Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Grosseteste
Grosseteste (Greathead, Capito), Robert, vielseitiger Gelehrter und Sittenreformer, * ca. 1175 zu Stradbrook (Suffolk), † 9.10.1253; erwarb sich in Paris gründliche Kenntnisse des Griechischen, Hebräischen, Aramäischen, war 1205-35 der gefeiertste Lehrer Oxfords, wurde dort Kanzler, 1226 erster Lehrer am Oxforder Minoritenstudium, entsagte 1232 seinen Pfründen außer einer, wurde 1235 Bischof von Lincoln, visitierte und reformierte sein Bistum, verteidigte siegreich seine Rechte gegen das Kapitel, setzte es durch, daß die Klöster den Vikaren ihrer inkorporierten Pfarreien ein anständiges Gehalt auswarfen, widersetzte sich der übermäßigen Besteuerung des Kirchenguts durch die Päpste und den König, berief sich gegenüber Innozenz IV. in der berühmten Rede De corruptelis ecclesiae (1250) zu Lyon auf seine Hirtenpflicht, die ihm nicht erlaube, dessen Neffen eine Pfründe zu gewähren, und wurde von den Kardinälen gegen den Papst verteidigt. Zwischen Welt- und Ordensklerus suchte er ein gutes Einvernehmen herzustellen, war ein Freund Simon von Montfort, des Vorkämpfers für die Verfassung, und ein besonderer Gönner der Franziskaner. Grosseteste kommentierte Aristoteles (Analyt. Post., Sophist. Elenchi, Physik), übersetzte und erklärte teilweise dessen Ethik sowie die Schriften des Pseudo-Dionysius und des Johannes Damascenus. Bedeutend waren auch seine philosophischen, besonders natur-philosophischen Schriften, die es laut Roger Bacon verstanden, „per potestatem methematicae causas omnium explicare“. In der Erklärung der Natur folgt Grosseteste dem hl. Augustinus und dem arabischen Neuplatonismus (Lichtmetaphysik), in erkenntnis-theoretischen und metaphysischen Fragen (Wahrheits-Begriff und Willensfreiheit) vor allem Augustinus.
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IV, 1932, S. 712