Furchtlosigkeit Eigenschaft eines Papstes

Tiara des Papstes, Bischofsstab, Schlüssel

Papst Pius XII. sitzt in seinen päpstlichen Gewändern auf seinem Papststuhl, über ihm das päpstliche Wappen, die Hände hat er auf den Beinen liegen, er hat die Augen geschlossen.

Die Kirche in der Auseinandersetzung mit sozialen und politischen Fragen

Ansprache an das Kardinalskollegium: 2. Juni 1948 (*)

Pius XII.: Furchtlosigkeit die vorzügliche Eigenschaft eines Papstes

Die erhabene Gestalt des heiligen Papstes Eugen I.

105 Heute gehen Unsere Gedanken naturgemäß zurück zu dem heiligen Papst (siehe den Beitrag: Der heilige Papst Eugen I.), dessen Namen Unsere tief frommen Eltern Uns gaben und unter dessen Schutz sie Uns beim Eintritt ins Dasein stellten, ohne die darin liegende geheimnisvolle Vorbedeutung zu ahnen. Und Wir, die Wir bereits seit zehn Jahren durch Wind und Sturm, unter dem Wüten der Orkane das Schifflein Petri steuern, das rast- und ruhelos zwischen den Klippen hin- und her geworfen wird, fühlen Uns gestärkt in der Erinnerung an sein Vorbild: Er war in diesem Leben wirklich „der Hohepriester, der in seinen Tagen Gott gefiel und gerecht erfunden wurde“; und jetzt läßt er aus der ewigen Ruhe der himmlischen Glorie auf den geringsten seiner Nachfolger einen milden, aber kraftvoll wirkenden Lichtstrahl hernieder steigen, der Uns mit Trost, Mut und Zuversicht erfüllt.

Furchtlosigkeit: die vorzügliche Eigenschaft eines Papstes

106 Die heilige Liturgie zeichnet in kraftvoller Verkürzung in einer kleinen Antiphon die Gestalt eines Papstes im Geist und nach dem Herzen des göttlichen Meisters, eines Papstes, der ganz erfüllt war von der Schwere seiner Sendung und seiner Verantwortung: „Dum esset Summus Pontifex, terrena non metuit“ – „während er Papst war, bangte er vor nichts auf Erden“.

107 Dieses „terrena no metuit“ – „er bangte vor nichts auf Erden“ ist der Wesenszug, der das Leben und Wirken aller großen Päpste in sich begreift, der Wesenszug, den die Kirche allen heiligen Päpsten als Ehrentitel geben wollte. Wir haben es vom ersten Augenblick an, da Wir trotz Unserer Unwürde in ihre Reihe berufen worden waren, als ständige Mahnung empfunden, Wir haben es zu dem Hochziel gemacht, nach dem Wir mit allen Unseren schwachen Kräften streben sollen: inmitten einer Zeit, so aufgewühlt und aufwühlend wie die gegenwärtige, wo Wahrheit und Irrtum, Gottesglaube und Gottesleugnung, die Herrschaft des Geistes und der Vorrang der Materie, Menschenwürde und Entwürdigung des Menschen, sinnvolle Ordnung und sinnloser Wirrwarr über die ganze Welt hin in einem Entscheidungskampf stehen, kann die Sendung der Kirche und ihres sichtbaren Hauptes sich nur im Zeichen dieses „terrena non metuit“ segensvoll entfalten und vollenden.
Sich fürchten? Wovor denn? Sind Wir nicht stark? Können Wir etwa den Zusammenstoß zwischen den Freunden und Feinden Christi nicht bestehen? Die Kirche leidet beim Gedanken an das Böse, das ihre Gegner sich selbst antun, beim Gedanken an das Übel, das sie so vielen einfachen, schwachen, unwissenden Seelen, denen sie Anlass zu Ärgernis und Verderbnis werden, zufügen. Für sich fürchtet die Kirche nicht. Im Gegenteil, ein derart tief inneres Empfinden ihrer Sicherheit läßt den Eifer der Christus-Jünger nur noch mehr entbrennen und das Bewusstsein ihrer Kraft nur noch lebendiger und tiefer sich in ihnen verankern.

Heilsames Erwachen

109 Im Zwielicht mochte sich für den oberflächlichen Blick die Scheidungslinie zwischen den beiden Lagern verwischen. Die hellen Strahlen der Wahrheit haben sie gerade in den Punkten genau abgezeichnet, wo sie am unklarsten schien. Jeder, der auf dem Grund seiner Seele noch einen Rest von christlichem Bewusstsein bewahrt, muss jetzt aufwachen. Dies Erwachen wird die sorglose Ruhe derer empfindlich aufrütteln, die das klare Licht der Wirklichkeit unerbittlich auf Verzicht und Umstellung hinweist, woran sie in ihrem Halbschlummer nicht gedacht hatten und denen sie sich nunmehr unmöglich entziehen können. Es ist aber doch ein heilsames Erwachen, weil es Energien auslöst, die bis dahin gebunden und gleichsam betäubt waren zum großen Schaden der einzelnen wie der Gemeinschaft.

110 Die Gesinnungen, Entschlüsse und taten, die aus diesem Erwachen hervor quellen, beschränken sich nicht auf die irrtümlich so genannte „rein religiöse Sphäre“, womit die Abriegelung jedes Eindringens in das öffentliche Leben gemeint ist. Ihr Gegenstand begreift im Gegenteil auf dem profanen, ob nationalem oder internationalem Gebiet, jede Frage in sich, die sittliche Bewandtnis aufweist, jede Frage, in der es um die Entscheidung für oder wider Gott geht, mit einem Wort jede Frage, die ausgesprochen oder unausgesprochen die Religion berührt.

111 In diesen Gesinnungen, Entschlüssen und Taten wahren die katholischen Kräfte sich auch ihre Unabhängigkeit gegenüber den politischen Richtungen und Gruppen. Sie können manchmal einen dem ihrigen parallelen Kurs verfolgen, insoweit gemeinsame Belange dies nahelegen, einen parallelen, keineswegs mehr, keine Gleichschaltung und keine Unterordnung.

112 Diese Gesinnungen, Entschlüsse und Taten bilden die feste Front des christlichen Gewissens, um rechtzeitig an entscheidender Stelle dem Vordringen des religiösen Nihilismus, den Gewalttätigkeiten der rohen Macht, der Entheiligung der menschlichen Persönlichkeit und Würde, den Angriffen auf die menschliche Gemeinschaft und deren Verzerrungen Einhalt zu gebieten. –
aus: Utz OP/Groner OP, Aufbau und Entfaltung des gesellschaftlichen Lebens, Soziale Summe Pius XII., Bd. I, 1954, S. 48 – S. 50

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