Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Jurieu
Jurieu, Pierre, 3 Jahrzehnte lang der streitbarste und mächtigste Kontroversist des strengen Calvinismus gegen andere protestantische Richtungen und besonders gegen die katholische Kirche, * 24.12.1637 zu Mer (Dep. Loir-et-Cher), hier und in Vitry-le-Francois Pastor, 1674 Professor für Theologie und Hebräisch in Sedan, 1682 bis zum Tode 1713 Professor und Prediger in Rotterdam, wo er als Agent Englands und Wilhelms IV. gegen Frankreich schürte und literarisch dem Bürgerkrieg vorarbeitete, unter anderem durch seine Vertragshypothese, wonach die Volkszustimmung die Grundlage der Autorität in Staat und Kirche sei. Er setzte sich, teilweise maßlos, mit Bossuet, Nicole, Arnauld, Maimbourg, dem Calvinisten L. du Moulin (seinem Oheim), Leblanc de Beaulieu, Burg, Bayle, Sozinianern u.a. auseinander, hauptsächlich über den Kirchenbegriff, die innerprotestantischen Unions-Bestrebungen, die Eucharistie, die Wirksamkeit der Taufe, die politischen und theologischen Rückführungs-Versuche an den Hugenotten. Hauptschriften: L´histoire du calvinisme et du papisme (1683); das von Bayle ätzend ironisierte Accomplissement des prophéties (1686), das den allgemeinen Sieg des Protestantismus auf 1689 vorhersagte und den Aufstand der Kamisarden mit verschuldete; die Aufsehen erregenden Lettres pastorales (1686/89); wissenschaftlich am bedeutendsten die Histoire critique des dogmes et des cultes (1704).
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. V, 1933, S. 723-724