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Irrlehren

Bayle

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Bayle

Bayle, Pierre, Philosoph, Historiker, Journalist, * 18.11.1647 zu Carlat-le-Comte (Comté de Foix) bei Pamiers (Denkmal), † 28.12.1706 zu Rotterdam. Empfing die erste Bildung durch seinen Vater, den calvinistischen Prediger Jan Bayle, und auf der Akademie zu Puylaurens, die philosophische besonders bei den Jesuiten in Toulouse. Hier wurde er 1669 katholisch, wandte sich aber schon nach 17 Monaten zur reformatorischen Kirche zurück. Dann zuerst (1670) aus Furcht in Genf, weiter an verschiedenen Orten, zuletzt in Paris als Erzieher tätig, wurde er 1675 an der protestantischen Universität in Sedan Professor der Philosophie, nach Unterdrückung der Anstalt 1681 Professor der Philosophie und Geschichte zu Rotterdam. 1693 religiös verdächtig der Stelle enthoben, lebte er dort, von Shaftesbury unterstützt, ganz der Schriftstellerei, auch der politischen und theologischen, sowie dem Kampf gegen Jurieu und andere Feinde, bis ihn ein Brustleiden dahin raffte.
Unfähig zu eigenen Gestalten, aber ein Vielleser, schwankt er von Scholastik und Aristotelismus seit Genf zum Kartesianismus hinüber, aber auch diesem setzt er skeptische Argumente entgegen und liebäugelt mit Gassendi, auch Leibniz, den er wieder befehdet. Aber sein besonders durch Montaigne und Altertum beförderter unklarer und unsicherer Skeptizismus ist durch den altprotestantischen Grundsatz des Widerspruchs zwischen Vernunft und Glauben verschärft, so daß auch den Deisten die Übervernünftigkeit der Religion bestritten und deren Widervernünftigkeit behauptet wird. Überstrenge Erziehung und die Nachwirkung von Krankheiten seiner Jugend machen ihn zum Eigenbrödler trotz der Neigung, zwischen Literaten zu vermitteln. Mit Bodin, auch Locke teilt er die Idee der Toleranz. Die heute noch geläufigen Gründe zu Gunsten der Atheisten (Atheisten-Staat) finden sich schon bei ihm. Vernunft-Zusammenhang fordert er vor allem für das sittliche Leben, obwohl ihm die Willens-Freiheit mysteriös erscheint. Seine Methode fördert Antinomien und bereitet so Kant vor. Für geschichtliche Dinge hat er Sinn. Seine Artikel über Philosophen des 15. – 17. Jahrhunderts sind heute noch Fundgruben. Die Schärfe seiner Kritik an allem Positiven, vor allem am Kirchlich-Dogmatischen, ein Niederschlag fast aller damaligen theologischen Streitigkeiten, war unheilvoll, nicht nur für viele Zeitgenossen, sondern für die nachfolgenden Jahrhunderte (Voltaire, Rousseau, Materialisten, Sainte-Beuve 1835, L. Feuerbach 1838, D. Friedrich Strauß u.a.). Gegen ihn und Voltaire schrieb Cl. A. Nonotte seine Dictionnaire philosoph. de la religion.

Seine Werke sind alle auf dem Index. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. II, 1931, Sp. 69 – Sp. 70

Tags: Häretiker
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