Christi Geburt und die heilige Kommunion
Ein im Glanze des überirdischen Lichtes strahlender Himmelsbote ruft den Hirten und uns allen zu: „Evangelizo vobis gaudium magnun – Ich verkündige euch eine große Freude!“ (Luk. 2, 10) Es war in der Tat ein Stück Himmel, was die Hirten bei der armen Krippe des Welterlösers gefunden haben. Der Stall und die heiligsten Bewohner in demselben wiesen nur die Zeichen äußerster Armut auf; und doch etwas Überwältigendes ist in dieser Wohnung der Armut zu finden, etwas Wunderbares, Beseligendes senkte sich in die treue Brust der schlichten Gottsucher ein. Es ist eine Kommunionfeier ohne irdisches Gepränge und doch von überwältigenden, unvergeßlichen Eindrücken! –
Kommunionfeier mit Gott dem Allerhöchsten! Das war der Plan des Allmächtigen. Die ganze Schöpfung sollte eine einzige Skala, eine mächtige Stufenleiter zu ihm, dem Ursprung und Ende aller Wesen hier bilden. Wie ein goldener Faden sollte der Gedanke durch alles Erschaffene sich hinziehen: „Näher zum lieben Gott!“ Bei seinem Throne mögen die Erde und ihre Bewohner in tiefer Demut die unverdienten Kronen nieder legen, und an seinem Herzen sollte jeder Geist, jede Seele Ruhe und Frieden finden. Um dem Verlangen nach Vereinigung mi Gott einen ungeahnten Ausdruck zu geben, ist das Wort Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und es will weiter bei uns wohnen und weilen. Christus der Herr will bei uns bleiben durch die innigste Vereinigung der heiligen Kommunion.
Maria hat zuerst kommuniziert, sie hat ja den Heiland empfangen, geboren. Bei Maria kam die vollkommenste Vereinigung zustande, wie sie bei einem Menschenkind nur möglich ist. „Prius concepit spiritu, quam corpore!“ so versichert St. Augustin. Bevor noch der Heiland dem Fleische nach empfangen war, hat sie ihn aufgenommen im Geiste durch die vollkommenste Übereinstimmung des Herzens, des Geistes. Kommuniziert hat der liliengeschmückte treue Pflegevater Christi, da er das Lamm Gottes auf seinen Armen trug, an seinem reinen Herzen barg. Kommuniziert haben die unschuldigen Kinder, die der Heiland trotz seiner Übermüdung und trotz der abweisenden Jünger doch zu sich kommen ließ, die er segnete und in seine Arme schloß, und die dort den Schlag des Erlöserherzens vernahmen. Kommuniziert hat der jungfräuliche Johannes, der am Gründonnerstag an der Brust des Erlösers geruht hat. Jedoch die Kommunion, die innigste Vereinigung mit Christus, sollte nicht das angestaunte Vorrecht weniger Bevorzugten sein. Im Sakrament der Liebe hat der Erlöser eine Einrichtung getroffen, kraft deren wir weder die unschuldigen Kinder am Herzen Jesu, noch den engelreinen Johannes an der Brust des Herrn, noch St. Joseph, der in der einen Hand die Lilie, auf dem andern Arm das Christkind trägt, noch die Hirten und Dreikönige, noch selbst die jungfräuliche Mutter des Herrn zu beneiden Veranlassung haben.
Christus will zu uns kommen, allerdings unter dem Glaubensschleier der Gestalten, aber auf eine so innige Weise will er sich mit uns vereinigen, wie sie inniger hier im Tale der Verbannung kaum denkbar ist. Wie das Brot in unser Blut und Leben verwandelt wird, so gehen wir durch das geheimnisvolle Brot gewissermaßen in Jesus Christus über, werden in ihn verwandelt. Wahrhaftig, wir werden ein Herz und eine Seele mit Christus! –
Die heilige Kommunion ist daher nach der Versicherung der heiligen Väter eine Folgerung der Inkarnation, durch die der Herr sich der Menschheit mitteilte, die Kommunionfeier mit dem Menschengeschlecht veranstaltete. Die heilige Kommunion ist eine Fortsetzung, im gewissen Sinne eine Entfaltung der heiligsten Menschwerdung. Die Heiligen haben daher nach der heiligen Kommunion ausgerufen: „Incarnatur in me Christus. Christus erneuert wiederum, und zwar in mir, seine Menschwerdung. O res mirabilis: manducat Dominum pauper, servus et humilis! (St. Thomas) O wunderbare Tatsache: der Knecht, der so arm und niedrig ist, nimmt den Herrn auf, wie man die Nahrung aufnimmt! Ecce panis angelorum, factus cibus viatorum! (St. Thomas) Sieh da, die Nahrung, die Freude, die Beseligung der Engel, wird zur Speise für die Pilger im Tal der Tränen! So sehr ist es der Wille des Allerhöchsten, uns beim Kommuniontisch zu schauen, daß wir unsere Seligkeit verlieren würden, wollten wir dieses Himmelsbrot verschmähen. „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset, dann werdet ihr das Leben nicht in euch haben.“ –
Wie vor der gnadenreichen Geburt des Herrn die göttliche Vorsehung die ganze Welt in Bewegung setzte, eines Bethlehem wegen, so will die göttliche Liebe bis zum Ende der Zeiten die ganze gläubige Menschheit in Bewegung setzen, wiederum eines Bethlehem wegen; denn Bethlehem heißt Brothaus. Zum Brothaus des Tabernakels und des Kommuniontisches sollst du deine Schritte lenken. Gott will Kommunion, Vereinigung mit dir feiern. Warum eilt man nicht zum Brothaus unserer Tempel, wie man etwa zur Börse und zum Theater eilt; warum kommen sie nicht, die zur Hochzeit Geladenen? – Der Heiland, der Herr der Welt, könnte ihr Erscheinen bei der Kommunionbank erzwingen; aber wo die Liebe ihre reichsten Gaben spendet, ist das Wort Zwang durchaus nicht am Platz. So steht denn der Herr an der Türe unseres Herzens, klopft wie ein Bettler an und begehrt Einlaß. Wie oft hat er Jahrzehnte lang gestanden und kein Entgegenkommen gefunden! –
Wir können dem Erlöser gewiß nichts geben, was nicht in seinem Besitz wäre, denn „des Herrn ist die Erde und ihr Umkreis“. Himmel und Erde verdanken ihren Ursprung dem göttlichen Schöpferwillen. Der Heiland ladet uns ein zur Kommunion, nicht um sich selbst zu bereichern, sondern um uns zu beglücken. Veniamus usque Bethlehem: Gehen wir mit den Hirten nach Bethlehem zum Brothaus, gehen wir oft, gehen wir täglich zur heiligen Kommunion! –
aus: Mannes M. Rings OP, Der Tabernakel von Rosen umrankt oder Eucharistie und Rosenkranz, 1920, S. 25 – S. 29
Traditional Latin Catholic Solemn High Mass
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