Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Sedulius
Sedulius, mit dem wahrscheinlich erst späteren Beinamen Cälius (zum Unterschied von Sedulius Scottus), altkirchlicher lateinischer Dichter, widmete sich in Italien dem philosophischen Studium, dann dem Unterricht in Metrik, der ihn zu eigenen Schöpfungen heranbildete, schrieb nach innerlich erleuchtenden und erhebenden Gnaden-Erfahrungen etwa 425-450 seine biblisch-geistlichen Werke in Achaja, vielleicht als Priester (vgl. Isidor v. Sevilla, De viris ill. c.20), † nach der Mitte des 5. Jahrhunderts. Sein Carmen paschale (in Hexametern) ist eine große, Christus, das „Osterlamm“, fromm, würdevoll und hell feiernde Dichtung; ihm ließ er auf Anregung eines Presbyters Macedonius eine Umarbeitung in rhetorischer Prosa als Opus paschale folgen (beide je in 5 Büchern, hrsg. Von einem hohen Sedulius-Verehrer 494). Im Carmen paschale ist neben dem langen feierlichen Gebet (lib. I 60/102) liturgie-geschichtlich besonders denkwürdig lib. II 63-69 als ältestes Beispiel einer unmittelbaren lateinisch-hymnischen Anrede an Maria:
Salve, sancta parens, enixa puerpera regem,
Qui caelum terramque tenet per saecula, cuius
Numen et aeterno complectens omnia gyro
Imperium sine fine manet, quae ventre beato
Gaudia matris habens cum virginitatis honore
Nec primam similem visa es nec habere sequentem;
Sola sine exemplo placuisti femina Christo.
Das 1. Verspaar bildet im römischen Meßbuch die Introitus-Antiphon verschiedener Marienmessen, die beiden Verse Gaudia – sequentem erscheinen in der 2. Antiphon der römischen Weihnachts-Laudes. Im Brevier (im römischen verändert) lebt Sedulius fort durch 2 Strophen-Gruppen eines kristallklaren abecedarischen Hymnus über das Leben Christi A solis ortus cardine an Weihnachten und Hostis Herodes impie an Epiphnanie. Bemerkenswert ist darin namentlich Nr. 3/5 (Clausae parentis viscera usw.; Domus pudici pectoris usw.; Enixa est puerpera usw.) als älteste ausführlichere lateinische Dichtung auf die Gottesmutter. Ein weiterer Christushymnus verläuft in 55 Distichen. Sedulius war im Mittelalter noch sehr lebendig (vgl. Manitius I-III). Sein Haupterklärer ist Remigius v. Auxerre um 900.
Sedulius Scottus, Dichter und Schriftsteller irischer Abstammung, kam um 848 zu Bischof Hartgar nach Lüttich, begründete hier mit andern Landsleuten eine irische Kolonie, die für den späteren kulturellen Aufschwung Lüttichs von großer Bedeutung wurde; nachher auch in Köln bei Bischof Gunther; seit 858 verliert sich seine Spur. Unter seinen Zeitgenossen ragt Sedulius durch Kenntnis des Griechischen hervor. Er stand bei Kaiser Lothar I. Und dessen Familie und vielen andern, wie dem Markgrafen Eberhard v. Friaul, in großer Gunst und pries sie in Gedichten. Wohl für Ludwig II. oder Lothar II. verfaßte er einen „Fürstenspiegel“ De rectoribus christianis: eine moralisierende Unterweisung über die Pflichten des Herrschers als „Vikars Gottes in der Regierung seiner Kirche“. Ferner schrieb er Proverbia Graecorum (lateinische Spruchsammlung), ein Collectaneum (Blütenlese aus klassischen und christlichen Autoren), Kommentare zu Paulus und zu Matthäus.
Sedulius, Heinrich, OFM, eigentlich Heinrich de Vroom, *1549 zu Kleve, trat zu Löwen in den Orden, war 1578-80 Professor der Theologie zu Innsbruck, darauf 1. Provinzial der Tiroler Provinz, kehrte 1584 in die Niederlande zurück, war 2mal Provinzial, zuletzt 1618 Generaldefinitor der Observanten, †1621 zu Antwerpen. Werke: Hist. Seraphica (Antwerpen 1613), darin auch S. Bonaventurae De vita S.P.Francisci (ebd. 1597) und Vita S. Ludovici episc. Tolosani (ebd. 1602 u. 1700; ActaSS Aug. III 1737 806/22); Apologeticus adv. Alcoranum Franciscanum (ebd. 1607; gegen Erasmus Alber). –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IX, 1937, Sp. 399 – Sp. 400