Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Utilitarismus
Utilitarismus, Nützlichkeitsmoral, die das Sittliche dem Nützliche gleich setzt: sittlich gut ist, was nützt, sittlich schlecht, was schadet (Utilitäts-Prinzip). Dabei kann bald der Nutzen des Einzelnen, bald jener der Gemeinschaft (Familie, Volk, Staat, Menschheit) in Anschlag gebracht werden. So tritt der Utilitarismus auch in vielen Abstufungen auf, angefangen vom engherzigen Egoismus des Einzelnen bis zu einem Altruismus, der nur für das Wohl der Gemeinschaft lebt. Gemeinsam ist allen seinen Formen, daß immer der Mensch äußeren Erfolgen dienstbar gemacht wird, daß das sittliche, die sittliche Forderung, nicht als etwas vom äußeren Erfolg Unabhängiges über allem äußeren Geschehen steht, sondern alle Pflichterfüllung, alle Tugend, nur dem Nutzen dient, während das Schlechte nicht um seiner selbst willen verworfen, sondern nur wegen seiner schädlichen Folgen verurteilt und abgelehnt wird.
Diese ethische Auffassung schiebt Gott ganz beiseite. Der Utilitarismus hat von jeher alle Materialisten zu Anhängern gehabt. Von seinen Verfechtern seien neben Epikur die neueren Philosophen Hobbes, Bentham, Mandeville, H. Spencer, Aug. Comte und John Stuart Mill genannt. Er wurde ausdrücklich bekämpft von I. Kant, J. G. Fichte und Fr. Nietzsche, natürlich auch von der christlichen Ethik. Mag diese auch nützliche Folgen des Guten, wie Gewissensruhe, äußeren Frieden, Wohlstand, Familienglück, ewige Seligkeit, als heilsame Folgen guter Handlungen, dagegen Gewissensbisse, äußere Zerwürfnisse, Zerrüttung der Gesundheit oder des Vermögens, ewige Verdammnis als Folgen schlechter Lebensführung anführen und damit für das Gute bzw. gegen das Böse werben, so kann doch ihr höchster sittlicher Maßstab nie der Nutzen oder Schaden sein, von dem die sittlichen Handlung begleitet ist; das Urteil darüber, ob etwas gut oder böse sei, muss vom äußeren Erfolg oder Misserfolg unabhängig sein. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. X, 1938, S. 463 – S. 464