Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Patriziat
Patriziat, römischer. Ursprünglich ein spätrömischer Rangtitel ohne amtliche Befugnisse, wurde der Patriziustitel seit Konstantin an bedeutende Männer (so an Stilicho, Aëtius, Odoaker, Theoderich, Chlodwig) verliehen. Regelmäßig führte ihn in Italien der Exarch v. Ravenna und der Dux v. Rom; so verband sich mit dem Titel die Vorstellung von der Verpflichtung, die römische Kirche und ihren Besitz zu schützen. Infolgedessen sahen die Päpste im fränkischen König Pippin, der seit 754 sich als Schützer Roms gegenüber den Langobarden erwiesen hatte, den patricius Romanorum, ohne daß eine eigentliche Übertragung des Titels oder gar dessen „Verleihung“ mittels der an Pippin vollzogenen Salbung stattgefunden hätte. Pippin selbst hat den Titel vielmehr nie, Karl der Große erst seit Eingliederung des Langobardenreiches (774) geführt und daraus Hoheitsrechte gegenüber Rom abgeleitet, wodurch er mit den päpstlichen Interessen in Widerstreit geriet.
Die Rechtslage des römischen Staatswesens namentlich gegenüber Byzanz, aber auch die Rechte des Patriziats waren eben sehr unklar. Seit der Kaiserkrönung v. J. 800 gingen die Rechte des Patriziats in denen des Kaisertums auf. Nach dem Verfall des karolingischen Kaisertums nahmen römische Usurpatoren den alten Titel wieder auf, so Alberich 932 und Crescentius II. 985. Zur Bedeutung kam der Patriziat besonders wieder unter Heinrich III., der nach seiner Kaiserkrönung (1046) auf Veranlassung der Römer sich als Patrizius erklärte und die aus dem Patriziat abgeleiteten Rechte bei der Papstwahl beanspruchte. Dagegen machte das Papsttum durch das Papstwahldekret v. 1059 und im Investiturstreit Front. Bedeutungslos blieben die Ernennung Rogers II. v. Sizilien durch den Gegenpapst Anaklet II. 1136 und die Erhebung seines Bruders Jordan Pierleone zum Patriziat 1144. Noch Friedrich I. trug den goldenen Reif des Patrizius bei der Inthronisation des von ihm aufgestellten Gegenpapstes Paschalis III. (1167). –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VII, 1935, S. 1037