Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Dupanloup
Dupanloup, Félix Antoine Philibert, * 3.1.1802 zu St-Félix in Savoyen, † 11.10.1878 auf Schloß Lacombe v. Grenoble. 1825 Priester und sofort Vikar an der großen Pfarrei Ste-Madeleine zu Paris, wirkte Dupanloup als Katechet vorbildlich und reich gesegnet; auch die Kinder der königlichen Familie erhielt er zur religiösen Bildung. Schwierigkeiten mit einem neuen Pfarrer bewirkten 1836 seine Versetzung als Vikar bei St-Roch. 1837 übernahm er die Leitung des kleinen Seminars von St-Nicolas-du-Chardonnet, ein Posten, der seiner außergewöhnlichen erzieherischen Veranlagung entsprach. Die Erfahrungen dort legte er in den bedeutenden Werken De la haute éducation intellect. (3 Bde, Paris 1855/57) und De l`éducation (3 Bde, ebd. 1850/62) nieder. Unter seinen Zöglingen waren Renan und Lavigerie, die beide seine Erziehung priesen. Den sterbenden Talleyrand versöhnte er mit der Kirche; freilich ging er dabei wohl zu nachsichtig vor. Schonende Nachsicht kennzeichnet auch seine Publizistik, die zunächst der Schulfreiheit gilt, dann den ganzen kirchlichen Interessenkreis – nicht immer klar und gründlich, aber stets rasch, warm und gewandt – aufgreift. Sein Ziel: Friede zwischen Kirche und moderner Welt und dadurch Freiheit für die Betätigung der Kirche, ist in der Aufsehen erregenden Schrift De la pacification religieuse (1845) dargelegt. Auf dem Weg dahin kam er in manchmal scharfen Gegensatz zu der Richtung des „Univers“, die für die sog. Unbedingte Kirchlichkeit eintrat. Sie zieh ihn sogar des kirchlichen Liberalismus; freilich war manches, was der stets geschäftige Mann tat und aussprach, nicht unbedenklich. Als Rom unter Pius IX. immer schärfer gegen den Liberalismus vorging, wußte die Elastizität Dupanloup jeden Konflikt zu vermeiden, ja für seine versöhnliche Erklärung des Syllabus sogar den Beifall Pius` IX. zu erwerben. Als Redner und Publizist längst eine führende Erscheinung, war Dupanloup 1841 Professor der Rhetorik an der Sorbonne, 1845 Kanonikus und Generalvikar in Paris, 1849 Bischof von Orléans, 1854 nach seiner Fehde mit Gaume für die Beibehaltung heidnischer klassischer Literaturwerke Mitglied der Akademie geworden. Im Kampf um den Kirchenstaat war Dupanloup einer der feurigsten Anwälte des Papstes; sein Auftreten hat die italienische Politik Frankreichs stark beeinflußt. In der Frage der päpstlichen Unfehlbarkeit nahm er vor dem Vatikanum gegen die Definition Stellung. Daß er das Dogma selber bestritten, wird verneint. Mehrfach trat er auf dem Konzil auf; bei der Abstimmung über die Unfehlbarkeit fehlte er. Er unterwarf sich dem Konzilsbeschluss am 18.7.1870. In der Nationalversammlung (seit 1870) und im Senat (seit 1876) wirkte er mit Erfolg für kirchliche Belange, vor allem für die Freiheit des höheren Unterrichts. Seine Feder kämpfte in diesen letzten Jahren gegen den erstarkenden Unglauben und das Freimaurertum. Dupanloup ermangelte öfters der prinzipiellen Festigkeit; aber in allem beherrschte ihn eine echte Liebe zu den Irrenden, die ihn zu großem Entgegenkommen bewog. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. III, 1931, Sp. 491 – Sp. 492
Als Bischof richtete Dupanloup sein Augenmerk unmittelbar auf die Erziehung der Jugend; … als Gaume und Veuillot 1852 das Studium der antiken Klassiker an den Schulen als Übelstand bezeichneten, trat Dupanloup sogleich energisch und siegreich gegen deren Bestrebungen ein. In Folge davon wurde Dupanloup an Tissot`s Stelle in die französische Akademie aufgenommen, zu welchem Behufe er L`éloge des lettres schrieb. Als später der Atheist Littré derselben Körperschaft einverleibt ward, erklärte Dupanloup öffentlich seinen Verzicht auf den Sitz unter „den Unsterblichen“. Wie er hier durch die Tat seinen Abscheu gegen den Unglauben aussprach, so tat er das Gleiche schriftlich gegen Renan (Warnung an die Jugend und die Familienväter, 1864) und später siegreich gegen die beabsichtigte Voltaire-Feier. – Neben der Erziehung (Über den Volksunterricht, Rede auf dem Mechliner Kongress 1863) widmete sich Dupanloup mit aller Energie und mit seiner geradezu bewunderungswürdigen Arbeitskraft der Belebung des kirchlichen Sinnes, der christlichen Charitas, der wissenschaftlichen Hebung seines Klerus, so daß sein Episkopat zu den glänzendsten Perioden der Kirche Orleans` gezählt werden darf. …
Seit dem Konzil war fast kein Jahr vergangen, in welchem Dupanloup nicht in Rom von seinem Glauben persönlich Zeugnis abgelegt hätte. Auf einer solchen Reise starb er im Schloß Lacombe bei Grénoble an einer Herzbeutel-Entzündung am 11. Oktober 1878. Begraben wurde er zu Orleans, in der Allerheiligen-Kapelle des Domes, als Ritter der Ehrenlegion mit militärischen Ehren. –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 4, 1886, Sp. 23 – Sp. 25