A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T Ü V W Z
Antike

Proselyten

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Proselyten

Proselyten (= die Hinzugekommenen, in der Vulgata proselyti, advenae).

Im Alten Testament sind Gerim die Nicht-Israeliten, die sich für längere Zeit unter den Israeliten niedergelassen hatten, also vor allem die Landeseingeborenen; sie genossen den Schutz des Gastrechts, und das Gesetz nahm sich ihrer an (Ex. 20,10; 22,20; 23,9). Ließen sie sich beschneiden, so waren sie dem Bundesvolk eingegliedert und den geborenen Israeliten rechtlich gleich gestellt; sie nahmen also auch teil am Passah-Mahl (Ex. 12,48; Nm. 9,14).

In der späteren Zeit verstand man unter Proselyten speziell „Konvertiten“, die sich vom Heidentum zum Judentum bekehrt hatten. Schlossen sich die strengeren Juden in den ersten Jahrhunderten nach dem babylonischen Exil gegen die Umgebung ängstlich ab, so begannen sie in der hellenistischen Zeit eine lebhafte Propaganda und schreckten selbst nicht vor einer gewaltsamen „Bekehrung“ zurück. Joh. Hyrkanus zwang die Idumäer, Aristobul I. die Ituräer, Alexander Jannäus die Bewohner vieler syrisch-griechischer Städte zur Beschneidung (Josephus, Antiqu. XIII 9,1; 11,3; 15,4), und die Pharisäer machten weite Reisen, um einen Proselyten zu gewinnen (Mt. 23,15).

Das palästinensische Judentum verlangte von den Heiden, welche übertraten, Beschneidung, Tauchbad (allgemein wohl erst nach der Zerstörung des Tempels, stets bei den Frauen) und ein Opfer (das nach dem Jahr 70 n. Chr. wegfiel). Diese waren die eigentlichen Proselyten …

Zu den eigentlichen Proselyten gehörten der äthiopische Kämmerer (Apg. 8,27ff), die beiden Schwäger Agrippas II, Azizus von Emesa und Polemon von Cilicien (Josephus, Antqu. XX 7,1 u.1) und das Königshaus von Adiabene (Josephus, Antiqu. XX 2). Die Proselyten durften aber z. B. nicht beten: „der Gott unserer Väter“ (Bikkurin I 4). Durch Verheiratung der Proselytenkinder mit Israeliten wurden jene Volljuden; nur den Priestern war es verboten, Proselyten-Töchter zu ehelichen.

Weit erfolgreicher war die Propaganda der hellenistischen Juden, die sich „als Führer von Blinden, als Licht derer, die in Finsternis wandeln“, betrachteten (Röm. 2,19). Sie wurde ihnen erleichtert durch die griechische Übersetzung des Alten Testamentes (Septuaginta); dazu bearbeiteten sie biblische Stoffe und scheuten sich nicht, unter dem Namen einer heidnischen Autorität zu schreiben (Sibyllinen, Aristwasbrief). Sie legten weniger Gewicht auf das Zeremonialgesetz, betonten vielmehr den Glauben an den einen Gott und seine bildlose Verehrung.

Zu Hilfe kam ihnen, dass sich unter den Gebildeten vielfach eine reinere Auffassung von der Gottheit verbreitet hatte und für die orientalischen Religionen mit ihren aszetischen Forderungen eine Vorliebe herrschte. Die Nicht-Israeliten, die sich den Juden anschlossen, in der Apostelgeschichte „Gottesfürchtige“ genannt; (vgl. Joh. 12,20), besuchten den Gottesdienst in den Synagogen und beobachteten einzelne gesetzliche Bestimmungen, vor allem das Sabbatgebot, das religiöse Fasten und die Speisevorschriften (Josephus, Contra Ap. II 39; Juvenal, Sat. XIV 96/106), unterzogen sich wohl auch einem Reinigungsbad (IV Sibyll. 164).

Besonders waren viele vornehme Frauen dem Judentum geneigt (Apg. 13,50; 17,4), so auch Poppäa, Neros Gemahlin (Josephus, Antiqu. XX 8,11; Vita 3). Während die von dem palästinensischen Judentum gewonnenen Proselyten wie dieses der christlichen Predigt im allgemeinen feindselig gegenüber standen, waren die Proselyten der Diaspora, da zu dem Glauben an den einen Gott bekehrt und mit den messianischen Verheißungen vertraut, aber nicht in die Engherzigkeit der Rabbinen verstrickt, ein ertragreiches Feld der christlichen Mission.

Um die Wende des 1. Jahrhunderts nach Christus trat die jüdische Propaganda vor den Erfolgen des Christentums zurück. Nach den Aufständen unter Trajan und Hadrian mieden die Juden selbst die Berührung mit der Außenwelt und standen den Proselyten ablehnend gegenüber; zudem strafte die römische Gesetzgebung (Spartian, Hard. 14; Modestin, Dig. 48, 8 u. 11) den Übertritt zum Judentum hart; doch wurden noch in Südarabien die Homeriten gewonnen. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VIII, 1936, Sp. 502 – Sp. 503

Tags: Judentum
Buch mit Kruzifix
Vandalen
Buch mit Kruzifix
Unmäßigkeit

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Arnold von Brescia

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Arnold von Brescia Arnold von Brescia, * wohl Ende des 11. Jahrhunderts, † 1155. Studierte in Paris bei Abaelard und wurde in Brescia Priester und Augustiner-Chorherr. Ein eigenwilliger, zum Extremen geneigter Kopf, strengster Aszese…
Buch mit Kruzifix

Ultramontanismus

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Ultramontanismus Ultramontan, im Mittelalter in Italien Bezeichnung der „jenseits der Berge“ (Alpen) gelegenen Länder bzw. ihrer Bewohner, besonders auch deutscher Studenten in Italien. – Seit der Wiederbelebung des Katholizismus und der Erstarkung des Papsttums…
Buch mit Kruzifix

Tertullian

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Tertullian Tertullian, Q. Septimius Florens, lateinischer Kirchenschriftsteller, * spätestens 160 zu Karthago als Sohn eines heidnischen, im Dienst des Prokonsuls v. Afrika stehenden Centurio, nach Hieronymus (De vir. Ill. 53) † in hohem Greisenalter.…
Buch mit Kruzifix

Ursacius

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Ursacius Ursacius, Bischof von Singidunum (Belgrad), mit seinem Freund Valens, dem Bischof von Mursa (esseg), Führer der abendländischen Arianer (Eusebianer), † nach 371; Schüler des Arius (Athanasius, Ep. ad. Episc. Aegypti 7), wohl während…
Buch mit Kruzifix

Bayle

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Bayle Bayle, Pierre, Philosoph, Historiker, Journalist, * 18.11.1647 zu Carlat-le-Comte (Comté de Foix) bei Pamiers (Denkmal), † 28.12.1706 zu Rotterdam. Empfing die erste Bildung durch seinen Vater, den calvinistischen Prediger Jan Bayle, und auf…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Leviratsehe

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Leviratsehe Leviratsehe (lateinisch levir = Schwager), Schwagerehe, die Ehe, die der Bruder eines ohne männliche Nachkommen verstorbenen Ehemannes mit dessen Witwe eingehen musste. Das Recht der Leviratsehe bestand schon zur Zeit der Patriarchen und wurde streng aufrecht erhalten (Gn. 38); es galt auch bei anderen Völkern (Hethiter, Assyrer, Inder)…
Buch mit Kruzifix

Synedrium

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Synedrium Synedrium bezeichnet zunächst eine Sitzung einer Versammlung, die über öffentliche Angelegenheiten berät, ist daher seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. auch Name für bestimmte politische Körperschaften und ihre Versammlungen in der späteren Gräzität namentlich Gerichtshof bzw. Gerichtssitzung. In dieser Bedeutung wurde es übernommen vom Neuen Testament und von…
Buch mit Kruzifix

Samaritaner

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Samaritaner Die nichthellenistischen Bewohner dieser Landschaft (Samaria) bezeichnet man als Samaritaner. 1) Geschichte: Die im Jahr 722 von dort deportierten Israeliten wurden durch Kolonisten aus verschiedenen Gegenden des Assyrerreiches ersetzt (2. Kg. 17, 24), welche mit dem im Land zurück gebliebenen Teil der einheimischen Bevölkerung verschmolzen. Da unter den…
Buch mit Kruzifix

Nehemias

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Nehemias Nehemias, im A.T. 1. eines von den Familienhäuptern, welche mit Zorobabel und Josue aus der Gefangenschaft in Babylonien nach Jerusalem zogen (2.Esdr. 7, 7). – 2. der Sohn Azbocs, ein angesehener Mann aus Bethsur, der sich beim Wiederaufbau der Mauer von Jerusalem hervortat (2. Esdr. 3, 16). –…
Buch mit Kruzifix

Götzendienst

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Götzendienst Götzendienst (von Götze = Gussbild), also göttliche Verehrung gegossener Bilder, dann jeglichen Symbols oder Bildes der Götter. 1) Allgemein siehe Abgötterei. – 2) Im alten Bund. Die Bibel nennt Hausgötzen, Schnitzbilder, Gussbilder, eigentlich geschnitztes Bild mit Silber überzogen (Richt. 17,4); mit Gold überzogen: Ephod (Richt. 8,27; vgl. Is.…
Buch mit Kruzifix

Tempelweihe

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Tempelweihe oder Chanukka Tempelweihe oder Chanukka (=Einweihung, vgl. Nehemias. 12, 27), das 8-tägige Fest der Tempelweihe, beginnend am 25. Kislev (Dez.), eingesetzt nach dem Sieg über die Syrer 165 zum Andenken an die Reinigung und Neueinweihung des Tempels und an die Weihe des neu errichteten Brandopferaltars (1. Makk. 4,…
Consent Management Platform von Real Cookie Banner