Aufgeschaut und auf Gott vertraut

Aufgeschaut und auf Gott vertraut: vor diesem Hintergrund ein Wegkreuz

Darum Aufgeschaut und auf Gott vertraut!

„Darum aufgeschaut, darum aufgeschaut und auf Gott, auf Gott vertraut!“ hat man zu früheren Zeiten in meiner Heimatstadt an schönen Sonntag-Abenden von den heimkehrenden Familien, groß und klein, singen hören, dass es hallte und schallte. Man merkte: es kam von Herzen. Ja, das war ein Volkslied, das im Herzen eines jeden die tiefsten Saiten rührte, in das auch die Ältesten einstimmten – ohne sich andern Tages vor Kindern und Enkeln schämen zu müssen, wie dies bei den modernen „Volksliedern“ oft genug vorkommt.

Das ist so recht das Lied zum Neujahrsmorgen: Aufwärts die Augen, die Hände, die Herzen, zu den Bergen, von welchen das Heil kommt!

Das bayerische Frankenland ist ein wundersam schöner Fleck Erde, und man begreift, wie ein Poet, da er hoch von der felsigen Wand ins weite, gesegnete Land hinab schaute, singen konnte: „Ich wollt`, mir wüchsen Flügel!“ Aber es ist noch mehr dort zu finden als die schöne Ausschau.

Droben in den reinen Lüften der Bergeinsamkeit steht ein Kreuz, und der Heiland schaut herab vom blutigen Thron seiner göttlichen Liebe über Wald und Feld, See und Berge, auf Dörfer und Häuser, auf Kirche und Kloster, hinab auf alle die Menschen, die da unten gehen und stehen, leben und weben, auf ihre Anliegen, Freud und Leid, Gutes und Böses. Und ein Einsiedler, ein weltmüder und welterfahrener Greis, steht bei dem Kreuz vor seiner Zelle droben, und er läutet mit starker Hand die Glocke, dass sie hinaus und hinab ruft mit ihrem Schall zu allen ringsum:

Aufgeschaut, aufgeschaut! Sursum corda! Aufwärts, zum Kreuz und zum Gekreuzigten die Blicke, die Herzen, die Hände, den Wandel! Aufgeschaut in Arbeit und Ruhe, in Freuden und Schmerzen, in Bitterkeit und Erfolgen, aufgeschaut in zeitlichen und weltlichen, in geistlichen und übernatürlichen Dingen! Aufgeschaut zu Gott, deinem Ziel und Ende, deinem Eins und Alles, zu Gott, für welchen du erschaffen bist ganz und gar, dem dein Leib wie deine Seele gehört und dienen muss! Aufgeschaut zum Kreuz in lebendigem Glauben, in felsenfester Hoffnung, in tatkräftiger, mannhafter, opferwilliger Liebe! Dann kann`s unmöglich fehlen, dann muss Gottes Segen bei dir sein!

Und da so viele falsche Lehren und Propheten das Volk, besonders das katholische, seinem Gott und seinem Ziel entfremden möchten, so ist es um so nötiger, dass die Glocke und der Ruf von der Höhe des Kreuzes herab laut und hell ins Volk hinein ertöne: Aufgeschaut, aufgeschaut, zu deinem Gott und Herrn, zum Kreuz, zum Himmel, zur ewigen Wahrheit und ihren Forderungen! Aufgeschaut, christlicher Bürgers- und Bauersmann, zu deinem Gott, zu deinem Glauben und deiner Kirche: dort allein ist dein Heil! –
aus: Konrad Kümmel, An Gottes Hand, Zweites Bändchen, Weihnachts – und Neujahrsbilder, 1916, S. 249 – S. 250

weitere Beiträge von Konrad Kümmel siehe unter: Erzählungen

siehe auch den Beitrag: Eine Mauer um uns baue, eine Gottesmauer

Bildquellen

Tags: Katholik

Verwandte Beiträge

Die Hand der allerseligsten Jungfrau
Bekehrung eines liberalen Katholiken