschten Bullen betrieben, wurde entdeckt. Zwei solche Fälscher ließ Innozenz hinrichten. Einen weiteren dunklen Schatten auf Innozenz wirft sein Nepotismus. Selbst seine beiden unehelichen Kinder hat er auf Kosten der Kirche bereichert. Infolge seiner Geld-Verlegenheiten konnte der Papst auch nicht so viel für Kunst und Wissenschaft tun wie sein Vorgänger, obschon auch unter ihm die Kunsttätigkeit manche bemerkenswerte Leistungen zutage förderte; besonders beschäftigte Innozenz mehrere ausgezeichnete Maler, die freilich auch den Geldmangel ihres Brotherrn zu fühlen bekamen. Unter diesen war Mantegna, der auf einem Bild eine Figur angebracht hatte, über die sich der Papst nicht klar war. Auf die Frage, was sie zu bedeuten habe, erwiderte Mantega: „Es ist die Sparsamkeit.“ „Willst du“, entgegnete der Papst, „ihr eine gute Begleiterin geben, so male die Geduld daneben.“ Mit den verschiedenen Regierungen hatte er Schwierigkeiten, weil sie die Kirche ihrer Willkür zu unterwerfen suchten.

Der Abzug der Mauren

Abzug der mohammedanischen Sarazenen aus Granada: die siegreichen Christen unter Ferdinand von Kastilien und die besiegten Mauren "verabschieden" sich

Eine Freude erlebte er im letzten Jahr seiner Regierung und mit ihm die ganze Christenheit: Granada, das letzte Bollwerk der Mauren (Mohammedaner) in Spanien, wurde 1492 von Ferdinand dem Katholischen erobert und auf der Alhambra das Kruzifix aufgepflanzt. Der nahezu 800jährige Kampf des Christentums gegen den Islam in Spanien hatte ein glorreiches Ende gefunden.

Über 700 Jahre stand ein großer Teil von Spanien unter der Herrschaft der mohammedanischen Sarazenen. Nur der gebirgige Norden des Landes war stets unter christlicher Herrschaft geblieben. Von dort aus wurde in zahllosen ruhmvollen Kämpfen Stück für Stück des Landes den Ungläubigen entrissen. Am 3. Jänner 1492 übergab der letzte maurische Fürst, Boabdil, die Stadt Granada dem König Ferdinand von Kastilien und seiner Gemahlin Isabella. Glaube und Eigentum der Mauren wurden geschont, doch zogen es die meisten vor, Spanien zu verlassen. (Hamerle, S. 514)

Von Innozenz VIII. wurde 1485 Leopold III, Markgraf von Österreich, in die Zahl der Heiligen aufgenommen († 15. November 1136). Das Ende des Papstes war ein wahrhaft würdiges und verbesserte die Fehler und Schwächen seines Lebens. Als nach wiederholten schweren Krankheits-Anfällen im Juli sein Zustand hoffnungslos wurde, empfing er andachtsvoll die heiligen Sterbesakramente, berief hierauf die Kardinäle an sein Sterbebett und entschuldigte sich, daß er der schweren Bürde seines Amtes nicht gewachsen gewesen, weshalb er um Nachsicht bitte. Hierauf mahnte der Sterbende zur Eintracht und zur Wahl eines besseren Nachfolgers. Nachdem er noch einmal unter Tränen die heilige Wegzehrung empfangen, verschied er nach einem fünftägigen Todeskampf am 25. Juli 1492. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S. 516 – S. 518

(*) Daß Papst Innozenz den Frieden liebte, beweisen zur Genüge die zahlreichen Briefe, welche er an verschiedene Fürsten schrieb, um sie zur Eintracht zu ermahnen. Zur Lebensaufgabe hatte sich dieser Papst die Bekämpfung der Türken gesetzt, wozu er die christlichen Fürsten einlud. Allein er erreichte ebenso wenig als seine vier Vorgänger.
Zum Unglück wurde er selbst noch in einen Krieg mit dem König Ferdinand von Neapel verwickelt. Als Oberherr jenes Landes hielt sich Papst innozenz für verpflichtet, die Untertanen gegen die grausame Bedrückung des Königs in Schutz zu nehmen. Der gewissenlose Fürst aber wollte nicht nachgeben, sondern in seinem Land nach Willkür regieren. So kam es zum Krieg. Im September des Jahres 1486 brachte der heilige Vater einen allgemeinen Frieden mit Neapel und andern mächtigen Städten zustande. Dadurch erwarb er sich den Ehrentitel: „Vater des Vaterlandes“. Bald aber kam er wieder in Streit mit König Ferdinand, der die Friedensbedingungen schlecht erfüllte. Dadurch wurde nicht bloß dem Kirchenstaat, sondern der ganzen Kirche großer Schaden gebracht.

(**) Um eben diese Zeit bereicherte der heilige Vater die Stadt Rom mit einer kostbaren Reliquie. Bajazet schenkte ihm nämlich jene Lanze, mit welcher Longinus die Seite Jesu durchstochen hatte. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 598 – S. 600

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