A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T Ü V W Z

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Ketzertaufe

Ketzertaufe. Soweit die historischen Zeugnisse zurückreichen, stellte man sich in der alten Kirche zur außerkirchlichen Taufe verschieden. Im Morgenland erklärten sich um 230 bis 240 die Synoden von Ikonium und Symnada (vgl. auch Can. apost. 46 u. 47) gegen die Gültigkeit jeder Art von außerkirchlicher Taufe. Aus nicht viel späterer Zeit stammt nach Basilius ein „Kanon der Alten“, der nur die Taufe der die Trinität verwerfenden und darum trotz Anwendung der Trinitäts-Formel nicht wirklich auf den Namen des dreieinigen Gottes taufenden Häretiker für ungültig erklärte. Ob und inwieweit im Orient die Anerkennung jeglicher in trinitarischer Form, wenn auch außerhalb der Kirche und ohne richtigen Trinitäts-Glauben, gespendeten Taufe theoretische und praktische Vertretung fand, darüber fehlen uns sichere Anhaltspunkte.

Dagegen wurde die Ketzertaufe in der abendländischen Kirche durchweg anerkannt. Auch Nordafrika machte ursprünglich keine Ausnahme. Erst um 220 befahl ein Konzil, vielleicht beeinflusst durch die Stellungnahme Tertullians (De bapt. c. 15) gegen die Ketzertaufe, die Wiedertaufe aller Konvertiten aus der Häresie. Dieser Beschluss war jedoch nur von den Bischöfen von Africa proconsularis und Numidien gefasst; in Mauretanien wurden auch ferner die Konvertiten aus der Häresie ohne Wiedertaufe in die Kirche aufgenommen.

Die zwiespältige Praxis führte zu Auseinandersetzungen

Diese zwiespältige Praxis in Afrika führte zu Auseinandersetzungen, und als der Primas von Afrika, der hl. Cyprian, mit lebhafter Entschiedenheit für die Wiedertaufe aller in irgendwelcher Sekte getauften Konvertiten Partei ergriff, zum Ketzertaufe-Streit. Cyprian ging von dem Satz aus: Salus extra Ecclesiam non est (Ep. 73, 21), darum auch kein gültiges Sakrament; die Vollmacht zu taufen ist von Christus nur den Aposteln und ihren rechtmäßigen Nachfolgern übertragen worden.

Der Standpunkt des hl. Cyprian

Der heilige Cyprian von Karthago BischofDiesen Standpunkt vertrat Cyprian zuerst in Ep. 69, auf die Anfrage eines Magnus über die Gültigkeit der novatianischen Taufe antwortend, dann in Ep. 71 an den mauretanischen Bischof Quintus und in Ep. 73 an den wahrscheinlich gleichfalls mauretanischen Jubajan. In Ep. 73 wandte er sich gegen die Einwürfe seiner Gegner, darunter auch des von einem mauretanischen stammenden Liber de rebaptismate, der einzigen uns erhaltenen Streitschrift der Gegenpartei.

Aber Cyprian ließ seine Auffassung auch durch Konzilsbeschlüsse bestätigen; zuerst durch 30 Bischöfe aus Africa proconsularis auf dem Konzil von Karthago 255 (Ep. 70); sodann durch 70 Bischöfe der Provinzen Africa proconsularis und Numidien auf einem 2. karthagischen Konzil wahrscheinlich Frühjahr 256. Dieses Konzil legte (Ep. 72) seinen Beschluss dem Papst Stephan I zur Genehmigung vor.

Papst Stephan I. drohte mit Exkommunikation

Dass Stephan schon vorher in den Streit autoritativ eingegriffen, ist durchaus unwahrscheinlich. Ehe der Papst sich entschied, berief Cyprian (Sept., wahrscheinlich 256) ein 3. karthagisches Konzil, woran auch mauretanische Bischöfe, also aus den 3 nordafrikanischen Provinzen, teilnahmen, und ließ nochmals jegliche außerkirchliche Taufe für ungültig erklären … Bald darauf traf die Entscheidung des Papstes ein … (Denzinger 46). Hätten die Häretiker auch nicht den wahren Glauben an die Trinität, so tauften sie doch im Namen und nach der Intention Jesu und darum auf die wirkliche Dreifaltigkeit.

Zugleich drohte Stephan mit der Exkommunikation für den Fall des Beharrens bei der Praxis der Wiedertaufe. Cyprian kritisierte bitter im 74. Brief an Pompejus diese Entscheidung. Eine entweder schon vom 3. karthagischen Konzil oder, was wahrscheinlicher, später von Cyprian nach Rom geschickte Gesandtschaft afrikanischer Bischöfe ließ der Papst zu weiteren Verhandlungen nicht zu, verbot sogar deren gastliche Aufnahme in der römischen Gemeinde.

Der Bruch zwischen der römischen und afrikanischen Kirche

Das vollendet den Bruch zwischen der römischen und afrikanischen Kirche. Cyprian sandte den Diakon Rogatian zum Haupt der asiatischen Gesinnungsgenossen, zum Bischof Firmilian von Cäsarea (Kappad.). Der ganz den Standpunkt Cyprians teilende, an leidenschaftlicher Gereiztheit Cyprians Ep. 74 noch überbietenden Brief Firmilians, den Rogatian heimbrachte, ist als Ep. 75 in die cyprianische Korrespondenz aufgenommen. Auch gegen die asiatischen Anabaptisten hatte Stephan, wohl gleichzeitig mit der Exkommunikations-Androhung an die Afrikaner, mit dem Bann gedroht. Aber zu einer förmlichen Exkommunikation kam es nicht, weder hier noch dort.

Die Friedensbemühungen von Dionysius dem Großen

Die Friedensbemühungen des Dionysius dem Großen von Alexandrien hatten, unterstützt durch die bedrängte Lage der Kirche nach Ausbruch der valerianischen Verfolgung, nach dem Tod Stephans Erfolg.

Papst Sixtus II. (aus der Sixtinischen Kapelle)Sixtus II. trat wieder mit Cyprian in Verbindung; der Papst tolerierte die anabaptistische Praxis der Afrikaner. Auch das Konzil von Arles 314 (can. 8) gestattete den Afrikanern die anabaptistische Praxis, jedoch mit der Einschränkung auf die bei antitrinitarischen Sekten Getauften. Optatus von Mileve bezeugt und verteidigt die also modifizierte Übung der Afrikaner. Als die Donatisten den Standpunkt Cyprians zu dem ihrigen machten und jedes außerhalb der legitimen Kirche gespendete Sakrament als ungültig verwarfen, näherte man sich auf orthodoxer Seite immer mehr der römischen und abendländischen Praxis, und Augustinus errang der bei den Katholiken Afrikas immer allgemein gewordenen Nicht-Wiederholung irgendwelcher in rechtmäßiger Form gespendeten außerkirchlichen Taufe auch theoretisch den Sieg.

Feststellung der Gültigkeit der Ketzertaufe durch das 4. Laterankonzil und das Konzil von Trient

Als im Mittelalter die Katharer die katholische Sakraments-Spendung verwarfen, stellte das 4. Laterankonzil die Gültigkeit des sacramentum baptismi a quocumque rite collatum fest (cap. I Firmiter: Denzinger 430), und dasselbe tat das Konzil von Trient gegenüber den die Gültigkeit der Ketzertaufe leugnenden Wiclifiten und Hussiten (Sess. VII de bapt. can. 4: Denzinger 860).

Im Orient dagegen behielt der Brauch, die bei antitrinitarischen Sekten Getauften nochmals zu taufen, die Oberhand. Das Konzil von Nicäa hat ihn, wenn nicht direkt anerkannt, so doch geduldet, indem es im 8. Kanon wohl die Anstellung der aus der novatianischen Sekte übertretenden Kleriker in der katholischen Hierarchie ohne Wiederholung der Taufe zuließ, aber im 19. Kanon die alte Verordnung als zu Recht bestehend erklärt, dass Konvertiten aus antitrinitarischen Sekten getauft werden müssten.

Diese Disziplinarordnung des allgemeinen Konzils findet, von anderem abgesehen, ihre Rechtfertigung darin, dass die Gültigkeit der nicht im Glauben an die Trinität gespendeten Taufe damals noch nicht völlig gesichert war, da aber, wo die Gültigkeit des Sakramentes in Frage kommt, anerkanntermaßen das Sicherere (pars tutior) zu wählen ist. Die nicänische Bestimmung blieb in der orientalischen Kirche maßgebend.
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. V, 1933, Sp. 940 – Sp. 942

Bildquellen

Tags: Häretiker, Sakrament
Buch mit Kruzifix
Novatian
Buch mit Kruzifix
Felicissimus

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Herz Mariä

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Herz Mariä Herz Mariä, Titel eines kirchlichen Festes und mehrerer Erzbruderschaften. Gegenstand der kirchlichen Verehrung des Herzens Mariä ist den authentischen Dokumenten gemäß „das reinste Herz“ der Gottesmutter, also das wahre, lebendige Herz Mariens…
Buch mit Kruzifix

Johannes von Wesel

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Johannes von Wesel Johannes von Wesel (de Vesalia oder auch bloß Wesalia), nicht zu verwechseln mit Johannes Wessel, gehört zu den mittelalterlichen Irrlehrern, welche man als Vorläufer der Reformatoren bezeichnet. Er wurde zu wesel…
Buch mit Kruzifix

Episkopalsystem

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Episkopalsystem Episkopalsystem, eine im Anschluß an das bischöfliche Amt vertretene Theorie der Kirchenverfassung. In der Geschichte der katholischen Kirchenverfassung wird das Wort Episkopalsystem im Gegensatz zum Papalsystem gebraucht. 1) Erklärung. Episkopalsystem bedeutet nicht die…
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Deutsche Kaiser mit Namen Friedrich Friedrich I. – Friedrich II. – Friedrich III. Friedrich Barbarossa, * ca. 1122, † 10.6.1190; Sohn des Staufers Friedrich II., seit 1147 als Friedrich III. Herzog von Schwaben, zum…
Buch mit Kruzifix

Blutwunder

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Blutwunder Blutwunder, außergewöhnliche und auffällige Erscheinungen, die nach vielfachen Berichten und Überlieferungen 1) an konsekrierten Hostien oder konsekriertem Wein, 2) an Kruzifixen oder Bildern des Erlösers, 3) an Blutreliquien von Heiligen zu Tage getreten…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Arius

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Arius Arius, * ca. 280, aus Libyen, Schüler alexandrinischer und antiochenischer Weisheit (Lucian von Samosata), schon als Laie in das meletianische Schisma (Meletius von Lykopolis) verwickelt, nach seiner Bekehrung von Bischof Petrus von Alexandrien zum Diakon geweiht, aber bald wieder wegen Verbindung mit den Schismatikern exkommuniziert. Wieder versöhnt mit…
Buch mit Kruzifix

Waldenser

Lutheraner
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Waldenser Waldenser, auch Waldesier, mittelalterliche Sekte, benannt nach ihrem Stifter Waldes (Valdus, Valdesius) – der Vorname Petrus wird erst 1368 erwähnt – aus Lyon. Nach den sich ergänzenden Berichten im Chronicon universale anonymi Laudunensis (MGSkript XXVI 444ff) und bei Stephan von Bourbon (Tractatus de VII donis Spiritus Sancti c.…
Buch mit Kruzifix

Husiten

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Husiten Husiten, Anhänger des Hus, bis 1420 Wiclifiten genannt. Sie waren in den religiösen Ansichten gespalten, aber einig im Kampf gegen die katholische Kirche. Ihr geistiger Vater war Wiclif, der die Predigt als „ein Gebot Christi bezeichnete, woran keine hindern könne“, und den Laien das Recht einräumte, gegen die…
Buch mit Kruzifix

Jovinian

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Jovinian Jovinian, Irrlehrer, † vor 406. Zuerst Aszet, kam bald nach 385 nach Rom und warb durch Wort und Schriften (nicht mehr erhalten) für seine neuen Ideen. Nach der Darstellung seiner Gegner lehrt er: Unterschiedslosigkeit des jungfräulichen, Witwen- und Ehestandes vor Gott; Wertlosigkeit des Fastens; Heiligung sei bloße Bewahrung,…
Buch mit Kruzifix

Beza

Calvinisten
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Theodor von Beza Beza (eigentlich de Bèze), Theodor, Mitarbeiter und Nachfolger Calvins, * 24.6.1519 im burgundischen Städtchen Vézelay, † 13.10.1605 zu Genf; frühzeitig in Orléans und Bourges durch seinen Lehrer, den schwäbischen Humanisten Melchior Wolmar, mit dem Protestantismus bekannt gemacht. In Paris, wo er seine juristischen Studien fortsetzte, führte…
Buch mit Kruzifix

Jakobiten

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Jakobiten Jakobiten, 1) Monophysiten Syriens, Mesopotamiens und Babyloniens, gegenüber den Monophysiten Ägyptens und Abessiniens (Kopten) und Armeniens; im weiteren Sinne Monophysiten überhaupt. – Die syrischen Jakobiten (Suriani) bekamen, nachdem bereits unter Severus von Antiochien die Monophysiten vorübergehend über die Rechtgläubigen gesiegt hatten, durch Jakob Baradai (nach ihm die Bezeichnung…
Consent Management Platform von Real Cookie Banner