A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T Ü V W Z

Pharisäer

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Pharisäer

Pharisäer („Separatisten“), Name seit Johann Hyrkanus I. (135-104 v. Chr.), anfangs tadelnde Bezeichnung im Munde ihrer Gegner, von ihnen gern übernommen, da sie ihre „Absonderung“ für etwas Gott Wohlgefälliges hielten; Apg. 15,5 und 26,5 werden sie als Sonderrichtung bezeichnet. Sie selbst nannten sich Genossen. Ihre Wurzel hatten sie in der Tätigkeit der Schriftgelehrten in und seit dem babylonischen Exil, welche immer mehr Wert auf die äußere Beobachtung des Gesetzes legten, es kasuistisch erweiterten und so die „Überlieferungen der Väter“ (Halacha) schufen, welche von den Pharisäern höher als das mosaische Gesetz gestellt wurden (Mk. 7,8) und um derentwillen sie die wichtigsten Vorschriften des Gesetzes übertraten (Mt. 15,4ff; Mk. 7,10ff), „Mücken seihten und Kamele verschluckten“ (Mt. 23,24). Sie verkörperten also das gesetzesstrenge Judentum und suchten das von den Schriftgelehrten aufgestellte Lebensideal an sich und anderen zu verwirklichen, traten darum in Gegensatz zu der laxeren Auffassungen huldigenden Masse, auf welche sie mit Verachtung herab sahen, auch zu der Obrigkeit, wenn sie dem Gesetz untreu wurde; sie waren also eine religiöse, nicht politische Partei. Diesem Gegensatz begegnen wir bereits seit der Reform des Esdras und Nehemias, welche eine scharfe Trennung von den Samaritanern und von den Juden, die das Gesetz vernachlässigten, herbei führten (Esr. 9,1-10,14; Neh. 13,1-3 23-31). Als der Hellenismus in Palästina eindrang und auch die Priester verweltlichten, schieden sich die Gesetzestreuen von den „Gottlosen“ (1. Makk. 2,21ff; 3,8; 10,14). Ein Teil der Frommen schloß sich zur Partei der Assidäer (Anawim) zusammen, welche als die Vorläufer der Pharisäer zu gelten haben (1.Makk. 2,42; 7,13-17). Dem Johann Hyranus I. traten die Pharisäer aus religiösen Gründen entgegen. Gegen Alexander Jannäus (103-76 v. Chr.) erregten sie einen Aufstand. Dessen Gattin Alexandra (76-67 v. Chr.) begünstigte sie; von da an gewannen sie die Leitung des Volkes, welches sie auch später auf ihrer Seite hatten, da sie mit ihm die Abneigung gegen die heidnische Fremdherrschaft teilten. Als die Menge sich Jesus zuwandte, suchten sie seinen Einfluß zu vernichten und brachten ihn zuletzt im Bunde mit der sadduzäischen Priesterschaft mittels der römischen Staatsgewalt (Pilatus) ans Kreuz. Aber aus ihnen ging der Heidenapostel Paulus hervor. – Die kasuistischen Bestimmungen, für die sie eiferten, bedeuteten eine unerträgliche Last (Mt. 23,4) und gaben der Frömmigkeit ein juristisches Gepräge. Jesus geißelte sie, daß sie das religiöse Leben veräußerlichten, da ihnen der Buchstabe des Gesetzes alles, sein Geist nichts bedeutete, die Art ihres Almosengebens (Mt. 6,2), Betens (Mt. 6,5) und Fastens (Mt. 6,16), das Zurschautragen ihrer Werkgerechtigkeit (Mt. 23,5), ihre Kleinlichkeit in der Sorge um den Sabbat (Mt. 12,2 10-14), um die Zehntpflicht (Mt. 23,23) und um die Reinigkeits-Vorschriften (Mt. 15,2; 23,25), ihre Selbstgerechtigkeit, die auf andere stolz herab sah (Lk. 18,9-14, und nannte sie wegen ihres Hochmuts und Heuchelns „übertünchte Gräber“ (Mt. 23,27). Dogmatisch vertraten sie im Unterschied von den Sadduzäern den Standpunkt des korrekten Judentums, den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele, jenseitige Vergeltung und einstige Auferstehung, die Existenz von Engeln und Geistern, und verteidigten die menschliche Willensfreiheit und die göttliche Vorsehung. Auch nach dem Untergang des jüdischen Gemeinwesens behielten sie ihren Einfluß, und ihr Geist lebte im Rabbinismus und in der Mischna fort. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VIII, 1936, Sp. 213 – Sp. 214

Tags: Judentum
Buch mit Kruzifix
Hohepriester
Buch mit Kruzifix
Sadduzäer

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Priscillian

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Priscillian Priscillian, spanischer Häretiker, 385 wegen Magie, nicht wegen Häresie, zu Trier vom Gegenkaiser Maximus hingerichtet, was von kirchlicher Seite aus, besonders von Martin von Tours, verurteilt wurde. Priscillian verdankt sein Fortleben in der…
Buch mit Kruzifix

Sabbathianer

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Sabbathianer Sabbathianer. Sabbathai Zewi, kabbalistischer Schwärmer, * 1626 in Smyrna, gab sich im Jahre 1648, dem vom Sohar (Kabbala) prophezeiten Anfang des Erlösungsjahres, als Messias aus. Deswegen vom Rabbinat seiner Heimat exkommuniziert und ausgewiesen,…
Buch mit Kruzifix

Marozia

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Marozia Marozia, Tochter des römischen Senators Theophylakt und der älteren Theodora, Schwester der jüngeren Theodora, 3mal vermählt: um 905 mit Markgraf Alberich I. von Spoleto, 925 mit Markgraf Guido von Tuscien, 932 mit König…
Buch mit Kruzifix

Jüdische Philosophie

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Jüdische Philosophie Das Judentum besitzt aus sich heraus keine Philosophie, sondern nur als Umbildung von philosophischen Einwirkungen des es umgebenden Kulturen. 1. Aus dem Hellenismus erstand dem Judentum die alexandrinische Philosophie in Philo, dessen…
Buch mit Kruzifix

Leander van Eß

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Leander van Eß Eß, Leander (ursprünglich Johann Heinrich) van, Vetter des Karl van Eß, OSB (seit 1790) zu Marienmünster b. Paderborn, * 15.2.1772 zu Warburg, † 13.10.1847 zu Affolterbach im Odenwald; 1796 Priester, nach…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Makkabäerbücher

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Makkabäerbücher II. Makkabäerbücher 1) Die kanonischen (bei Juden und Protestanten aber für apokryph geltend): Das 1. Buch der Makkabäer behandelt nach kurzem Rückblick auf Alexander und die Gründung des Seleukiden-Reiches (1, 1-10) die jüdische Geschichte vom Regierungsantritt des Antiochus Epiphanes (175) bis zum Tod des Simon (134). Es ist…
Buch mit Kruzifix

Israel

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Israel Israeliten, das vom Patriarchen Jakob mit dem Beinamen Israel abstammende semitischen Volk, welches etwa seit 1230 v. Chr. Palästina bewohnte. Die Selbstbezeichnung bildet offenbar gegenüber dem Namen Hebräer, der nur im Mund von Ausländern oder zur Unterscheidung von diesen gebraucht wird, den Ehrentitel als Nachkommen des großen gemeinsamen…
Buch mit Kruzifix

Samaritaner

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Samaritaner Die nichthellenistischen Bewohner dieser Landschaft (Samaria) bezeichnet man als Samaritaner. 1) Geschichte: Die im Jahr 722 von dort deportierten Israeliten wurden durch Kolonisten aus verschiedenen Gegenden des Assyrerreiches ersetzt (2. Kg. 17, 24), welche mit dem im Land zurück gebliebenen Teil der einheimischen Bevölkerung verschmolzen. Da unter den…
Buch mit Kruzifix

Kanaan

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Kanaan Kanaan, Name des dem Volke Israel verheißenen Landes, der im engeren Sinne für die Meeresküste (Jos. 13, 4; Soph. 2, 5 u. ö.), im weiteren für das Westjordanland (Nm. 32, 29f; Jos. 22, 9. 32) steht, ähnlich dem Namen Palästina (= Philistäa). Nm. 34, 3-12 werden die Grenzen…
Buch mit Kruzifix

Core

Heilige Schrift AT
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Core Core, 1. dritter Sohn Esau`s von Oolobana (Gen. 36, 5. 14. 18; 1. Par. 1, 35). – 2. Der fünfte Sohn Eliphaz`, des erstgeborenen Sohnes Esau`s von Ada (Gen. 36, 16). – 3. Ein Nachkomme Calebs, Sohn Hebrons (1. Par. 2, 43; s. Keil im Comm. z.d.St.). –…
Buch mit Kruzifix

Judenchristen

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Judenchristen Judenchristen, die aus dem Judentum hervorgegangenen Christusgläubigen der apostolischen und nachapostolischen Zeit. Die Urgemeinde in Jerusalem hielt streng konservativ am jüdischen Gesetz und Kult fest (Apg. 2,46; 3,1: 5,12; 10,14; 21,20-24). Die Forderung der Gesetzesbefolgung an die Heidenchristen in Antiochia durch Judaisten aus Jerusalem (Apg. 15,1 u. 5)…
Consent Management Platform von Real Cookie Banner