A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T Ü V W Z
Antike

Galiläa

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Galiläa

Galiläa. I. Landschaft in Palästina, das Bergland westlich des Jordan von der Bene Esdrelon und dem Tal des Nahr Dschalûd im Süden bis zur Senke Merdsch Ajjûn am Knie Nahr-el-Kāsimîje im Norden; wasserreicher und fruchtbarer als das judäische Bergland. Höchste Erhebung des fast nordsüdlich verlaufenden Gebirgskammes ist der Dschebel Dschermak mit 1199m. Zwischen den Bergen liegen geräumige Ebenen (z. B. El-Battôf). Das tiefe Quertal von er-Râme teilt Galiläa in eine nördliche und südliche Hälfte. In der Bibel finden sich die ersten Spuren des Namens Galiläa bei Jos. 20, 7; 1. Kg. 9, 11 und Is. 8, 23 (Bezirk der Heiden); in der LXX (=Septuaginta) zu letzterer Stelle taucht das Wort ‘Galiläa’ zum 1. Mal auf.

Galiläa war schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt. Die israelitische Einwanderung fand kanaanitische Stadt-Fürstentümer vor. Deren Unterwerfung der Urbevölkerung gelang nur allmählich, die völlige Verdrängung der Urbevölkerung überhaupt nicht. Das Land erhielten die Stämme Issachar, Ascher, Zabulon und Nephthali; den äußersten Norden besetzte später der Stamm Dan. Als Durchgangsgebiet der Küstenstraße wichtig, war es ständig zwischen den Königen von Israel und Damaskus umstritten (1. Kg. 15, 20; 2. Kg. 13, 22). Galiläa wurde 734 v. Chr. unter Tigkathpileser IV. v. Assyrien von der Deportation betroffen.

In das nach Rückkehr aus dem babylonischen Exil wieder zu besiedelnde Gebiet war es offiziell nicht eingeschlossen; doch bestanden dort allem nach beim Ausbruch der makkabäischen Erhebung jüdische Siedlungen (1. Makk. 5, 15ff). Eine förmliche, freilich oberflächliche Judaisierung geschah aber wohl erst unter Aristobul I. (Josephus, Antiqu. XIII 318). Nach des Herodes d. Gr. Tode war Galiläa Teil der Tetrarchie seines Sohnes Herodes Antipas (4 v. bis 39 n. Chr.), der zuerst in Sepphoris, dann in Tiberias residierte.

Unter seiner Regierung wurde Galiläa berühmt durch das öffentliche Auftreten Jesu. In Jerusalem bildete Jesu Herkunft aus Galiläa einen der Gründe, ihn abzulehnen (Joh. 7, 52). Denn die Hüter des Gesetzes achteten wegen der Durchdringung des Landes mit nichtjüdischen Elementen (vgl. z. B. die Namen Andreas und Philippus!) die Galiläer nicht hoch. Auch ihre Sprache war den Judäern auffällig (Mt. 26, 73; Apg. 2, 7) und Anlass zum Tadel.

Unter Herodes Antipas und Herodes Agrippa I. stand Galiläa günstig. Josephus schildert seine Bevölkerungsdichte und Fruchtbarkeit lebendig, wenn auch rhetorisch übertrieben (Bell. Jud. III 41/43; Vita 235). Nach dem Tode des Herodes Agrippa I (44) wurde Galiläa mit Ausnahme einiger Orte, z. B. Tiberias, das Herodes Agrippa II. erhielt, den römischen Prokuratoren v. Judäa unterstellt.

Der jüdische Aufstand weckte auch bei der Freiheit liebenden (Bell. Jud. III 41/43) Bevölkerung Galiläas lebhaftes Echo. Doch unterdrückte 67 bereits Vespasian die Bewegung in Galiläa. Nach dem Fall Jerusalems i. J. 70 und besonders nach der Niederwerfung des Bar Kochba-Aufstandes 136 wurde Galiläa ein Hauptsitz der rabbinischen Gelehrsamkeit. In byzantinischer Zeit gehörte Galiläa zur Palaestina secunda (Metropole Skythopolis).

In den Kreuzzügen bildete Galiläa ein Fürstentum des Königreiches Jerusalem. Aus dieser Zeit stammen u. a. die gewaltigen Ruinen von Toron (jetzt Tibnîn) und Montfort (=Starkenberg, jetzt Kal ʿat el-Kurên). 1187 sah Galiläa die verhängnisvolle Schlacht von Hattin. Unter türkischer Herrschaft gehörte es zum Wilajet Beirut. Die brit.-französ. Konvention v. 23.12.1920 zerriss Galiläa unnatürlich, indem der Norden und Nordwesten zu Syrien kam. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IV, 1932, Sp. 262 – Sp. 263

Galiläa hatte von alters her eine von Heiden und Juden gemischte Bevölkerung; es umfasste zur Zeit Jesu Nordpalästina und erstreckte sich vom Karmel und Skythopolis bis in die Gegend des tarischen Gebiets. Flav. Jospehus (Bell. Jud. 3, 3, 1) unterscheidet ein Ober- und ein Untergaliläa; Obergaliläa reichte von Bersabee (Heptapegon, jetzt Et-Tabiga, am See Tiberias) bis zum Dorf Thella an der tyrischen Grenze, Untergaliläa von Bersabee bis Xaloth (jetzt Iksal) am Tabor.

Dieselbe Einteilung wird im Talmud (Schebiith 9, 2) mit der Bemerkung gegeben: „Vom Dorf Chananija (jetzt Kefr Anan bei Zefath), wo keine Sykomoren wachsen, ist Obergaliläa; südlich von diesem Ort, wo Sykomoren wachsen, ist Untergaliläa.“ Die Provinz war sehr stark bevölkert, mit vielen Städten und Dörfern bedeckt und äußerst fruchtbar (Jos. Bell. Jud. 3, 3, 1), insbesondere der Bezirk von Tiberias, das Land Gennesar oder Land Genesareth genannt (Jos. 1. c. 3, 10; vgl. Matth. 14,34; Mark. 6, 53).

Die Galiläer waren arbeitsam, kühn und kräftig, darum (wie Jos. Vit. 17 bemerkt) reizbarer und mehr zum Widerstand bereit als die Bewohner Judäa’s. Sie hielten fest an ihren Gebräuchen. Besonders machte sie ihr Idiom in den Augen der Bewohner Judäa’s kenntlich (vgl. amtth. 26, 73; Mark. 14, 70), indem sie bei der Aussprache besonders die Gutturale nicht genug unterschieden. Obwohl im Allgemeinen strenger in der Beobachtung der religiösen Gebräuche als die Bewohner Judäa’s, waren letztere, in deren Mitte die priesterliche Körperschaft und die hohe Schule der Lehrer sich befand, mit dem religiösen Wissen und der jüdischen Orthodoxie der Schule besser vertraut als die Galiläer (vgl. Joh. 1, 46; 7, 41; Apg. 2, 7).

Galiläa war das hauptsächlichste Gebiet der irdischen Tätigkeit des Herrn; er hieß daher bei den Juden „der Galiläer“ (Matth. 26, 69; Luk. 22, 59); auch die meisten Jünger und Apostel des Herrn hatten ihre Heimat in Galiläa (Apg. 1, 11; 2, 7). Die hauptsächlichsten und wichtigsten Städte Galiläa’s waren: Tiberias, Sephoris (Diocäsarea), Skythopolis, Akko, Bethsaida (Julias), Saphet, Nazareth, Kana, Kapharnaum, Naim, Endor. –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 9, 1895, Sp. 1289 – Sp. 1290

Bildquellen

Tags: Judentum
Buch mit Kruzifix
Gottschalk von Orbais
Buch mit Kruzifix
Archelaus

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Dalberg

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Dalberg Dalberg (ursprünglich Dalburg), Kämmerer von Worms, genannt v. D., altes rheinisches Adelsgeschlecht, das sich der Abstammung vom seligen Erkenbert rühmt, im 14. Jahrhundert die Adeligen v. Dalburg beerbte und 1654 in den Reichsfreiherrns-Stand…
Buch mit Kruzifix

Mazarin

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Mazarin Mazarin, Julius, Kardinal und erster Minister in Frankreich, eigentlich Mazarini oder Mazzarini, wurde am 14. Juli 1602 geboren, entweder in Rom, wo sein Vater, ein Sizilianer, im Dienst der Familie Colonna sich niedergelassen…
Buch mit Kruzifix

Quatember

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Quatember Quatember, das 4malige (Quatuor tempora) jährliche Fasten am Mittwoch, Freitag und Samstag nach dem 1. Sonntag in der Quadragesima, in der Pfingstwoche, nach Kreuzerhöhung und nach dem 3. Adventssonntag. Ältere Bezeichnungen für Quatember…
Buch mit Kruzifix

Bibellesen

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Bibellesen Bibellesen. Die Behauptung von der Notwendigkeit des Bibellesens für jedermann wurde von der Kirche mit Rücksicht auf die katholische Glaubensregel, zur Verhütung der Preisgabe des Bibellesens an den Subjektivismus, aus Ehrfurcht vor dem…
Buch mit Kruzifix

Galerius

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Galerius römischer Kaiser und Christenverfolger Galerius, eigentlich Cajus Galerius Valerius Maximianus, römischer Kaiser. Illyrier von niederer Herkunft, tüchtiger Soldat und Heerführer, aber von barbarischen Sitten, fanatischer Heide und Christenfeind. Diokletian machte ihn 1.3.293 zum…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Die makkabäischen Brüder

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Die Makkabäischen Brüder Die Makkabäischen Brüder, Bezeichnung der 7 Söhne der „Makkabäermutter“, so genannt, weil sie alle in der Verfolgung starben, die den Anlass zum Aufstand der Makkabäer gab. – Diese Hebr. 11, 35 gepriesenen Vorkämpfer des Monotheismus wurden von den Frühchristen sehr geschätzt und schon von Cyprian (Ad…
Buch mit Kruzifix

Sodoma

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Sodoma Sodoma, Hauptort der 5 Städte (Pentapolis) im Siddim-Tal, Wohnort des Lot (Gn. 13,12), wurde wegen widernatürlicher Unzucht („sodomitische“ Sünde, Sodomie; vgl. Gn. 19,4-9) zugleich mit Gomorrha, Adama und Seboim von Gott „umgekehrt“ und in einem Feuer-, Salz- und Schwefelregen verbrannt (Gn. 19,21-25) – ein Strafgericht, bei dem sich…
Buch mit Kruzifix

Proselyten

Antike
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Proselyten Proselyten (= die Hinzugekommenen, in der Vulgata proselyti, advenae). Im Alten Testament sind Gerim die Nicht-Israeliten, die sich für längere Zeit unter den Israeliten niedergelassen hatten, also vor allem die Landeseingeborenen; sie genossen den Schutz des Gastrechts, und das Gesetz nahm sich ihrer an (Ex. 20,10; 22,20; 23,9). Ließen…
Buch mit Kruzifix

Sadduzäer

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Sadduzäer Sadduzäer, nach den Pharisäern die wichtigste jüdische Partei zur Zeit Jesu. Ihr Ursprung und Wesen sind nicht völlig geklärt. Gewöhnlich wird der Name Sadduzäer vom Hohenpriester Sadok (2. SM. 8,17) hergeleitet, dessen Geschlecht, „die Söhne Sadoks“ (Ez. 40,46 usw.; Sir. 51,12H), seit Salomon bis 175 v. Chr. die…
Buch mit Kruzifix

Pfingstfest

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Pfingstfest bei den Juden Bei den Juden das 2. der 3 großen Wallfahrtsfeste, am 50. Tag oder 7 Wochen nach dem Passah-Fest (Lv. 23, 15f.; Dt. 16, 9), daher auch „Fest der Wochen“ genannt (Ex. 34, 22; Dt. 16, 10; 2. Chr. 8, 13; 2. Makk. 12, 31). An…
Buch mit Kruzifix

Hillel

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Hillel Hillel I., genannt „der Alte“, jüdischer Gesetzeslehrer, mit Schammai als letztes der sogenannten 5 Paare der Traditionskette aufgeführt., * um 50 v. Chr.; † 10 n. Chr. Über ihn und seine Gelehrsamkeit erzählt die Tradition viel Legendäres. Er soll aus einer armenisch-babylonischen Exulanten-Familie (daher auch ha-Babli) stammen, die…
Consent Management Platform von Real Cookie Banner