Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: bona fides
Bona fides (guter Glaube), a) in der Moral bedeutet eine an sich und ursächlich unverschuldete irrige Überzeugung von der Erlaubtheit eines objektiv sündhaften Verhaltens oder von der Rechtmäßigkeit eines objektiv unrechtmäßigen Besitzes. Subjektive Schuld (Sünde) liegt nicht vor, solange die bona fides andauert. Dagegen ersetzt die bona fides nicht die zur Sakraments-Spendung nötigen Erfordernisse, wie sie auch rein irritierende Gesetze nicht unwirksam macht. Sie schützt vor dem Eintreten kirchlicher Zensuren. – Nicht zulässig erscheint die Annahme von bona fides bezüglich der Unwissenheit in den ersten Grundwahrheiten der Religion und Sittlichkeit bei Erwachsenen sowie bei Christen hinsichtlich des Irrtums in den necessitate medii notwendigen Heilserfordernissen. Im übrigen ist sie ganz individuell zu beurteilen, weil sehr von den persönlichen Verhältnissen abhängig.
b) In der Jurisprudenz bedeutet bona fides eine objektiv irrige Überzeugung, die sich auf eine juristische Basis stützt. Sie ist auch im Recht von großer Bedeutung. So verlangt zur Ersitzung das römische Recht bona fides wenigstens bei Beginn, das kanonische Recht (can. 1512), (…) während der ganzen Präskriptionszeit. Der gutgläubige Besitzer haftet erst nach der Klage-Erhebung für sein Verschulden und ist im Fall des Unterliegens zur Herausgabe der Bereicherung verpflichtet (can. 1731, n. 3).
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. II, 1931, S. 444-445