A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T Ü V W Z

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Berengar

Berengar I. – Berengar II. – Berengar v. Tours – Berengar v. Poitiers

Berengar I., römischer Kaiser 915 bis 924, ermordet 7.4.924; seit 873 Markgraf v. Friaul, 888 in Pavia zum König v. Italien gekrönt, aber wiederholt verdrängt, zuerst von Wido von Spoleto (889) und dessen Sohn Lambert, später (900) von König Ludwig v. der Provence, die, wie 896 auch der deutsche König Arnulf, sogar die Kaiserkrone erlangten. 915 wurde Berengar selbst von Johann X. zum Kaiser gekrönt, doch gelangte er jetzt ebenso wenig zu wirklicher Macht. Gegen König Rudolf II. v. Hochburgund rief er zuletzt sogar die Ungarn zu Hilfe. In dieser Zeit trauriger Zerrissenheit und Ohnmacht wurde auch das Papsttum in Rom ein Spielball der Parteien.

Berengar II., Enkel Berengars I., Markgraf v. Ivrea, 950 bis 963 König v. Italien, † in der Verbannung 6.8.966 zu Bamberg, hier auch begraben. Von König Hugo bedrängt, suchte er 941 Zuflucht am deutsche Hof. 945 nach Italien zurückgekehrt, erkämpfte er sich die Macht und erlangte 950 die Königskrone, die er aber seit 952 nur noch als Vasall des deutschen Königs Otto I. trug. Dieser setzte, von Papst Johann XII. zu Hilfe gerufen, Berengar 963 ab. Das italienische Königtum blieb von da an mit dem deutschen vereinigt.

Berengar v. Tours, *um 1000 zu Tours, †6.1.1088; Schüler Fulberts v. Chartres, ward nach der Rückkehr in seine Vaterstadt (1029) Domherr und Vorstand der dortigen Martinsschule und seit 1040 zugleich Archidiakon v. Angers. Ergriffen von Eifersucht gegen die Schule zu Bec, weil sie die Schule zu Tours an Ruhm überstrahlte, suchte Berengar durch auffallende, von der hergebrachten Lehre abweichende Meinungen Aufsehen zu erregen. So soll er die Notwendigkeit der Kindertaufe und das Institut der Ehe bekämpft und auch geleugnet haben, dass der auferstandene Christus durch verschlossene Türen hindurch ging.

Ganz besonders aber trat er der Kirchenlehre entgegen hinsichtlich der Eucharistie (seit 1044). In übertriebener Dialektik und einseitiger Auffassung von Augustinus leugnet Berengar die Wesensverwandlung sowie die wirkliche Gegenwart des Herrnleibes und fasst das Sakrament symbolisch-spiritualistisch auf.

Von einem sensualistischeen Substanz-Begriff ausgehend, gibt er die Möglichkeit einer realen Trennung von Akzidentien und Substanz des Brotes und Weines nicht zu, weil nach ihm die sichtbaren Eigenschaften zur Substanz des Dinges gehören. Wo demnach die Akzidentien da sind, ist auch die Substanz da. Aber auch eine wirkliche Gegenwart des Herrnleibes ist unmöglich, weil der verherrlichte Leib vor dem allgemeinen Gericht „unherabrufbar“ ist. Durch die Konsekration werden vielmehr Brot und Wein figura des Herrnleibes und als Zeichen zugleich zur mystischen Vereinigung mit dem im Himmel erhöhten Herrn (Abendmahlsstreit). –

Seit ca. 1047 wurde diese Lehre bekannt und sofort verurteilt auf der Ostersynode zu Rom 1050, ferner September 1050 zu Vercelli und 1051 zu Paris. Da Berengar seine Lehre weiter verbreitete, ward die Sache auf einer Synode zu Tours 1054 unter dem Vorsitz des päpstlichen Legaten Hildebrand (Gregor VII.) neuerdings verhandelt. Berengar legte hier ein rechtgläubiges Bekenntnis ab. 1059, unter Papst Nikolaus II., musste er in Rom selbst ein von Kardinal Humbert verfasstes Bekenntnis unterschreiben.

In die Heimat zurückgekehrt, widerrief er es aber. Papst Gregor VII. ließ ihn nun wieder nach Rom kommen und zuerst vor ihm allein, dann vor der Fastensynode 1079 ein rechtgläubiges Bekenntnis ablegen. Von da an lebte Berengar bis zum Tode in strenger Zurückgezogenheit auf der Insel St-Cosme b. Tours.

Siehe auch den Beitrag auf katholischglauben.online: Hüten wir uns Verführer und Mörder von Seelen zu werden

Berengar (Peter) v. Poitiers, Schüler Abaelards, schrieb nach dessen Verurteilung durch die Synode v. Sens 1141 eine Apologia Abaelardi, eine Schmähschrift besonders gegen Bernhard v. Clairvaux, widerrief sie aber später in der Verbannung in einem Brief an Bischof Wilhelm v. Mende. Seine Werke bei Migne PL 178, 1853ff. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. II, 1931, Sp. 179 – Sp. 180

Tags: Häretiker
Buch mit Kruzifix
Pange lingua
Buch mit Kruzifix
Wiclif

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Nikolaiten

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Nikolaiten Nikolaiten heißen 1. im Neuen Testament Sektierer, welcher schon zu apostolischer Zeit Unheil in der Kirche anrichteten. Daß dieses Uneil sehr groß gewesen, kann aus Offenbarung 2, 6 geschlossen werden. Deutlicher wird die…
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Deutschkatholizismus Deutschkatholizismus. Die seit Mitte des 18. Jahrhunderts immer mehr ins kirchliche Leben eingedrungene rationalistische Welle, gegen welche um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert in extremer Gegenwirkung die aftermystische Bewegung eines Martin…
Buch mit Kruzifix

Jansenismus

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Jansenismus Jansenismus, von Kornelius Jansenius dem Jüngeren und seinem Freund Du Vergier begründete religiöse Reformbewegung, die sich im Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts zu heftigem Widerspruch gegen Lehramt und Tradition der Kirche entwickelte.…
Buch mit Kruzifix

Pharisäer

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Pharisäer Pharisäer („Separatisten“), Name seit Johann Hyrkanus I. (135-104 v. Chr.), anfangs tadelnde Bezeichnung im Munde ihrer Gegner, von ihnen gern übernommen, da sie ihre „Absonderung“ für etwas Gott Wohlgefälliges hielten; Apg. 15,5 und…
Buch mit Kruzifix

Hergenröther

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Hergenröther Hergenröther, Joseph, Kirchenhistoriker * 15.9.1824 zu Würzburg, † 3.10.1890 in Mehrerau (hier bestattet); studierte 1842-44 in Würzburg, 1844 bis 1848 am Germanikum in Rom, promovierte 1850 in München auf Grund der Schrift „Die…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Appellanten

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Appellanten Appellanten, Anhänger des Jansenismus in der fünften Periode seiner Entwicklung. Nachdem die Umtriebe und die Opposition gegen die Bulle Unigenitus, sowie die fruchtlosen Unterhandlungen zwischen den Akzeptanten und den Opponenten sich durch einige Jahre fortgezogen hatten, appellierten am 1. März 1717 vier Bischöfe (von Mirepoix, Monpellier, Boulogne, Senez)…
Buch mit Kruzifix

Wiclifismus

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Wiclifismus Der Wiclifismus (die Wiclifie) machte in England zunächst noch Fortschritte. Als aber Th. Arundel den Stuhl v. Canterbury (1396) und Heinrich IV. Lancaster den Thron bestieg (1399), erhoben sich Staat und Kirche zur Ausrottung der weit verbreiteten Häresie. Auf Grund des Statuts De comburendo haeretico v. 1400 wurden…
Buch mit Kruzifix

Jovinian

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Jovinian Jovinian, Irrlehrer, † vor 406. Zuerst Aszet, kam bald nach 385 nach Rom und warb durch Wort und Schriften (nicht mehr erhalten) für seine neuen Ideen. Nach der Darstellung seiner Gegner lehrt er: Unterschiedslosigkeit des jungfräulichen, Witwen- und Ehestandes vor Gott; Wertlosigkeit des Fastens; Heiligung sei bloße Bewahrung,…
Buch mit Kruzifix

Waldenser

Lutheraner
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Waldenser Waldenser, auch Waldesier, mittelalterliche Sekte, benannt nach ihrem Stifter Waldes (Valdus, Valdesius) – der Vorname Petrus wird erst 1368 erwähnt – aus Lyon. Nach den sich ergänzenden Berichten im Chronicon universale anonymi Laudunensis (MGSkript XXVI 444ff) und bei Stephan von Bourbon (Tractatus de VII donis Spiritus Sancti c.…
Buch mit Kruzifix

Kamisarden

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Kamisarden Kamisarden, die reformierten Bewohner der Cevennen während der Aufstände 1702/05. Der Name wird abgeleitet von camise = Hemd (Blusenmänner) oder camis = Landstraße (Wegelagerer) oder camisade = Nächtlicher Überfall. Die Kamisarden veranstalteten nach Aufhebung des Edikts von Nates (1685) bei nacht religiöse Versammlungen und gingen 1702 unter schwärmerischen…
Buch mit Kruzifix

Giordano Bruno

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Giordano Bruno Bruno, Giordano (Ordensname, früher Filippo), italienischer Philosoph, * 1548 in Cicala bei Nola, † 17.2.1600 zu Rom; 1562 OP in Neapel, 1572 nur mehr Priester. Aus Hinneigung zu lasziver Poesie und wegen zweifelhafter Äußerungen über die christlichen Grunddogmen in Gegensatz zu Orden und Kirche geraten, floh er…
Consent Management Platform von Real Cookie Banner