Als-Ob-Philosophie

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Als-Ob-Philosophie

Als-Ob-Philosophie, ein von Hans Vaihinger ausgebautes logisch-erkenntnis-theoretisches System, dessen Zentralbegriff das „Als-Ob“ oder die „Fiktion“ ist (Fiktionalismus). Die Grundlage bildete ein „kritischer Positivismus“ mit starken Anklängen an den Pragmatismus: Vorstellen und Denken bedeuten und bezwecken kein abbildhaftes Erkennen eines Objekt-Wirklichen, sondern nur eine für das Leben zweckmäßige Orientierung in der Welt der Phänomene (Denken als Instrument des Handelns). Erkenntnis-theoretisch ist alles angebliche Erkennen, ebenso wie die Grundbegriffe aller Wissenschaften, fiktiv. Dieser phänomenalistische Positivismus wird dadurch zum „Idealismus“, daß auch der Begriff eines „Dinges an sich“ als Fiktion behandelt wird. – Die logische Betrachtung dieser Fiktionen (im weiteren Sinn) unterscheidet dann wieder ein „objektives“ Denken, das direkt das Empfindungs-Material betrifft (z.B. die Induktion), und die „reinen“ Fiktionen (Fiktionen im engeren Sinne), welche, indirekt vorgehend, sich zur gegebenen Empfindungswelt zunächst in Widerspruch setzen. Die letzteren zerfallen dann noch in die „eigentlichen“ Fiktionen, die auch in sich widerspruchsvoll sind, und die „Halbfiktionen“, bei denen dies nicht vorliegt.
Vaihingers Verdienst, die methodische Bedeutung der Fiktion in helleres Licht gerückt zu haben, wird durch die unzulässige Ausweitung ihres Begriffs und den allenthalben herein spielenden idealistischen Positivismus stark geschmälert. Sein Standpunkt hebt sich übrigens selbst auf, da auch das fiktionalistische Denken nicht anders als fiktiv sein kann. Die Bedeutung der „Als-Ob-Philosophie“ gegenüber dem religiösen Denken liegt zunächst darin, daß der Fiktionalismus (wie der Pragmatismus) in erkenntnis-theoretischer Hinsicht auch allen religiösen Vorstellungen folgerichtig die Objektivität absprechen und ihren Sinn auf ihre praktische Brauchbarkeit herabdrücken muß. In logischer Hinsicht nimmt der Fiktionalismus eine unstatthafte Gleichsetzung zwischen religiösen Begriffen, Dogmen, Analogien, Gleichnissen, Symbolen und Gebräuchen einerseits und den Fiktionen (im engeren Sinne) anderseits vor. Für die Religionsgeschichte ist schließlich das sog. „Gesetz der Ideenverschiebung“ zu beachten, das besagen will, daß in aller Geistesgeschichte sich die Fiktionen allmählich zu Hypothesen und Dogmen entwickeln, ein Weg, der dann später oft in umgekehrter Richtung durchlaufen werde; die Anwendung dieses „Gesetzes“ auf die Religions-Geschichte geschieht in der unbegründeten Voraussetzung, daß alles religiöse Denken mit Fiktionen (im engeren Sinne) anhebe. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. I, 1930, S. 292 – S. 293

Buch mit Kruzifix
Pietismus
Buch mit Kruzifix
Pragmatismus

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Proterius

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Proterius Proterius, hl., rechtgläubiger Patriarch von Alexandria, früher Archipresbyter, wurde nach der Absetzung des Dioskur 451 von den „nobiles civitatis“ unter starkem Widerstand des Volkes zu dessen Nachfolger gewählt; hatte auch später stets eine…
Buch mit Kruzifix

Otto I.

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Otto I. der Große, deutscher Kaiser Otto I. der Große, deutscher Kaiser 936 bis 973 * 912 als Sohn Heinrichs I. und Mathildens, † 7.5. 973 zu Memleben. In bewusster Anknüpfung an das karolingische…
Buch mit Kruzifix

Deismus

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Deismus Deismus, das System einer natürlichen Religion, die als kritischen Maßstab für alle positive Religion gewertet wird, daher grundsätzlich eine Offenbarung im strengen Sinn des Christentums ablehnt. I. Geschichte. Wurzel des Deismus ist das…
Buch mit Kruzifix

Heinrich IV.

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Heinrich IV., deutscher Kaiser Heinrich IV., * 11.11.1050, folgte seinem Vater Heinrich III. 1056, † 7.8.1106. Nach der schwachen Vormundschaft seiner französischen Mutter Agnes, der er durch die Entführung von Kaiserswerth 1062 entrissen wurde,…
Buch mit Kruzifix

Abtreibung

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Abtreibung Abtreibung (Abortus), die direkte, gewaltsame Entfernung des noch nicht lebensfähigen Fötus (also vor dem 7. Schwangerschaftsmonat) aus dem Mutterleib. Nicht damit zu verwechseln ist der durch den Gebrauch der für die Mutter notwendigen…

Weitere Lexikon-Beiträge

Es wurden keine Ergebnisse gefunden, die deinen Suchkriterien entsprechen.