A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T Ü V W Z

Molinos

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Molinos

Molinos, Miguel de, Verfechter eines extremen Quietismus, *1628 zu Muniesa, südlich v. Saragossa, †1696 zu Rom. Eine wenigstens in ihren Anfängen tief innerliche, fromme Persönlichkeit, mild, freundlich, leutselig, dabei in der patristisch-scholastischen Theologie wohl bewandert, in Coimbra zum Dr. theol. promoviert, erhielt Molinos 3.10.1663 den Auftrag, in Rom für die Seligsprechung des Priesters Simon v. Valencia zu wirken. Hier erwarb er sich bald großes Ansehen als Beichtvater und Gewissensrat von Klosterfrauen Priestern, Ordensleuten, Prälaten, Fürstinnen, selbst mehreren Kardinälen, darunter Ben. Odescalchi, dem nachmaligen Papst Innozenz XI. Sein Ansehen stieg noch mehr, als seine Schrift Guida spirituale (Rom 1675) erschien und in wenigen Jahren mehr als 20 Sprachen übersetzt wurde. Eine spanische Abhandlung des Molinos über die tägliche Kommunion wurde gegen seinen Willen von einem unbekannten Freund ins Italienische übertragen und seit der von Jak. Gertz zu Venedig 1678 veranstalteten Ausgabe mit der Guida spirituale regelmäßig abgedruckt (z.B. Rom 1681, Venedig 1685). Seine ungesunden Grundsätze zeigten sich aber bald in verschiedenen Frauenklöstern. Die Nonnen weigerten sich, Weihwasser zu nehmen, die Hostie zu verehren, vor der hl Kommunion auch bei schwerer Sünde zu beichten, mündliche Gebete zu sprechen, den Versuchungen zu widerstehen; sie schrieben ihre Sünden der Gewalt Satans zu. Molinos lehrte nämlich, die christliche Vollkommenheit bestehe in völliger Ruhe und Passivität der Seele und in einer solchen Hingabe an Gott, daß nicht einmal das Verlangen nach Tugend, Vollkommenheit und Seligkeit, überhaupt kein eigenes Tun und Streben mehr statthabe (oratio quietis, annihilatio). Dieser radikale, alle äußeren Formen des kirchlichen Lebens verneinende Spiritualismus, alsbald Quietismus genannt, mußte Anstoß erregen. Die erste Opposition des Jesuiten Paolo Segneri 1680 wurde teilweise selbst zensuriert. Aber 1685 leitete die Inquisition eine Untersuchung ein, und 1687 zensurierte Innozenz XI. Des Molinos Lehre im allgemeinen und 68 Sätze im besonderen. Sie sind nicht seinen gedruckten Schriften, sondern 20000 Seelsorge-Briefen und mündlichen Äußerungen seiner Anhänger entnommen. Molinos gestand die ihm zur Last gelegten Unsittlichkeiten ein und widerrief seine Lehre; er wurde zu lebenslänglicher Haft in einem Kloster verurteilt.
Über Molinos Verirrungen könnten nur seine Briefe vollen Aufschluß geben; sie liegen versiegelt im Archiv des Hl. Offiziums. Die ursprünglichen 263 Theses damnandae veröffentlicht in Analecta Juris Pont. X 574/94, die 68 verurteilten Sätze veröffentlicht bei Denzinger n. 1221/88 u. Jos. De Guibert, Documenta Ecclesiastica (Rom 1931) 454/75. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VII, 1935, S. 263-264

Segneri
Buch mit Kruzifix
Bilderstreit

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Deismus

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Deismus Deismus, das System einer natürlichen Religion, die als kritischen Maßstab für alle positive Religion gewertet wird, daher grundsätzlich eine Offenbarung im strengen Sinn des Christentums ablehnt. I. Geschichte. Wurzel des Deismus ist das…
Buch mit Kruzifix

Dioskur

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Dioskur Dioskur I., Patriarch von Alexandrien 444-451 Nachfolger des hl. Cyrillus, nahm den verurteilten Eutyches in seine Kirchengemeinschaft auf, betrieb und leitete die Räubersynode von Ephesus (Mansi VI 584 593 600: Brief Leos d.…
Buch mit Kruzifix

Cäsarea

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Cäsarea Name und Beiname vieler Städte im Altertum, als Dank für kaiserlichen Wohltaten (bes. Augustus, Tiberius), mehrere auch Bischofssitze: Cäsarea in Palästina, am Meer gelegen (C. Maritima), als Stratonsturm (daher auch C. Stratonis) Gründung…
Buch mit Kruzifix

Diokletian

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Diokletian römischer Kaiser und Christenverfolger Diokletian, Cajus Aurelius Valerius, römischer Kaiser, * bei Saloma (Dalmatien), arbeitete sich im Militärdienst zum Comes domesticorum empor, 17.9.284 zu Chalcedon von den Offizieren zum Kaiser ausgerufen. Schon 1.4.286…
Buch mit Kruzifix

Filioque

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Filioque Filioque, der Zusatz der Lateiner zum nicäno-konstantinopolitanischen Symbolum. Durch gefälschte Akten schon einem persischen Provinzialkonzil zu Seleucia 410 zugeschrieben (Hefele II §117), in Wahrheit durch Augustin vorbereitet, wurde er zuerst in spanische private…

Weitere Lexikon-Beiträge

Es wurden keine Ergebnisse gefunden, die deinen Suchkriterien entsprechen.