Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Moab
Moab, im Alten Testament
1. Name eines Stammvaters, des Sohnes Lots von seiner älteren Tochter (Gen. 19, 37);
2. eines von diesem abstammenden Volkes (zuerst Ex. 15, 15 u. ö.), sonst Moabiter genannt (Gen. 19, 37);
3. des von letzteren bewohnten Landes (Gen. 36, 35), welches in der Vulgata gewöhnlich regio Moabitis heißt (Ruth 1, 1). –
Die Moabiter erwuchsen gemeinschaftlich mit den Ammonitern in dem Gebirge südöstlich vom toten Meer (Gen. 19, 38) zu einem Volk und zogen mit diesen ihren Stammverwandten nordwärts. Mit ihnen teilten sie sich so in das Land zwischen Arnon, Jabboc und Jordan, daß sie selbst die südliche Hälfte bewohnten. In der Folge aber schoben sie die westjordanischen Amorrhäer oder Amoriter, welche von den neu angekommenen Philistern gedrängt wurden und eine andere Heimat suchten, zwischen Ammoniter und Moabiter ein, so daß letztere genötigt waren, südwärts zu ziehen; so erhielten die Moabiter das fruchtbare Bergland jenseits des Arnon als dauernden Wohnsitz. Als ihre Südgrenze ist der Zared anzusehen, mag derselbe mit dem Is. 15, 7 genannten Weidenbach identisch sein oder nicht. Nach den früheren Besitzern behielt auch die Ebene am Jordan, welche Jericho gegenüber lag, immer den Namen „Gefilde Moabs“ (campestria moab).
Das eigentliche Moab aber war mit Bergen ausgefüllt, von denen in der heiligen Schrift mit Namen nur der Peor oder Phogor (Num. 23, 28) und der Abarim (Num. 21, 11) angeführt werden. Aus dem neu besetzten Land vertrieben oder vernichteten die Moabiter dessen semitische Urbewohner, die Enim (Deut. 2, 11 u. 20), und traten das Erbe von deren Kultur an. Ohne Zweifel nämlich waren dieselben bereits seßhaft und sind als die Urheber der unzähligen Steindenkmale jeder Art anzusehen, welche noch heute im alten Land Moab vorhanden sind. Jedenfalls wurden die Moabiter in dem bezeichneten Land ein Ackerbau treibendes Volk, ohne deswegen die Viehzucht zu vernachlässigen; denn zu Beidem bot ihnen das Land reiche Gelegenheit. Nur nach Westen hin fällt das Gebirge schroff und steilwandig in das tote Meer ab; nach Osten hin bildet dasselbe eine allmählich sich senkende Hochebene, eben die regio Moabitis. Sowohl die vielen Täler als auch der Rücken dieser Hochebene sind überaus fruchtbar; Moab konnte daher die Fremden ernähren, wenn draußen Hungersnot herrschte (Ruth 1, 1); es war reich an Wein und Obst (Is. 16, 8 u. 10), und die Triften waren mit zahllosen Schafherden bedeckt, so daß ihnen ein solcher Tribut aufgelegt werden konnte, wie 4. Kön. 3, 4 angegeben ist.
Aus allem diesem erklärt sich das frühe Vorkommen und die große Menge von Städten in Moab. Hauptstadt war Ar; südwestlich davon lag Kir Moab (murus Moab), an der Stelle des heutigen Kerek, weiter Dibon, Hesebon Aroer; außerdem wird Is. 15 und Jer. 48 noch eine Reihe von weniger bekannten Städten genannt. So weit geschichtliche Kenntnis reicht, waren die Moabiter von Königen regiert, Frühzeitig erscheinen sie einem abscheulichen Götzendienst verfallen. Ihre nationale Gottheit war Chamos, wohl nur eine andere Gestaltung des kanaanitischen Baal und, insofern er auch von den Ammonitern verehrt wurde (Richt. 11, 24), des ammonitischen Moloch. Wie letzterem, so wurden auch Chamos Menschenopfer dargebracht (4. Kön. 3, 27; Am. 2, 1), und wie Baal erscheint auch Chamos unter dem Namen Baal Peor (Beelphegor) als Gegenstand eines unzüchtigen Kultus, bei welchem Jungfrauen ihre Unschuld preisgaben. Das, was Num. 25, 1 u. 2 von den Moabiterinnen erzählt wird, zeigt deutlich, welchen Einfluss ein solcher Götzendienst auf die Sitten des Volkes geübt hat. –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 8, 1893, Sp. 1671- Sp. 1672