A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T Ü V W Z

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Kainiten

Kainiten, 1) Nachkommen Kains. – 2) Gnostische Sekte. Zweig der Ophiten, für die 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts bezeugt von Irenäus, auch von Epiphanius erwähnt. In Konsequenz ihrer gnostischen Ansicht vom bösen Gott des Alten Testamentes verehrten sie alle Personen, die im Alten Testament als böse dargestellt sind, besonders Kain und die Schlange, und umgekehrt die sittlichen Begriffe des Alten Testamentes völlig um. nach Irenäus (Adversus Haer. 1,31, 1ff) und Epiphanius (Haer. 38,1 4) hatten sie ein Evangelium des Judas Iskarioth, den sie ebenfalls verehrten.

Der Stammbaum der Kainiten (Gn. 4, 17-24) hat 7 Geschlechter (symbolische Zahl, Auslassungen) und beruht auf uralten Überlieferungen. Sie waren irdisch gesinnt, Erfinder von Künsten, unbotmäßig sinnlich (Lamech). Einige Namen finden sich auch in der Sethiten-Liste Gn. 5; doch kann daraus nicht auf einen gemeinsamen Stammbaum geschlossen werden, da gleiche Namen auch sonst in Genealogien vorkommen (vgl. die Könige v. Israel und Juda). Mit den Kenitern haben die Kainiten nur den Namen gemeinsam. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. V, 1933, Sp. 745 – Sp. 746

Kainiten (Kainianer), von einzelnen Vätern und älteren Schriftstellern auch Cajaner oder Cainisten genannt, Irrlehrer des zweiten Jahrhunderts. Sie entlehnten ihren Namen von dem bei ihnen hochverehrten Brudermörder Kain im Gegensatz zu den Sethianern oder Sethiten , mit denen sie übrigens zu der gnostischen Sekte der Ophiten gehörten. Nach Irenäus (Haeres. 1, 31) waren sie ein Zweig der Valentinischen Schule; nach Epiphanius (Haeres. 38) und Theodoret (Haeres. fabb. 1, Z5) vereinigten sie die Gottlosigkeit und Unsittlichkeit der Nikolaiten, Valentinianer und Karpokratianer in sich. Ihrer Lehre zufolge gab es zwei Kräfte, eine höhere und eine niedere. Der letzteren schrieben sie den Bau des Himmels und der Erde zu. Nach Epiphanius (1. c.; vgl. Tertull. de praescript. c. 47) sagten sie, Eva habe Kain von der Sophia, Abel von der Hystera empfangen; nach Theodoret ward Kain von der Sophia in besonderen Schutz genommen und mit höherer Erkenntnis ausgerüstet, so daß er, der Stärkere, den schwächeren Abkömmling oder Günstling der Hystera tötete.

Aus dieser Auffassung der Gnostiker, gepaart mit antijüdischen und antinomistischen Grundsätzen, stammt auch die Verehrung gegen Kain, welche sich bis auf Cham, die Sodomiter, auf Esau, Core und auf alle im Alten Bund als verworfen dargestellten Persönlichkeiten, ja selbst auf Judas Iskariot, als auf ebenso viele wahrhaft pneumatische, mit höherer Erkenntnis ausgestattete und ihnen selbst verwandte Naturen ausdehnte, weil diese nach ihrer Meinung von dem Demiurgos zwar fortwährend angefeindet, aber von den Sophia beschützt, in Aeonen umgestaltet worden und somit als Vorbilder nachzuahmen seien.

Am höchsten stellten sie aber den Judas Iskariot, welcher der Erleuchtetste, ja der einzig Erleuchtete unter den Aposteln und ein wahrer Wohltäter des Menschengeschlechtes dadurch gewesen sei, daß er den Erlöser den Juden überlieferte, entweder weil er erkannte, daß nur durch den Tod Jesu das Reich des Judengottes zerstört werde, oder weil er den (psychischen) Jesus für einen Verräter an der Wahrheit hielt (Tertull. 1. c).

Nach der Lehre der Kainiten musste der Mensch, um zur vollkommenen Gnosis und zum Heil zu gelangen, die ganze Stufenleiter der Lasterhaftigkeit durchmachen;; ja sie lehrten sogar, daß jedes Laster seinen eigenen Engel habe, der bei Ausübung der Tat selbst angerufen werden müsse. Sie verachteten die heilige Schrift, hatten aber mehrere apokryphe Bücher, z. B. das Evangelium des Judas und die Entrückung oder Offenbarung des hl. Paulus. Ihr Antinomismus übertraf wirklich alles an Frechheit; sie gestatteten namentlich die sodomitische Sünde und forderten von den Einzuweihenden die Verwünschung des Namens Jesu als des psychischen Messias. –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 2, 1883, Sp. 1672 – Sp. 1673

Tags: Sekten
Buch mit Kruzifix
Chamiten
Buch mit Kruzifix
Gratian

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Hermann von Vicari

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Hermann von Vicari Vicari, Hermann von, Bekennerbischof, einer der Erneuerer des deutschen Katholizismus im 19. Jahrhundert, * 13.5.1773 zu Aulendorf (Württemberg) aus treu-kirchlicher Familie, besuchte die Klosterschulen in Weingarten und Schussenried, bis 1789 das…
Buch mit Kruzifix

Diener Mariens

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Diener Mariens – der Servitenorden Diener Mariens oder Serviten (offiziell Ordo Servorum B.M.V.), religiöser Orden, dessen Gründung nach den Worten Leo`s XIII. in der Heiligsprechungs-Bulle der sieben heiligen Väter und nach früheren Erklärungen Roms…
Buch mit Kruzifix

Febronius

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Febronius (Hontheim) Hontheim (Febronius), Johannes Nicolaus von, Weihbischof von Trier, stammte aus einer angesehenen Patrizierfamilie und wurde am 27. Januar 1701 in Trier geboren. Seinen Gymnasialunterricht empfing er bei den Jesuiten, hörte Vorlesungen über…
Buch mit Kruzifix

Ockham

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Ockham Ockham, Wilhelm von, OMin, Philosoph und Theologe, Staatstheoretiker und Kirchenpolitiker, * zwischen 1290 und 1300 zu Ockham (England, Grafschaft Surrey), † 1349 oder 1350 zu München. Ockham studierte und lehrte in Oxford, zuletzt…
Buch mit Kruzifix

Inquisition

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Inquisition Inquisition, richterliche Verfolgung der Häresie durch ein von der Kirche eingesetztes Glaubenstribunal (inquisitio haereticae pravitatis). Gegen Häretiker wurden früh geistliche Zuchtmittel angewandt; von physischer Gewalt wollten jedoch anfangs die Wortführer der Christen, Origenes…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Montanismus

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Montanismus Montanismus, schwärmerische Sekte, die sich zunächst als eine aszetisch-eschatologische Erweckungs-Bewegung innerhalb der Kirche offenbarte, aber auch eine gefährliche Häresie war. Obschon sie das Glaubens-Bekenntnis nicht änderte, wollte sie doch die christliche Offenbarung durch eine vollkommenere, von neuen Propheten verkündete ersetzen und diesen inspirierten Sehern die oberste kirchliche Leitung…
Buch mit Kruzifix

Kain

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Kain Kain (vielleicht = Schmied oder Gebilde, Genesis 1 zusammen gestellt mit qānāh =  hervorbringen), erstgeborener Sohn Adams, bebaut das Feld, wird aus Neid, da Jahve Abels Opfer bevorzugt, zum Brudermörder. Gegen alle Gnadeneinsprüche trotzig und verstockt, dann verzweifelt, trifft ihn Gottes Fluch, so daß er als Nomade umher…
Buch mit Kruzifix

Wesley

Lutheraner
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Wesley, John Wesley, John, Begründer des Methodismus, tief religiös (Newman: „The shadow of a catholic saint“), mit hervorragenden Führereigenschaften. * 17.6.1703 zu Epworth (Licolnshire), † 2.3.1791 in Leatherhead bei London; studierte Philosophie und Literatur in Oxford, wandte sich unter dem Einfluss des Büchleins der Nachfolge Christi dem geistlichen Beruf…
Buch mit Kruzifix

Abendmahlsstreit

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Abendmahlsstreit Abendmahlsstreit, betraf die Art und Weise der Gegenwart und Vergegenwärtigung des Leibes und Blutes Christi in der Eucharistie. I. Erster Abendmahlsstreit. Bei dem im 9. Jahrhundert entstandenen sog. 1. Abendmahlsstreit zwischen Paschasius Radbertus einerseits und Rathramnus, Hrabanus Maurus sowie dem anonymen Verfasser des Traktats Cuiusdam sapientis (Migne PL…
Buch mit Kruzifix

Deutschkatholizismus

Freigeist
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Deutschkatholizismus Deutschkatholizismus. Die seit Mitte des 18. Jahrhunderts immer mehr ins kirchliche Leben eingedrungene rationalistische Welle, gegen welche um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert in extremer Gegenwirkung die aftermystische Bewegung eines Martin Boos, Joh. Gossner, Ignaz Lindl, der Pöschlianer, Maurerianer, Michaelsritter, Manharter und Salpeterer entstand, und vergebens…
Buch mit Kruzifix

Ophiten

Gnostiker
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Ophiten Ophiten (Ophianer, Serpentini, Schlangenbrüder), eine gnostische Sekte, die von der Schlange ihren Namen erhielt. Die Schlange spielte nämlich eine Hauptrolle in ihrem System, insofern sie den Fall des Menschen veranlasst hat, der aber für sie der Übergang zur Gnosis ist. Ophiten-Diagramm (Rekonstruktion) Die Sekte bestand jedenfalls schon um…
Consent Management Platform von Real Cookie Banner