Heiligenkalender
27. April
Die heilige Zita von Lucca Dienstmagd
Oh, wie glücklich und süß wäre unser Leben, wenn wir unsere hohe Würde, daß wir Kinder des himmlischen Vaters sind, anerkennten und unsere Ehre darin suchten zu tun, was Ihm wohl gefällt, und zu meiden, was Ihm mißfällt! Dieses Glückes erfreute sich die hl. Zita in hohem Grade. Sie war 1212 zu Sagradi bei Lucca von armen aber frommen Eltern geboren. Die Mutter pflanzte ihr das lebendige Bewusstsein, daß sie ein Kind Gottes sei, ins Herz. Täglich, so oft Zita fleißig und gehorsam war, lobte die Mutter: „Kind, das gefällt dem himmlischen Vater wohl“; bei jedem Fehler tadelte sie: „Kind, das mißfällt dem himmlischen Vater; bitte die liebe Mutter Gottes Maria, daß sie dir helfe, diesen Fehler abzulegen.“
Im zwölften Jahr kam Zita als Magd zu einer vornehmen Familie in Lucca. Nach dem Abschiedskuß von den teuren Eltern schaute sie mit nassem Auge zum Himmel und betete: „O lieber Vater, Dir gefällt es, daß ich eine Magd sei; gib mir auch deinen Segen und deine Gnade, daß ich eine brave Magd sei, sonst kann ich Dir nicht wohl gefallen!“
Mit aufmerksamem Fleiß verrichtete sie ihre Dienstpflichten. Früh stand sie auf und arbeitete emsig, um täglich die heilige Messe anhören zu können. Während der Arbeit dachte sie immer an die Gegenwart Gottes und weihte sie Ihm durch kurze Schussgebetlein. Stets war sie fröhlich, bescheiden, und auf den Wink gehorsam. In ihrer Demut tat sie gerne die verächtlichsten Arbeiten und auch diejenigen, welche ihre Mitdienstboten verrichten sollten, aber ihr zuschoben.
Ihre Herrschaft ehrte und liebte sie wie die eigenen Eltern, förderte ihren Nutzen und hinderte ihren Schaden mit sorgsamer Gewissenhaftigkeit. Und doch konnte sie es Niemanden im Hause recht machen. Der Herr war jähzornig, die Frau stolz und empfindlich gegen sie, die Dienstboten spotteten über ihre stille Frömmigkeit, verlachten ihre bescheidene Schweigsamkeit als Blödsinn und verdächtigten gehässig ihren unermüdlichen Fleiß als Heuchelei und Gefallsucht; sie verkleinerten sie bei der Herrschaft, wo sie konnten, und schoben in Allem, was Ungeschicktes vorfiel, die Schuld auf die arme Zita, weshalb sie sehr oft hart gescholten und bestraft wurde.
Sie litt schwere Betrübnis und weinte oft im Stillen bittere Tränen, vor dem Bild des gekreuzigten Jesu und dem der schmerzhaften Mutter Maria kniend, aber nie hörte man an ihr eine Aufregung oder eine Störung ihrer wohlwollenden Freundlichkeit; sie beherrschte ihr Gemüt durch andächtigen Empfang der heiligen Sakramente, durch tägliches Fasten, oft bei Wasser und Brot und durch genaue Befolgung der Lehren des Beichtvaters, der sie sehr weise zur Vollkommenheit anzuleiten verstand.
Nach langem opferwilligem Ringen durchbrach endlich der Glanz ihrer Tugend die Wolken der leidenschaftlichen Verfolgungen und bereitete ihr bessere Tage. Die Herrschaft überzeugte sich, daß die gehaßte Zita ihre treueste Dienerin sei, ehrte sie mit Liebe und Zutrauen und übertrug ihr die Leitung des ganzen Hauswesens. Auch die Dienstboten änderten ihre Gesinnung und bewunderten an ihr die Tugenden, die sie vorher verspottet hatten. Zita dankte Gott, daß Er die Herzen ihrer Feinde so gnädig gelenkt habe, und war nur um so sorgfältiger beflissen, auch dem Letzten im Hause für die zugefügte Beleidigung Gutes zu erweisen. Nur in einem Punkt war sie unerbittlich ernst und streng. Ein Knecht wagte gegen ihre Warnung unkeusche Reden. Die übrigen Dienstboten lachten; Zita aber bat die Frau, entweder diesen Knecht oder sie zu entlassen. Die Frau jagte den Knecht sofort aus dem Haus und behielt die keusche Magd, die Allen ein Spiegel der jungfräulichen Reinigkeit war. Denn sie war um diese himmlische Tugend so sehr bekümmert, daß sie nie einer Mannsperson ins Angesicht schaute. Und als ein mutwilliger Junge sie küssen wollte, gab sie ihm eine so derbe Ohrfeige, daß ihn nach keinem Kuss mehr gelüstete.
Ihr reines Herz war voll Liebe gegen die Armen. Den größten Teil ihres Lohnes schenkte sie den Dürftigen, und mit den Speisen, die sie ihrem Mund absparte, erquickte sie – mit Erlaubnis ihrer Herrschaft – die Kranken. Dabei war sie eine eifrige Fürbitterin für die Armen bei ihrer Herrschaft; denn sie konnte Niemanden leiden sehen. Gott selbst ehrte diese Nächstenliebe seiner treuen Dienerin, denn das Korn im Speicher und das Mehl im Kasten, wovon Zita den armen auszuteilen die Erlaubnis hatte, fand die Hausfrau wunderbar vermehrt
Eines Tages bat sie ein kranker Bettler um einen Trunk Wein. Die mitleidige Zita konnte seine Bitte nicht erfüllen. Da fiel ihr das Wort Jesu ein: „Wer dem Durstigen einen Trunk reicht, wird dafür belohnt“; sie holte vom Brunnen frisches Wasser und reichte es dem Armen liebevoll dar. Dieser trank und fand den köstlichsten Wein, der ihn wundersam stärkte. In der heiligen Christnacht war es grimmig kalt, und doch wollte Zita in die Kirche gehen. Der Hausherr nötigte ihr seinen Pelz auf zum Schutz gegen die Kälte und unterließ nicht die Mahnung, daß sie ihm auf den Pelz wohl Acht habe und ihn ja wieder bringe. Zita hatte in der Kirche erst kurze Zeit gebetet, als ein Mann, schlecht gekleidet und zitternd vor Kälte ihr nahte und an ihren Pelz anlehnte. Das rührte sie tief; in Erinnerung an das arme Jesuskindlein im kalten Stall zu Bethlehem legte sie den Pelz dem frierenden Mann um mit der Bitte, daß er ihr denselben nach dem Gottesdienst wieder zurückgebe. Sie setzte ihre Andacht fort; und als sie nach beendigtem Gottesdienst sich nach dem Pelz umsah, war der Mann mit demselben auf und davon. Nicht ohne Angst ging sie heim und erzählte den Vorfall in aufrichtigster Einfalt ihrem Herrn, der sie scharf dafür tadelte. Um Mittag, als man zum Essen gehen wollte, brachte der Mann den Pelz, dankte dem Herrn und der Zita, und – verschwand plötzlich vor seinen Augen, – der Herr aber erkannte, daß dieser frierende Mann Jesus selbst gewesen sei.
Die Erlaubnis der Herrschaft, daß sie alle Samstag ein Wallfahrt zur Kirche des heiligen Schutzengels auf dem Berge bei Lucca machen dürfe, benützte sie sehr fleißig und erlangte dort wunderbare Gnaden und Erleuchtungen von Gott. Einmal konnte sie wegen Überladung mit Arbeit am Samstag erst spät und ganz ermüdet von Haus fortkommen. Wie sie nun mühsam sich hinauf schleppte, wurde sie von einem Reiter eingeholt, der ebenfalls zur Kirche auf dem Berg wollte. Spöttelnd sagte er zu ihr: „Auf dieser Post wird das Fräulein langsam an Ort und Stelle kommen.“ Lächelnd erwiderte Zita: „Reite der Herr nur zu, so geschwind er will, mich wird Christus schon auch dahin führen.“ Und siehe, als der Reiter im strengem Trab bei der Kirche ankam, fand er Zita schon im Gebet versunken. Voll Verwunderung fragte er sie, wie sie doch so schnell hierher gekommen sei? Freundlich sagte sie: „Wie es Gott gefiel, also ist es geschehen.“
In den letzten Jahren wurde ihr alle Arbeit abgenommen und gestattet, ihren kränkelnden Körper in Ruhe zu pflegen. Allein sie arbeitete fort, so lange sie noch Hand und Fuß rühren konnte; denn sie wollte nicht, wie sie zu sagen pflegte, daß sie der Tod im Nichtstun überrasche. Nachdem sie 48 Jahre der gleichen Herrschaft gedient hatte, kam die Stunde ihres Heimganges zum himmlischen Vater. In ihrer kurzen aber schmerzlichen Krankheit empfing sie mit der Andacht einer Heiligen die Sterbesakramente, bat in rührender Demut alle Hausgenossen um Verzeihung und schloß ihre Augen am 27. April 1272. Ganz Lucca verlangte, daß ihre Leiche in der Kirche beigesetzt werde, und strömte herbei, sich am Anblick der Verklärten zu erbauen. Jedermann wollte ein Andenken von dieser heiligen Magd besitzen und schnitt sich ein Stücklein von ihrem Gewand, so daß sie neu gekleidet werden musste. Zahlreiche Wunder geschahen an ihrem Grabe, und Papst Innozenz XII. nahm sie in das Verzeichnis der Heiligen auf im Jahre 1696. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 316 – S. 318