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Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Michael Cärularius

Michael Cärularius (Kerullarios), beschränkter Halbwisser mit neuplatonischem Einschlag, gefährlicher politischer Intrigant, als verbissener Lateinerfeind populär. Missglückter Revolutionär (1040), als Mönch gerettet. Obwohl noch Laie, wurde er durch seinen früheren Mitverschworenen, den neuen Kaiser Konstantin IX. Monomachos, zum Patriarchen v. Konstantinopel ernannt und am 25.3.1043 geweiht. Er fand schismatische Zustände, wie die Streichung des Papstes aus den Diptychen, bereits vor.

Die zähen Versuche (seit 1050) des „reichsfeindlichen“ italischen Katapans Argyros, Byzanz in einen Waffenbund mit dem verhassten Alt-Rom und dem westlichen Konkurrenzreich gegen die Normannen-Horden einzugliedern, hatten neben dem vollständigen politischen Umbruch auch die kirchliche Union zur Voraussetzung. Noch mehr brachte den Patriarchen der Feldzug des Papstes Leo IX. Frühjahr 1053 gegen die Normannen in den teilweise (auch kirchlich) noch griechischen Provinzen Unteritaliens auf. Er durchkreuzte die „Entente“ durch brutale Angriffe auf die lateinischen Kirchen und Klöster der Hauptstadt; die Klöster wurden unter schweren Sakrilegien aufgehoben.

Der Patriarch hielt heftige Reden gegen die „jüdischen“ Azymen der Lateiner, ihr „pharisäisches“ Sabbat-Fasten, ihr „heidnisches“ Blutessen u.a. Sein Kampfmaterial bot er auch dem bulgarischen Metropoliten Leo v. Achrida für die maßlose Enzyklika an die Lateiner dar, die an Johannes v. Trani adressiert wurde. Kardinal Humbert von Silva Candida antwortete gelehrt und geistvoll, aber schneidend unter dem Namen Leos IX. auf die einzelnen Anwürfe wie auf die tiefer liegende Frage des Primats. Nach dem scheinbar gelungenen politischen Versöhnungs-Versuch des Kaisers Konstantin IX. ging Humbert selbst mit Friedrich v. Lothringen (Stephan IX.) an den Bosporus. Schon bei der 1. Audienz stieß er mit dem Patriarchen zusammen, der griechische Devotion erwartete und sich noch mehr durch die fast sämtlich überreichten Kampfschriften verletzt fühlen konnte, die der neuen Lage nicht Rechnung trugen.

Michael Cärularius brach völlig mit den Legaten, schickte den greisen Niketas Paktoratus zum literarischen Kampf vor, bearbeitete ständig das Volk in Reden über das „häretische“ Filioque und entzog den Legaten nach ihrer siegreichen Disputation im Kloster Studion (24.6.1054) auch die Befugnis der Zelebration in den griechischen Kirchen. Verzweifelnd legten die Römer in Gegenwart des Volkes und ihres kaiserlichen Schirmherrn die Bannbulle, die ihrerseits mit ungerechten Vorwürfen gespickt war, auf den Altar der Sophienkirche nieder und reisten ab.

Michael fälschte die Bulle und peitschte das Volk gegen Kaiser und Legaten auf, die er zurückgeholt hatte und lynchen lassen wollte. Als der Anschlag misslang, schleuderte er am 21. und 24.6.1054 das Anathem zurück, fertigte ein Semeioma aus, das alle Schuld auf die „Sendlinge des Argyros“ abwälzte, schickte den Auszug daraus (Enzyklika) an den ganzen Orient, dazu noch einen Sonderbrief an den irenischen Patriarchen Petrus III. v. Antiochien, und sammelte für Abschwörungen die Skizzen seiner Schmähreden in der schwerlich unechten Panoplia.

Hauptverschwörer gegen Michael VI. Stratiotikos, der am 31.8.1057 gestürzt wurde, bedrohte er auch sein „Geschöpf“ Isaak Komnenos mit Absetzung, wurde aber 8.11.1058 außerhalb der Stadt überrascht und erlag der Aufregung auf dem Transport vor Weihnachten 1058 zu Madyta (Marmora), nachdem Michael Psellos schon eine umfangreiche, spitzige Klageschrift amtlich ausgefertigt hatte. Das Schisma, das M. C. erheblich verschärfte, blieb bestehen. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VII, 1935, Sp. 165 – Sp. 166

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