Der Leib und die Seele in der Glorie

Die heiligste Dreifaltigkeit, Gott Vater, Heiliger Geist als Taube und Christus auf dem Thron, umgeben von Engeln und von Heiligen, Seinen Auserwählten aus allen Ständen

F. X. Weninger SJ, Ostern im Himmel

XIV. Die Eigenschaften des Leibes und der Seele in der Glorie

Hinabgesunken in die Staubesnacht,
Gelöst vom Auge ist die schwere Binde;
Die Seele schwebt in junger Schönheit Pracht
Verklärt empor – o Herr! Dass sie Dich finde!

Der Leib und die Seele in der Glorie des Himmels

Was erstlich die Vorzüge des verherrlichten Leibes nach der Auferstehung betrifft, so ist derselbe für den Himmel in einer Weise verwandelt und zu einer solchen Schönheit verklärt, dass dagegen jede irdische Schönheit nur wie ein Schatten verschwindet und keine Phantasie es jemals zu ahnen imstande ist. –

Die heilige Schrift nennt besonders vier dieser Gaben des verherrlichten Körpers, nämlich: die Geistigkeit, die Leichtigkeit, den Glanz und die Unzerstörbarkeit. (1. Kor. 15)

Was die Geistigkeit betrifft, so wird darunter die Feinheit, Durchdringlichkeit und übernatürliche Schönheit der Wesenheit und Form der verklärten Leiber verstanden. –

Was die Leichtigkeit betrifft, so wird der Leib sich mit der Schnelligkeit des Gedankens bewegen, so dass der Mensch, wo er sich hin denkt, auch schon da ist. –

Was den Glanz betrifft, so versichert Jesus: „Die Gerechten aber werden leuchten wie die Sonne im Reich Meines Vaters.“

So beteuerte auch Maria in einer Erscheinung der heiligen Brigitta, dass die Gerechten als ebenso viele Sterne vor dem Throne ihres göttlichen Sohnes leuchten werden, mit deren Glanz nichts verglichen werden kann. –

Was die Unzerstörbarkeit betrifft, so sind die verherrlichten Leiber frei von jeder Unannehmlichkeit und erfüllt mit unaussprechlicher Wonne; so wie nur Gott allein dieselbe dem Menschen seinem Körper nach mitzuteilen im Stande ist. Dabei sind die Körper unauflösbar: „Und es wird kein Tod mehr sein.“ –

Erinnern wir uns, was ich von jener Erscheinung gesagt, welche die heilige Theresia gehabt, bei der sie die Hand Jesu Christi sah, und die ob dem Übermaß der Wonne, die bei diesem Anblick ihr Herz durchströmte, sogleich in Entzückung geriet. –

Eine ähnliche Verherrlichung wird im Himmel jedem Körper der Seligen zuteil, da sie ja alle, wie der Apostel versichert, nach der Ähnlichkeit und dem Vorbild Christi vom Grab auferstehen werden, um auch in ihrem Leib den Lohn zu empfangen für die Werke, welche die Seelen einst, mit ihren Leibern vereinigt, im Dienst Gottes auf Erden vollbracht.

„O selige Buße, die mir ein solches Maß der Freude im Himmel bereitet hat!“ so sprach der heilige Petrus von Alcantara, als er, wie wir bereits erwähnt, nach seinem Tod der heiligen Theresia erschien. –

Welche Wonne für die Seligen, einen in solcher Weise verherrlichten Leib zu besitzen; aber auch welch ein Jubel und welche Wonne für alle die Mitseligen, einander dort zu sehen, sich der gegenseitigen Gemeinschaft zu erfreuen und in wechselseitiger Liebe diese Wonnen miteinander zu teilen! –

Was die Vorzüge des Geistes betrifft, so sage ich: Wenn jede Seele im Stande der heiligmachenden Gnade, als Ebenbild Gottes, schon herrlicher und schöner vor den Augen Gottes und aller Heiligen ist als die ganze sichtbare Welt; wie unbeschreiblich schön muss dann erst diese Schönheit der Seele durch das Licht der Glorie werden, durch welches Gottes Ebenbild in derselben wunderbar erstrahlt. – Und diese Verherrlichung in der Verklärung ist zugleich Seligkeit! –

„Ja, welch ein Jubel für den Verstand, der nun in Gott alles schaut und alles erkennt. –

Welch unermesslich große Seelenfreude wäre es, selbst hinieden bei unserem beschränkten Erkenntnisvermögen für den Menschengeist alle Wissenschaften zu besitzen, welche die Befähigung der Gelehrten uns zugänglich gemacht: Philosophie, Astronomie, Physik, Medizin, Botanik, Mechanik und alle übrigen Wissenschaften; wenn er dabei alle Künste bemeisterte und alle Sprachen spräche, die nun gesprochen werden und ie je gesprochen wurden, und so mit allen Menschen Umgang zu pflegen imstande wäre. –

Wenn er dabei der größte Dichter und begabteste Redner wäre, der genialste Musiker und Belletrist, der alle Klassiker inne hätte und dabei die Geschichte der ganzen Menschheit wüsste; wäre ein solcher Mensch nicht weit glücklicher als Salomon? –

Und doch! Wie gering ist all diese irdische Erkenntnis gegen die unbeschränkte Erkenntnis der Seligen, die in Gott dem Allwissenden alles schauen, alles wissen, und das ohne Mühe und ohne Mangel! –

Welch ein Jubel für das Gedächtnis, das sich an nichts erinnert, als was ihm Trost gewährt; da jede Erinnerung in die Führungen der göttlichen Vorsehung ausmündet, die alles zu ihrem Heil wendete. –

Welch ein Jubel für den freien Willen, der nun eins ist mit dem heiligsten Willen Gottes, ganz Liebe zu Gott, und der durch diese Liebe sich in jener Vereinigung mit Gott selig fühlt, von der wir bereits gesprochen haben. –

Ja wohl! Kein Auge hat es gesehen, kein Ohr gehört, kein Menschenherz geahnt, welche Verherrlichung und Freude die ist, mit der Gott seine treuen Kinder in den ewigen Freuden beseligt, und wie groß der Zuwachs dieser Freude für jeden ist durch die wechselseitige Mitteilung in der Gemeinschaft der Heiligen. –

Wie prachtvoll erleuchtet schon eine Sonne die Welt. Wie groß wäre aber erst das Licht, wenn auf einmal zehn Sonnen am Himmel erschienen, und wie erst, wenn das ganze Sternenfirmament ein Firmament von Sonnen wäre? – Herrlicher Himmel! in dir leuchten Myriaden von erklärten Sonnen, die durch die Vorzüge ihres Leibes und ihrer Seele Licht und Seligkeit ausstrahlen. –

Was Besitz und Reichtum, Macht und Herrschaft betrifft, so darf jede Seele ausrufen: „Der Himmel ist mein – alles ist mein!“ Dort regieren und herrschen alle mit Christus nach der Versicherung der heiligen Schrift: „Du hast uns zu einem Reich gemacht und wir werden herrschen mit Dir.“ – Gestürzt und machtlos liegen zu ihren Füßen die feindlichen Gewalten, und die ganze Außenwelt ist ihnen untertan. –

Besonders freut sich jede Seele ihrer besonderen Brautgabe und Verherrlichung, die gerade jene ist, die sie sich vor allen Übrigen wünscht und durch welche sie Jesus in der Gemeinschaft der Heiligen ausgezeichnet.

Pracht der himmlischen Schöpfung

Was die Schönheit der Außenwelt betrifft, so haben wir bereits, gestützt auf das Ansehen der heiligen Schrift, erwähnt, wie gegen die Pracht des Paradieses selbst das Herrlichste in der Natur nicht verglichen werden kann. – Dasselbe bestätigen zahlreiche Offenbarungen der Heiligen. –

Die heilige Dorothea schickte dem Heiden Theophilus durch einen Engel Blumen vom Himmel, worauf sich dieser sogleich zum heiligen Glauben bekehrte. – Auch der heilige Didacus rief in einer Entzückung aus: „O welch herrliche Blumen hat das Paradies! O welch herrliche Blumen hat das Paradies!“ – Wahrlich, wenn schon der Anblick der Blumen auf Erden einen heiligen Ignatius und andere Heiligen zu so wundervollem Lob Gottes begeistern konnte, was wird nicht erst der Anblick der Fluren des Paradieses zu tun imstande sein? –

Doch, dies ist das Geringste. – Die Himmel schließen zugleich eine Unzahl von Wundern göttlicher Macht in sich, die imstande sind, auch die Engelwelt durch die ganze Ewigkeit mit immer neuer Bewunderung und immer neuem Staunen und Jubel zu fesseln. –

Welch ein erquickende und entzückende Freude muss es somit nicht sein, wenn die Seligen nach solchen Tröstungen und Wonnen der himmlischen Osterfeier durch die unermesslichen Räume des Himmels ziehen und alle die Wunder göttlicher Macht, Weisheit und Güte, mit welchen der Herr die Gefilde und Wohnungen ewiger Freude geziert, näher betrachten, anstaunen und Gott dafür danken und loben? –

Welche Reisen unternimmt man nicht auf Erden, und das unter so vielen Beschwerden, Entsagungen und Gefahren, um nur auf einige Tage oder Stunden irgendeine schöne Gegend zu schauen, oder von der Eisspitze eines Gletschers in die prachtvolle Umgebung um sich zu blicken, oder eine große Kaiserstadt zu besuchen und ihre Paläste und Bauten zu bewundern? Und dennoch, wie oft wird der Genuss dieser Reisen und Anblicke durch Hindernisse aller Art erschwert, oder durch Krankheit und andere Unglücksfälle verkümmert oder gestört? – Nicht so im Himmel! –

Ohne Beschwerde und mit der Schnelligkeit des Gedankens durchziehen die Seligen die Räume paradiesischer Schöpfung, stets durch neue Ausblicke auf Szenen von unaussprechlicher Schönheit und Herrlichkeit überrascht. Denn Gott ist nicht nur imstande, bei weitem mehr zu schaffen, als je ein Menschengeist zu ahnen und zu begreifen vermag; sondern unendlich mehr als alle Engel, mit St. Michael selbst, je ahnen oder begreifen können. –

Wenn wir mit solchem Vergnügen an die Schönheit der Natur in so verschiedenen reizenden Gegenden der Erde bloß denken, und wenn die Erinnerung an die prachtvollen Gebäude großer Städte uns schon entzückt, welch ein Vergnügen wäre es erst, wenn wir gerade nach Gefallen, ohne Mühe und Anstrengung, jetzt in Rom sein könnten, um den Dom von St. Peter zu bewundern, und in dem nächsten Augenblick ständen wir auf der Spitze des Vesuv und blickten über Neapel und den reizenden Golf hin, und sogleich in einem anderen Augenblick könnten wir Paris, London, Petersburg, Konstantinopel und Peking ansehen. –

Ständen wir dann im folgenden Augenblick auf der höchsten Spitze des Himalaja und blickten über Asien hinaus, und könnten wir im nächsten von den Höhen des Chimborasso Südamerika vor uns liegen sehen; würden wir uns von da aus erheben Mexiko, das schönste Land dieses Kontinents, zu betrachten, und könnten wir in demselben Augenblick seine Schönheiten mit denen der Schweiz vergleichen, Australien anblicken, und mit Gedankenschnelle von da aus uns zu Sonne und Mond erschwingen, von der Milchstraße aus die unabsehbaren Räume des Firmaments überblicken; – und das alles ganz ohne Mühe, ohne Gefahr, und könnten wir dabei alle Hemmnisse von Marmor und Eisen, wie im Wehen des Zephir, mit Leichtigkeit durchdringen, – welch ein Genuss, nicht wahr! –

Im Himmel werden die Seligen auf solche Weise die Räume der Seligkeit durchfliegen und nie ermüden, die Wunder der himmlischen Schöpfung anzustaunen. –

O schönes, freudenvolles Leben des Paradieses! Wann werde ich dich einmal genießen! –

Was soll ich erst von der Pracht, Schönheit und Größe der Wohnungen der Seligen sagen, von welchen Jesus spricht, und die als ebenso viele Paläste und Himmelsburgen in wundervollster Ordnung und Zierde sich um das himmlische Jerusalem reihen und die Pracht der Himmel unermesslich erhöhen? –

Welch ein Jubel gewährt ihr Anblick der geretteten und im Besitz des Himmels sich freuenden Seele! –
aus: F. X: Weninger SJ, Ostern im Himmel, Betrachtungen über die Freuden des Himmels, 1865, S. 147 – S. 156

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