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Altes Testament

Israelitische Religion

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Israelitische Religion

Durch seine Religion ist Israel zum Erzieher und Wohltäter der Menschheit geworden (Siehe: Judentum und Christentum). Sie ist nach Inhalt und Entwicklung etwas Einzigartiges in der antiken und orientalischen Welt.

1) Gotteslehre

Charakteristisch gegenüber den andern altorientalischen Religionen ist der strenge Monotheismus. Zunächst noch mehr naiv-praktisch und so dem Volk auch immer als verpflichtend vorgestellt (Alleinverehrung Jahves: Ex 20, 2f; Dt. 6, 4f.; Os 13, 4; 12, 10), im Laufe der Entwicklung aber, besonders durch die Propheten, immer mehr metaphysisch unterbaut und ausgebaut zum absoluten sittlich Monotheismus (vgl. Is. 43, 11; 44, 6 u. 8; 45, 5 u. 18; Ps. 82, 19). Dieser Gott hat sich mit Israel zu einem bestimmten Zeitpunkt durch die Bundesschließung am Sinai (Ex. 24) verbunden. Es gab also eine Zeit, wo dieses besondere Gottesverhältnis noch nicht bestand. Im Gegensatz dazu sind bei den andern Religionen des vorderen Orients die Völker naturhaft mit dem Landesgott verbunden; Israels Gottesverhältnis aber beruht auf einem freien Akt der Gnade seines Gottes, ist darum auch jederzeit lösbar. Israels Religion ist Offenbarungs- oder Stiftungsreligion (Dt. 7, 6-8; 14, 2; 26, 18; Ps. 134, 4; 113, 2; Os. 9, 10; 12, 10; Am. 3, 2; 9, 7; Jer. 2, 2f.; Ez. 16, 4-6; 20, 5)

Zwar ist der Gott damals dem Volk nicht als etwas ganz Neues entgegengetreten; er ist der Gott von den Vätern her (Ex. 3, 13ff.; 6, 2ff.; Gn. 12, 3;; 15, 17ff.; vgl. 26, 24; 28, 13f.; Jos. 24, 2f.). Aber am Sinai ist er auf Grund der Bewährungstat der Befreiung aus „dem Hause der Knechtschaft Ägyptens“ ihm aufs Neue nahegebracht worden (Ex. 6, 3). Israels Gott steht so seinem Volk ganz anders als die sonstigen altorientalischen Götter ihren Völkern gegenüber. Er ist nicht aus dem Volk gewachsen als Personifikation der in Natur und im Volksleben wirkenden Mächte. Er ist freie, sittliche Persönlichkeit, die Sittlichkeit weckt und Sittlichkeit fordert (vgl. das Grundgebot im Dekalog als unerlässliche Bedingung des Bundesverhältnisses: Ex. 20, 1ff.; 34, 14ff.;Dt. 5, 6ff.) Der Erwählungsglaube ist Gnade und Verpflichtung zugleich. –

2) Verhältnis des Menschen zu Gott

Der Pflichtenkreis gegen Gott ist durch den positiven göttlichen Willen besonders geregelt, durch das Gesetz Israels zusammengefasst. Darauf, daß die in der Hauptsache schon aus dem allgemeinen Prinzip der Religion sich ergebende Pflicht, Gott zu ehren, dem Nächsten kein Unrecht zu tun und das eigene Triebleben vernünftig zu beherrschen, als positive göttliche Forderung dem Volke auferlegt wird, beruht die einzigartige Verbindung von Religion und Sittlichkeit in Israel.

Als „heiliges“, d. h. Jahve zugehöriges und geweihtes Volk ist es auf die Gesetze verpflichtet; religiös sein heißt, den Willen Jahves im Gesetz erfüllen. So werden im Heiligkeitsgesetz Lv. 17-26 die kleinsten Forderungen durch den Hinweis begründet: „Denn ich bin Jahve, euer Gott“ (Theokratie).

Israels Religion ist Kultusreligion

Im Einzelnen umfasst das Gesetz die Pflichten der Gottes- und Nächstenliebe (Dekalog). Die sozialen Verpflichtungen sind besonders im sogenannten „Bundesbuch“ (Ex. 20, 22-23,33) und in Teilen des Deuteronomiums enthalten. Dazu kommen Zeremonial- und Ritualgesetze, wie Einrichtung der Kultusstätte (Ex. 25-27 u. 30 u. Parallelen); Priestergesetze (Ex. 28 u. 29 u. Parallelen); Festgesetze: Verpflichtung zum 3-maligen Erscheinen im Jahr vor Jahve (Ex. 23, 14-17; 34, 18ff), die 3 großen Jahresfeste (Lv. 23; Nm. 28 u. 29; Dt. 16); Opfergesetze (Lv. 1-7) und Reinheitsgesetze, namentlich das sog. Heiligkeitsgesetz. Besondere israelitische Gesetze sind das Sabbatgebot und die Beschneidung. Beide galten hauptsächlich in der späteren Zeit als „Zeichen“ der Zugehörigkeit zum Volk Jahves (Ez. 20, 12). Dann noch die Speisegesetze (LV. 11; Dt. 14). So war Israels Religion in hervorragender Weise Kultusreligion.

Sie erfasste den ganzen Menschen, um ihn zu heiligen und „dem Herrn ein gerüstetes Volk zu bereiten“. Gegen das Abgleiten in bloß äußerlichen Kultusbetrieb kämpften die religiösen Führer, an erster Stelle die Propheten, deren Einfluss auch später immer lebendig blieb (Ps. 49, 8-14; 50, 18-19; Spr. 15, 8; 21, 3; 28, 9; Prd. 4, 17; Sir. 34, 21-29; 35, 1ff.; Jth. 16, 17).

3) Die Eschatologie,

ein integrierender Bestandteil, ergab sich durch die Idee der Erwählung von selbst, deren Zweck ja die Verwirklichung des Reiches Jahves, „das kommende“, war (GN. 12, 3). Israels Religion war Zukunftsreligion, von Anfang an mit der Zukunftshoffnung verschwistert. Das „Kommen“ war zunächst rein national gefasst als Verherrlichung und Sieg des Volkes Jahves. Von selbst aber mussten auch die Völker in diese Erwartung einbezogen werden (Gn. 12, 3; 18, 18; 22, 18; 49, 10-12; Is. 2, 2-4 = Mich. 4, 1-4). Die Propheten besonders haben die einseitig auf Israel eingestellten Erwartungen durch sittliche Durchdringung auf das richtige Maß zurückgeführt und weiter vertieft (Is. 9, 1-6; 11, 1-9; Jer. 23, 5f.; Ez. 34).

Später entwickelte sich die universale Eschatologie: der Eintritt des neuen Reiches fällt mit dem „Ende der Tage“ schlechthin, mit dem Gericht über die Völker und der Erneuerung der Welt zusammen (Ausbildung der Apokalyptik). Aber auch hier bleibt als letztes Ziel immer die Verwirklichung des erwarteten Endgeschicks Israels. Das Gericht vollzieht sich mit dem Völkersturm auf Jerusalem; der Erfolg ist das neue Jerusalem und die Anerkennung Jahves als des Gottes v. Sion (vgl. Zach. 14; Abd. 16-21; Joel 3 u. 4; Dn. 7).

Inmitten dieser beiden Erwartungen steht die Person des Heilsmittlers und Trägers des neuen Reiches, des Messias: ebenfalls ein israelitisches Sondergut, das bei keinem andern altorientalischen Volk sich findet. Nur die Bilder, womit Kommen und Wirken des Messias geschildert wird, sind meist dem Idealbild des altorientalischen Königs entnommen und auf jenen übertragen (Gn. 49, 10-12; Nm. 24, 17; Is. 9 u. 11; Ez. 34; PS. 2 u. 71 u. 109). Dazu wurde noch das Bild des für sein Volk leidenden Heilskönigs eingefügt (Is. 52, 13 – 53, 12). –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. V, 1933, Sp. 647 – Sp. 649

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