Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Valentinianer
Valentinus, hellenisierender Gnostiker, von Irenäus (adv. Haer. I 11, 1) Vater der gnostischen Häresie genannt; nach Epiphanius in Ägypten geboren, weilte 136-165 in Rom und begab sich dann nach Zypern. Sein Bruch mit der Kirche fand sicher in Rom statt (nach Epiphanius und Philastrius (Haer. 38) erst in Zypern). Valentin`s System ist schwer darzustellen, da die Kirchenväter mehr von Valentins Schülern als von ihm selbst berichten und die Schüler seine Lehre vielfach und in verschiedener Weise modifiziert haben. Über die Grundelemente siehe Gnostizismus. Im übrigen entwickelt das System Valentins eingehend die die Lehre von den Aeonen, die, 30 an Zahl, paarweise emanieren und paarweise neue Paare zeugen, die sog. Syszygien. Ein stark monistischer Zug geht durch das Ganze, in dem ophitische Elemente vergeistigt und vertieft weiter leben. Bohrende Spekulationen verbinden sich mit Mystik und Ekstase sowie mit praktischem Heilsinteresse; zur eigenen Erfahrung und Einsicht tritt die Berufung auf die apostolische Autorität (auf Theodas, einen angeblichen Schüler des Paulus). Das Verhalten der Menschen deutet Valentin durch Hinweis auf ihren pneumatisch-psychischen oder hylischen Charakter.
Die Valentinianer, nach Tertullian (Adv. Valent. c. 1) „frequentissimum collegium inter haereticos“, teilten sich in 2 Richtungen: eine morgenländische (Ägypten und Syrien) und eine abendländische (Italien und Südgallien). Jene nahm, hierin vom meister abweichend, eine obere Sophia, die nach Befreiung von ihrer Leidenschaft im Pleroma bleibt, und eine untere Sophia an; diese, die Mißgeburt der oberen, auch Achamoth genannt, steht zwischen den Aeonen und der Materie und wird die Quelle weiterer Entwicklung. Zur morgenländischen Schule gehörten besonders Axionikus und Bardesanes; zur abendländischen Sekundus, Ptolemäus, Markus (s. Marcus Magus), herakleon, Colorbasus, Florinus u.a. die gnostische Spekulation der Valentinianer wirkte sich unter den Händen der mannigfachen Führer in einer Fülle von Sonderlehren aus und gefährdete sowohl durch die besondere Art der Lehre wie infolge der räumlichen und zeitlichen Erstreckung die Kirche sehr ernst.
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. X, 1938, S. 476-477