Orden

Armutsstreit

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Armutsstreit

Armutsstreit. Die Franziskaner lehrten, die Regel ihres Stifters, die jedes Recht auf Eigentum sowohl in speciali wie in communi verbiete, schlösse die höchste religiöse Vollkommenheit ein, die Christus selbst gelehrt und durch sein Beispiel geübt habe. Hierin waren sich alle Franziskaner einig. Außerhalb des Ordens wurde diese Lehre heftig bekämpft, wiewohl Nikolaus III. im Dekretale „Exiit qui seminat“ v. 1279 unverkennbar ihren Standpunkt teilte. Der Streit begann die Öffentlichkeit zu beschäftigen, als der Dominikaner Johannes de Belna die minoritische Lehre beanstandete und infolge einer Appellation von Seiten der Franziskaner die Angelegenheit an Johannes XXII. gelangte. Da nun die Franziskaner wußten, der Papst, der die Meinung der Dominikaner vertrat, wolle den Streit durch eine Lehrentscheidung beenden, ließen sie sich auf dem Generalkapitel zu Perugia 1322 zu der verhängnisvollen Kundgebung an die ganze Christenheit hinreißen, daß ihre Lehre über die Armut Christi, die an der Kurie in Zweifel gezogen würde, bereits von Nikolaus III. als Glaubenslehre definiert worden sei und auf keinen Fall angetastet werden dürfe. Der Papst beantwortete diese Kundgebung mit der Konstitution „Ad conditorum“ vom 8.12.1322; darin verzichtet er auf das Eigentumsrecht an den Besitzungen der Minderen Brüder und untersagt die Aufstellung der Prokuratoren. Die dogmatischen Konstitution „Cum inter nonnullus“ vom 12.11.1323 verurteilte die Lehre der Franziskaner, Christus und die Apostel hätten keinerlei Gebrauchsrecht an jenen Dingen gehabt, deren sie sich bedienten. Die verantwortliche Ordensleitung suchte einzulenken, hielt aber am Grundsatz der Eigentumslosigkeit des Ordens in communi fest. Der Ordensgeneral Michael von Cesena fiel vom Papst ab und ging mit Bonagratia von Bergamo und Wilhelm Ockham zu Ludwig dem Bayern. Die Michaeliten setzten den Kampf noch weiter fort, bis schließlich selbst die Führer den Frieden mit der Kirche suchten.

aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. I, 1930, S. 681-682

Tags: Franziskaner
Buch mit Kruzifix
Jansenismus
Buch mit Kruzifix
Rautenstrauch

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Höllenfahrt Christi

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Höllenfahrt Christi Höllenfahrt Christi, das Hingehen der vom Leib im Tod getrennten Seele Jesu in das Reich der abgeschiedenen Seelen. I. Diese zunächst natürliche Wahrheit wird als Tatsache schon von den ältesten Vätern (Ignatius,…
Buch mit Kruzifix

Pragmatismus

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Pragmatismus Pragmatismus, eine moderne philosophische Richtung, zwischen 1878 und 1920 vor allem in angelsächsischen Ländern verbreitet, besonders von Charles Sanders Peirce, William James, John Dewey und dem Oxforder Professor F.C.S. Schiller vertreten. Der Pragmatismus…
Buch mit Kruzifix

Exorzistat

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Exorzistat Exorzistat, kirchliche Weihestufe, von den jetzigen niederen Weihen (Ordo) die zweite. Die Vornahme des Ezorzismus war ursprünglich nicht an ein bestimmtes Amt gebunden, stand vielmehr bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts Klerikern und…
Buch mit Kruzifix

Sibyllen

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Sibyllen Die Sibyllen waren heidnische Jungfrauen, welche in strenger Enthaltsamkeit lebten und von denen man deswegen glaubte, daß sie besonderer göttlicher Offenbarungen gewürdigt wurden. Ihre Weissagungen von der Ankunft des Erlösers und von seiner…
Buch mit Kruzifix

Theodosia

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Theodosia Theodosia, hl., Jungfrau und Märtyrerin in Cäsarea (Palästina) im 5. Jahr der großen Verfolgung (308), die einzige sicher geschichtliche Märtyrerin dieses Namens in ihr, stammte aus Tyrus, sprach in Cäsarea mit gefangenen Christen,…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Spiritualen

Orden
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Spiritualen Spiritualen hießen jene Franziskaner, die im 1. Jahrhundert des Ordens das Beispiel des hl. Stifters und seiner Gefährten befolgten, besonders die Armut in der ersten Strenge hielten, ohne mit der Entwicklung des Ordens und den Umständen zu rechnen. Der Name stammt vielleicht vom 10. Kapitel der Regel oder…
Buch mit Kruzifix

Michael von Cesena

Orden
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Michael von Cesena Michael von Cesena, OMin, * zu Cesena, † 29.11.1342 zu München; studierte zu Paris, wurde Magister theol., 1316 Ordensgeneral. Gab 1316 und 1325 dem Orden neue Generalstatuten und rottete im Einvernehmen mit Johannes XXII. die südfranzösischen Spiritualen aus. Im Armutsstreit jedoch erklärte er mit dem Generalkapitel…