Pius XII. über zehn theologische Irrtümer
Rundschreiben Papst Pius XII. Humani generis
450 Kein Wunder auch, dass derartige Neuheiten fast in allen Fachgebieten der Theologie schon ihre Giftfrüchte gezeitigt haben. Man bezweifelt die Fähigkeit der menschlichen Vernunft, ohne Hilfe der Offenbarung und der Gnade Gottes anhand von Beweisgründen aus der Schöpfung die Existenz eines persönlichen Gottes nachzuweisen; man leugnet, dass die Welt einen Anfang genommen habe und vertritt die Ansicht, die Erschaffung der Welt sei notwendig gewesen, da sie aus der notwendigen Freigebigkeit der göttlichen Liebe hervor gehe; ebenso streitet man ab, daß Gott von Ewigkeit her die freien Handlungen der Menschen mit Unfehlbarkeit voraus wisse; das widerspricht aber den Erklärungen des Vatikanischen Konzils. (vgl. Vatik. Konzil, Konstit. De fide cath., cap. 1. De Deo rerum omnium creatore. Denzinger Nrn. 1782ff)
Manche werfen auch die Frage auf, ob die Engel Geschöpfe persönliche Geschöpfe seien, und ob zwischen Stoff und Geist ein wesentlicher Unterschied bestehe. Andere unterhöhlen den Begriff der unverdienten übernatürlichen Gnadenordnung, indem sie der Meinung sind, Gott könne keine vernunftbegabten Wesen schaffen, ohne sie zur seligmachenden Anschauung zu bestimmen und zu berufen. Und das ist noch nicht alles; denn, die tridentinischen Definitionen außer acht lassend, verfälscht man den Begriff der Erbsünde und zugleich jenen der Sünde im allgemeinen, insofern sie eine Beleidigung Gottes ist, und ebenso jenen der Genugtuung, die Christus für uns geleistet hat. Es fehlt auch nicht an Leuten, welche die Ansicht verfechten, da ja die Lehre von der Transsubstantiation sich auf eine überholten philosophischen Substanzbegriff stütze, müsse sie dahin verbessert werden, daß die wirkliche Gegenwart Christi im allerheiligsten Altarssakrament auf eine Art von Symbolismus Sinn eingeschränkt werde, in dem Sinne, daß die konsekrierten Gestalten lediglich wirksames Zeichen für die geistige Gegenwart Christi wären und für dessen innige Verbindung mit den gläubigen Gliedern innerhalb seines mystischen Leibes.
451 Wieder andere glauben sich nicht an die Lehre gebunden, die Wir vor wenigen Jahren in Unserem Rundschreiben dargelegt haben, und die, gestützt auf die Quellen der Offenbarung, besagt, der Mystische Leib Christi und die römisch-katholische Kirche seien ein und dasselbe. (Vgl. Pius XII., Rundschreiben Mystici Corporis vom 29. Juni 1943. AAS XXXV (1943) 193-248. Vgl. HK Nrm. 752-846) (siehe dazu den Beitrag: Pius XII. in Mystici Corporis Christi über den Irrtum zweier Kirchen)
452 Dies und anderes von der Art ist tatsächlich schon in Umlauf unter manchen Unserer Söhne, die sich von einem unvorsichtigen Seeleneifer oder von einer fälschlich so genannten Wissenschaft täuschen lassen; betrübten Herzens sehen Wir Uns gezwungen, ihnen allbekannte Wahrheiten zu wiederholen und sie auf offensichtliche Irrtümer und Irrtumsgefahren nicht ohne Besorgnis hinzuweisen. –
aus: Anton Rohrbasser, Heilslehre der Kirche, Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., 1953, S. 265 – S. 267