Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Veuillot
Veuillot, Louis, französischer Journalist, Belletrist und Literaturkritiker, wurde zu Boynes (en Giatinais) am 11. Oktober 1813 als Sohn eines unbemittelten Fassbinders geboren und begann seine Laufbahn als Schreiber bei einem Pariser Notar. Schon früh versuchte er seine Kräfte in der Presse; seit 1831 arbeitete er zu Rouen, Perigueux und zuletzt zu Paris nicht ohne Erfolg und Aufsehen für verschiedene Provinzialblätter und Zeitungen zweiten Ranges. (*)
Eine Romreise und eine Audienz bei Gregor XVI. brachte 1838 Wandel in sein religiöses Leben und Festigkeit in die fortan von ihm vertretenen Prinzipien. In den Jahren 1838 bis 1843, während welcher er eine gesicherte und einträgliche Stellung im Ministerium des Innern genoss, veröffentlichte er bereits eine Reihe von Schriften und fuhr gelegentlich auch fort, für die Zeitungen zu arbeiten. Seit 1843 übernahm er, nicht ohne große persönliche Opfer, die Leitung des Univers, damals noch eines kleinen Blattes mit etwa 1000 Abonnenten, eines aus den wenigen Organen, welche die Katholiken Frankreichs seit dem Untergang des Avenir zur Vertretung ihrer Sache mit Mühe aufrecht hielten. Veuillot hat den Univers zu einem Weltblatt gemacht und ist für Frankreich der Schöpfer einer katholischen Presse, der Wiedererwecker eines katholischen Gemeingefühls geworden. Bis zu seinem Tod, am 7. April 1883, blieb er 40 Jahre lang an der Spitze dieses Blattes.
Neben dem steten Kampf gegen den Voltairianismus und die Ideen von 1789 erkannte Veuillot als seine Hauptaufgabe die endliche Zerstörung des alten, in zähen Resten fortlebenden Gallikanismus; seine entschiedene Hingabe an Rom brachte ihn folgerichtig auch in scharfen Gegensatz zu dem sogen. „liberalen Katholizismus“. Mehr durch die Verhältnisse und denD rang der Zeit als durch eigene Neigung in den Streit hinein gestellt, war Veuillot ein entschlossener und rücksichtsloser Kämpfer, der die Waffen des Sarkasmus und des Spottes unbarmherzig handhabte und auch für Persönlichkeiten nicht leicht Schonung kannte. Daß er dabei zuweilen auch sonst hoch verdienten Männern allzu schroff entgegen getreten, und daß er zuweilen sich Extremen zugeneigt habe, sind Vorwürfe, welche häufig gegen ihn erhoben werden.
Am meisten wurde sein Name genannt beim Streit mit mehreren Bischöfen wie Dupanloup von Orleans und Sibour von Paris 1850 und 1853; dann bei der Unterdrückung des Univers 1860 bis 1867 durch die napoleonische Regierung wegen Veröffentlichung der päpstlichen Enzyklika von 1860; endlich während der Kämpfe aus Anlass des vatikanischen Konzils, wo Veuillot mit großer Entschiedenheit für die Prärogativen des Papsttums eintrat.
Im Privatleben war Veuillot das Muster eines Christen; auf politischem und vielleicht mehr noch auf karitativem Gebiet hat er Großes geleistet. Allgemein ist die Anerkennung seiner Vorzüge als Stilisten und Schriftstellers, und er wird von Kennern aller Richtungen den wenigen Auserwählten aus der Zahl der modernen Autoren beigerechnet, welche als Klassiker in der Literatur ihres Volkes auf immer fortleben werden. Seine Werke sind überaus zahlreich; das wichtigste sind die drei Serien seiner Mélanges (Sammlungen des Besten aus seinen Zeitungsartikeln), welche 18 Bände (Paris 1856 bis 1876), und die Korrespondenz, welche 7 weitere Bände (ebd. 1883 bis 1892) füllt. –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 12, 1901, S. 875 – Sp. 876
(*) Veuillot war Autodidakt, 1831 Redakteur des ministeriellen Echo de Rouen, 1837 der Pariser Charte de 1830… Er war ein glänzender Stilist, einer der größten französischen Schriftsteller, dessen „Feder ein schneidendes Schwert und zugleich eine leuchtende Fackel war“ (Pius X.), eine innerlich geschlossene Persönlichkeit von knorriger Eigenart. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. X, 1938, Sp. 587 – Sp. 588