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Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Hugenotten

Hugenotten. Das Wort Huguenots, seit etwa 1560 Name der französischen Calviner, ist vermutlich eine Französierung von eignots, der genfischen Bezeichnung für Eidgenossen; von Genf aus wurde nämlich die Protestantisierung Frankreichs hauptsächlich betrieben. – Unter Franz I. (1515-47) konnte sich die religiöse Neuerung in Frankreich nicht ausbreiten, da der König scharfe Gegenmaßnahmen ergriff und mehrere mit dem Tode bestrafte. Doch vermochten es weder er noch Heinrich II. (1547-59) zu verhindern, daß sich hohe Adelige, so die Bourbons-Vendôme und die Châtillons-Coligny, der Neuerung anschlossen. Einen Rückfall fanden die Neuerer, anfänglich Luthériens genannt, an den Herrschern von Navarra, den Verwandten der Königsfamilie. Auf einer Generalsynode zu Paris 1559 gaben sich die Hugenotten eine Kirchenverfassung mit calvinischem Glaubensbekenntnis und presbyterialer Kirchenordnung. Unter dem schwachen König Franz II. (1559-60) suchte die hugenottische Partei, an ihrer Spitze Prinz Louis de Condé, den politischen Einfluss der lothringischen Guisen, der Führer der Katholiken, zu brechen und selbst zur Macht zu gelangen. Doch wurde die Verschwörung von Amoise (1560) entdeckt und der Prinz von Condé zum Tode verurteilt; aber des Königs Tod verschaffte ihm wieder die Freiheit. Den Plan, in Frankreich eine Inquisition nach spanischem Muster einzurichten, wußte jedoch der Kanzler Michel de l`Hôpital zu verhindern. Er und die Königin-Mutter Katharina von Medici, die für den unmündigen Karl IX: die Regentschaft führte, veranstalteten 1561 ein Religions-Gespräch zu Poissy, das indes eine Verständigung nicht brachte. Trotzdem erwirkte l`Hôpital bei der Königin das Toleranzedikt von Orléans (17.1.1562), das den Hugenotten freie Religionsübung außerhalb der Städte gestattete.

Bei einem hugenottischen Gottesdienst zu Vassy 1.3.1562, zu dem sich Leute aus dem Gefolge des nach Paris reisenden Herzog Franz von Guise hinzu drängten, kam es zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen Katholiken und Hugenotten. Dieses Blutbad von Vassy bildete den Auftakt für die ersten 3 Hugenotten-Kriege, bei denen die Hugenotten ohne Erfolg kämpften, in den Friedensschlüssen aber Zugeständnisse erlangten. Der den 3. Hugenotten-Krieg beendigende Friede von St-Germain-en Laye vom 8.8.1570 gestand den Hugenotten freie Religionsübung an allen Orten, mit Ausnahme von Paris und dem jeweiligen Hoflager, zu. Außerdem räumte ihnen die Krone auf 2 Jahre 4 Sicherheitsplätze zu: La Rochelle, La Charité, Montauban und Cognac, die sie mit ihren Truppen besetzen durften. Nun zog Karl IX. den hugenottischen Admiral Gaspard de Coligny an seinen Hof; die Hugenotten aber veröffentlichten auf der Nationalsynode von La Rochelle 1571 ihr Glaubensbekenntnis (confession de La Rochelle).

Die Verständigung zwischen Katholiken und Hugenotten sollte der Ehebund des calvinischen Heinrich von Navarra und der Schwester des Königs Karl IX., Margareta von Valois, besiegeln. Die Vermählung am 18.8.1572 in Paris benützte die herrschsüchtige Katharina von Medici zu einem Attentat auf den mächtigen Coligny, und als dieses mißlungen, zu der Gewalttat der Bartholomäusnacht. Die Hugenotten antworteten mit dem 4. Religionskrieg, der 1573 mit Zugeständnissen an sie auslief. Auch durch die 3 folgenden Hugenotten-Kriege in den ersten Regierungsjahren Heinrichs III. wußten sie ihre Rechte zu erweitern. Dem weiteren Vordringen setzte sich die von Herzog Heinrich von Guise geleitete Katholische Liga entgegen. Sie zwang den König, die Zugeständnisse an die Hugenotten zurück zu nehmen. Als 1584 der Bruder des kinderlosen Königs starb, zeigte sich die Liga entschlossen, den nächst berechtigten Thronerben, Heinrich von Navarra, nicht anzuerkennen. Heinrich III. ließ daraufhin den Guisen Heinrich, durch dessen Ansehen er sich selbst bedroht glaubte und dessen Bruder, den Kardinal Ludwig, in Blois meucheln (23./24.12.1588). Aus Furcht vor der Rache der Liga schloß er sich Heinrich von Navarra und den Hugenotten an, die sich bereits zum 8. Religions-Krieg erhoben hatten. Im Lager der Hugenotten zu St-Cloud aber wurde er 1.8.1589 durch Clément erdolcht. Gegen den Thronanwärter Heinrich von Navarra (Heinrich IV. 1589 – 1610) und gegen die Hugenotten stand die Liga, vom jüngsten Guisen Karl von Mayenne geführt und von Spanien unterstützt.

Heinrich IV. machte dem langen Kampf ein Ende, indem er 1593 katholisch wurde und damit allgemeine Anerkennung auch seitens der Liga, fand. Den Hugenotten sicherte er im Edikt von Nantes vom 13.4.1598 freie Religionsübung im ganzen Reich mitAusnahme einiger Städte, Zutritt zu allen öffentlichen Ämtern, Zulassung zu mehreren Parlamenten (den Chambres mi-parties), Einräumung von etwa 150 Sicherheits-Plätzen zu. Unter Heinrich IV. und der Vormundschaft der Königin-Mutter Maria von Medici blieb der Friede im allgemeinen erhalten. Richelieu aber brach die für das Königtum gefährliche politische Macht der Hugenotten, indem er 1628 ihre Hauptfestung La Rochelle eroberte und ihnen die Sicherheits-Plätze entzog; ihre religiösen und bürgerlichen Rechte tastete er nicht an (Bestätigung des Edikts von Nantes im Gnadenedikt von Nimes 1629). Auf der Synode zu Charenton 1631 wurde die Vereinigung der Hugenotten und Lutheraner vollzogen.

Ludwig XIV. betrachtete die Hugenotten als Hindernis im Ausbau des monarchischen Absolutismus („un roi, une loe, une foi“) und suchte sie durch fortgesetzte Plackereien, vor allem durch die sogenannten Dragonaden, und schließlich mittels Aufhebung des Edikts von Nantes durch das Edikt von Fontainebleau vom 18.10.1685 gewaltsam zu rekatholisieren. Auswanderung war ihnen streng untersagt und wurde schwer geahndet. Doch kamen mehr als 200000 Hugenotten (Réfugiés) über die Grenze und gründeten sich in den protestantischen Nachbarländern (Holland, England, Deutschland, Schweiz) eine neue Heimat. Die Bedrückungen von Seiten Ludwigs XIV. Entfachten in den Cevennen den Aufstand der Kamisarden unter Cavalier 1701 bis 1704. Die Ächtung der Hugenotten (Kirche der Wüste) dauerte noch unter Ludwig XV. fort. Erst das Toleranzedikt Ludwigs XVI. von 1787 gestattete ihnen freie Religionsübung, die Nationalversammlung 1789 mit der Erklärung der Menschenrechte volle religiöse und bürgerliche Freiheit. Auch Napoleons „Organische Artiek“ 1802 gestanden ihnen Gleichberechtigung mit den Katholiken zu. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. V, 1933, Sp. 172 – Sp. 174

Tags: Häretiker
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