Die Schlacht bei Poitiers gegen die Mauren 732
Außerordentlich schwierig waren die Anfänge Karls, des Stiefsohnes der Plektrude, welchem die Dankbarkeit der Völker aus seinem herrlichen Sieg über die Mohammedaner den Beinamen Martell, der Hammer, geschöpft hat…
Seine größte und die gesegnetste Tat vollbrachte Karl in der Schlacht von Poitiers an einem Samstag des Oktobers 732 (am 4., 11. 18. oder 25.) (siehe auch den Beitrag: Papst Gregor III., Bonifatius und Karl Martell)
Im Jahre 725 hatten die Mauren das erste Mal die Pyrenäen überstiegen und waren ins Frankenreich eingefallen. Sie strebten unaufhaltsam ostwärts, und als Abderrahman im Jahre 732 mit einer Volksmenge von 400.000 Köpfen, Weiber und Kinder, mit den streitbaren Männern nach Pampeluna und über die Gebirge der Waskonen (Gascogner) führte, nannte man dies den vierten Feldzug der Mohammedaner gegen die Franken.
Der Herzog Eudo von Aquitanien, der an den Mauren einen Rückhalt gegen Karl gesucht, wurde von ihnen angefallen und geschlagen und flüchtete in Karls Arme, der ihn nicht abwies, weil es sich um mehr als den Herzog, um das Frankenreich, ja um die abendländische Christenheit handelte. Der Held, fest wie Stahl und rasch wie der Pfeil, stand mit Heeresmacht in den Gegenden der Loire; er bot alle Kräfte des Frankenreiches auf; aus Deutschland rückten mächtige Heerhaufen zu ihm; die widerspenstigen Neustrier fügten sich, weil sie die zuerst und am meisten Bedrohten waren. Unermesslich war der Jammer.
Schon war Arles im Sturm genommen, Avignon, Viviers, Valence, Vienne, Macon, Chalons, Besancon, Dijon alle Ortschaften links und rechts der Rhone und der Saone, mit Gräueln erfüllt; erst bei Sens kam der verheerende Zug zum Stehen.
Die einzelnen Heerhaufen der neustrischen Großen wurden zermalmt, unaufhaltsam wälzte sich der Strom des Verderbens vorwärts, Saintonge, Poitou, die Touraine wurden überschwemmt, in einer Vorstadt von Poitiers brannte die Hilariuskirche nieder, in Tours wurde St. Martin bedrängt. Jetzt aber trat Karl gegen die Mordbrenner in den Fluren von Poitiers; es war im September 732. Abderrahman wich zurück, um in der Ebene das für seine Reiterei geeignete Schlachtfeld zu besetzen. In eisiger Ruhe standen Karls Heerhaufen, die mit Panzer, Helm und mächtigen Schilden bewehrten, den beweglichen und unter wildem Geheul in ihren weißen flatternden Mänteln anstürmenden und davon jagenden Mauren gegenüber.
Karl berechnete alles, der kühne Mann beherrschte sein Ungestüm, er wollte nichts aufs Spiel setzen; wurde er geschlagen, so war das Frankenreich zerbrochen; die Bayern und Langobarden vermochten dann auch keinen Widerstand; dann war die Christenheit von West und Ost her überflutet, und verloren war Alles, was seit der Völkerwanderung geschaffen worden, zertreten unter den Haufen der Barbarenrosse, was die apostolische Tätigkeit gepflanzt.
Nein, Christus durfte nicht dem Lügenpropheten erliegen! Über eine Woche lang rührte sich Karl nicht; er ließ nur blänkeln (=ein kurzes, verhältnismäßig unbedeutendes Gefecht austragen); er gewöhnte seine eisernen Reihen fest zu stehen im sausenden Pfeilregen, sich nicht zu rühren, wenn auch nach dem Ausdruck eines arabischen Geschichtsschreibers die Wut der Stürmenden grenzenlos war gleich der von wilden Tieren.
Als dann der Tag anbrach, wo die Schlacht geschlagen wurde, standen die Eisenmänner Karls regungslos mit vorgehaltenem Spieß und Schild; zwanzigmal stürmten die arabischen Reiter, ihre Geschwader brachen sich wie die Meereswogen am Steindamm, ein Angriff folgte dem anderen vom frühen Morgen bis zur vierten Stunde des Nachmittags. Abderrahman war überall dabei, anfeuernd, strafend, hetzend.
Da erscholl Notgeschrei aus dem Lager; Eudo mit den Aquitanern war dort eingebrochen; die hintersten Scharen der Araber eilten vom Schlachtfeld weg gegen ihn; dadurch entstand eine Verwirrung; und nun erscholl das Kommando Karls zum Vorrücken; ohne sich aufzulösen, bewegten sich die eisernen Reihen und warfen Alles vor sich nieder und zertraten die Mohammedaner. Jetzt wandten sich diese alle zur Flucht nach dem Lager; unter den 375000 Gefallenen, wie Paul Warnefried sicher übertreibend rechnet, befand sich Abderrahman. Die Nacht nötigte zum Stillstand. Karl ließ seine Heerhaufen in Reih und Glied auf dem Schlachtfeld übernachten; aber als der Tag anbrach, standen die Zelte der Mauren leer, das Lager war verlassen, die Horden zerstreut.
Ob Karl wohl den Namen Martell, der Hammer verdiente? Der Halbmond war von ihm zerhämmert, die Christenheit gerettet; hochgemut zogen seine Krieger in die Heimat, der heilige Christ stand für immer im Bewusstsein des Abendlandes als der Sieger und Überwinder. –
aus: F. J. Holzwarth, Weltgeschichte, 2. Bd., 1885, S. 521 – S. 524
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