Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Augsburger Konfession

Augsburger Konfession, Bekenntnisschrift der Lutheraner. Die Augsburger Konfession (Confessio Augustana) wurde auf Grund der Marburger, Schwabacher und Torgauer Artikel im wesentlichen von Melanchthon verfaßt, von Luther gebilligt und am 25.6.1530 auf dem Reichstag zu Augsburg im Namen mehrerer Fürsten (1) und Städte lateinisch und deutsch dem Kaiser Karl V. überreicht. Sie besteht nebst der Vorrede und einem kurzen Beschluss aus 28 Artikeln, von denen die ersten 21 den Lehrbegriff, die 7 folgenden die angeblichen Missbräuche und Menschensatzungen darlegen. Als solche werden angeführt der Gebrauch der einen Gestalt bei der Kommunion, das Verbot der Priesterehe, die Kauf- und Winkelmessen, der Beichtzwang, die Abstinenz- und Fastengebote, die Klostergelübde und die bischöfliche Gewalt.

Die Abweichungen von der katholischen Lehre sind in wichtigen Punkten absichtlich verschleiert, so daß man mit Recht dem lutherischen Bekenntnis Mangel an Offenheit vorwerfen konnte. Der Kaiser übergab es zur Prüfung und Widerlegung etwa 25 in Augsburg anwesenden katholischen Theologen; darunter waren Eck, Fabri, Cochläus, B. Arnoldi, Wimpina, Dietenberger, Vehe die bedeutendsten. Die eilends gefertigte katholische Antwort erschien dem Kaiser und seinen Beratern im Ton zu verletzend. Sie wurde umgearbeitet, dann in die Form einer vom Kaiser erteilten Antwort gebracht und am 3.8.1530 vor den Reichsständen verlesen. Diese „Antwort“, erst später Confutatio pontificia genannt, machte trotz ruhigen und würdigen Tones keinen Eindruck.

Von den protestantischen Ständen erhielt nun Melanchthon den Auftrag, eine Verteidigung des Bekenntnisses bzw. Widerlegung der Confutation zu schreiben. Diese erste Apologie wollte man am 22. September dem Kaiser überreichen; er verweigerte jedoch die Annahme wegen der darin enthaltenen beleidigenden Ausfälle gegen die Katholiken. Als bald darauf Melanchthon, der bisher die katholische Antwort nur aus den Notizen einiger Freunde gekannt hatte, in den Besitz einer Abschrift der Confutatio kam, beeilte er sich, den ersten Entwurf der Apologie umzuarbeiten. So entstand die Apologie der Augsburger Konfession. Nachdem schon während des Reichstages mehrere vielfach ungenaue Ausgaben der Augsburger Konfession erschienen waren, entschloss sich Melanchthon, selbst eine Ausgabe zu veranstalten und ihr die Apologie beizufügen. Es ist dies die Editio princeps der Augsburger Konfession und Apologie, die im Frühjahr 1531 erschien. Einige Monate später erschien die Apologie auch in deutscher, von Justus Jonas besorgter Übersetzung, bei der Melanchthon mit wirkte und verschiedene Zusätze und Änderungen anbrachte. Obgleich nur eine Privatarbeit Melanchthons, wurde doch die Apologie 1532 auf dem Tag zu Schweinfurt von den protestantischen Ständen der Augsburger Konfession zur Seite gestellt, und seitdem galten die beiden Schriften als die vornehmlichsten Bekenntnisse der lutherischen Protestanten.

In den folgenden Jahren arbeitete Melanchthon fortwährend an der Verbesserung des Textes. Während aber in den bis 1540 erschienenen Ausgaben nur solche Veränderungen sich finden, die dogmatisch belanglos sind, weist die von Melanchthon 1540 veranstaltete Ausgabe , die später den Namen Variata erhielt, sehr erheblichen Änderungen auf. In dieser Ausgabe, die Melanchthon mit nach Worms zum Religionsgespräch brachte, sind viele Artikel ausführlicher und in anderer Reihenfolge behandelt; insbesondere ist der 10. Artikel vom hl. Abendmahl wesentlich verändert (…).

Ohne Zweifel wollte Melanchthon den Artikel so gestalten, daß auch die schweizerisch Gesinnten ihn unterschreiben konnten. (2) Anfänglich wurde die Umänderung auf lutherischer Seite nicht beachtet, obschon Joh. Eck auf dem Wormser Religionsgespräch sofort darauf aufmerksam machte. Erst später, als nach Luthers Tod heftige Streitigkeiten zwischen den Melanchthonianern und den strengeren Lutheraner ausbrachen, wurde von letzteren Melanchthons Änderung scharf getadelt. Während die Melanchthonianer sich an die Variata hielten, gingen die orthodoxen Lutheraner auf den ursprünglichen Text von 1531 zurück, der auch in das Konkordienbuch (Bekenntnisschriften) aufgenommen wurde.

Seit dem Augsburger Religionsfrieden (1555) wurde es Sitte, die Anhänger der Augsburger Konfession als Augsburger Konfessions-Verwandte zu bezeichnen; im Westfälischen Frieden wurden auch die Reformierten als solche betrachtet. Heute halten nur noch die Orthodoxen oder Alt-Lutheraner an der Augsburger Konfession fest. Der moderne Protestantismus hat sich von ihr innerlich los gesagt. Sie hat schon längst aufgehört, das gemeinsame Glaubensbekenntnis der lutherischen Protestanten zu sein. – aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. I, 1930, S. 809 – Sp. 810

Anmerkungen:

(1) sieben Reichsfürsten (Kurfürst Johann von Sachsen, Johann Friedrich, Herzog von Sachsen, Markgraf Georg von Brandenburg, Herzog Ernst und Franz von Lüneburg, Landgraf Philipp von Hessen, Fürst Wolfgang von Anhalt) und zwei Städten (Nürnberg und Reutlingen)

(2) unparteiische Protestanten, …,geben zu, daß Artikel 10 jetzt so gestellt war, daß die Katholiken keineswegs mehr, wie im Jahr 1530, ihre Brotverwandlungs-Lehre darin wiederfinden, wohl aber die schweizerisch Gesinnten und insbesondere Calvin mit demselben ganz zufrieden sein konnten. Zuerst war nämlich die Verdammungsformel weg gefallen, und dann war durch die Entfernung des Wortes Distribuuntur die Frage nach der Art der Gegenwart und des Genusses des Leibes Christi auf die Seite geschoben, so daß nun Butzer und die Calvinisten ohne Bedenken diesen Artikel unterschreiben konnten. Gleichwohl war er immer noch so gefaßt, daß unter den Protestanten selbst seinetwegen Niemand an der Variata Anstoß nahm; dies geschah erst 1560 auf dem Colloquium zu Weimar, als Flacius Illyrikus gegen sie auftrat. Es ist klar, daß die Veränderung des 10. Artikels von der größten Bedeutung war: Canisius und Hosius hatten nur zu sehr Recht, wenn sie auf diese wichtige Umänderung des Glaubensbekenntnisses aufmerksam machten, und es bleibt nur zu bedauern, daß Letzteres von katholischer Seite nicht nachdrücklich genug geschehen ist. Welch eigentümliche Begriffe man übrigens auf protestantischer Seite bezüglich der bei einem offiziellen Glaubensbekenntnisses doppelt notwendigen Ehrlichkeit und Genauigkeit hatte, zeigt die von Melanchthon 1551 im Auftrag des Kurfürsten Moritz für das Trienter Konzil verfaßte sog. Wiederholung der Augsburger Konfession (…), denn diese Schrift steht im völligen Gegensatz zur Augsburger Konfession und ist in einem Ton abgefaßt, welcher deutlich die Absicht an den Tag legte, jede Vereinbarung über die streitigen Punkte von vorne herein unmöglich zu machen (…). –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 1, 1882, S. 1642 – Sp. 1647

Tags: Häretiker
Buch mit Kruzifix
Könige mit Namen Ferdinand
Buch mit Kruzifix
Karl der Große bis Karl V. römisch-deutsche Kaiser

Weitere Lexikon-Einträge

Buch mit Kruzifix

Arialdus

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Arialdus Arialdus, hl., Diakon in Mailand, mit Erlembald Gründer und Führer der Pataria in Mailand, * zu Cuciago (südlich von Como) als Sohn frei geborener Eltern. Arialdus eiferte gegen die Simonie und Unenthaltsamkeit des…
Buch mit Kruzifix

Core

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Core Core, 1. dritter Sohn Esau`s von Oolobana (Gen. 36, 5. 14. 18; 1. Par. 1, 35). – 2. Der fünfte Sohn Eliphaz`, des erstgeborenen Sohnes Esau`s von Ada (Gen. 36, 16). – 3.…
Buch mit Kruzifix

Sodomie

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Sodomie Sodomie oder sodomitische Sünde (auch stumme Sünde genannt) Sodomie (sodomia, Homo-Erotismus, Uranismus; bei Männern auch Knabenliebe, Pädophilie, Päderastie, bei Frauen Tribadismus, Lesbische Liebe, Sapphismus genannt) besagt geschlechtliche Hinneigung zum gleichen Geschlecht, manchmal verbunden…
Buch mit Kruzifix

Maxentius und Maximian

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Maxentius und Maximian römische Kaiser und Christenverfolger Maxentius, römischer Kaiser 306-312, * um 279 als Sohn des Maximianus Herkulius, ließ sich 306 gegen den zum Cäsar des Westens bestellten Severus in Rom als Augustus…
Buch mit Kruzifix

Skapulier

Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Skapulier Skapulier (scapulare = Schulterkleid) bezeichnet 1) einen breiten, über Brust und Rücken bis zu den Füßen herab fallenden Tuchstreifen, den manche Orden, so die Benediktiner(vgl. Revue Bén 1921, 58/61) und Dominikaner als Teil…

Weitere Lexikon-Beiträge

Buch mit Kruzifix

Appellanten

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Appellanten Appellanten, Anhänger des Jansenismus in der fünften Periode seiner Entwicklung. Nachdem die Umtriebe und die Opposition gegen die Bulle Unigenitus, sowie die fruchtlosen Unterhandlungen zwischen den Akzeptanten und den Opponenten sich durch einige Jahre fortgezogen hatten, appellierten am 1. März 1717 vier Bischöfe (von Mirepoix, Monpellier, Boulogne, Senez)…
Buch mit Kruzifix

Waldenser

Lutheraner
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Waldenser Waldenser, auch Waldesier, mittelalterliche Sekte, benannt nach ihrem Stifter Waldes (Valdus, Valdesius) – der Vorname Petrus wird erst 1368 erwähnt – aus Lyon. Nach den sich ergänzenden Berichten im Chronicon universale anonymi Laudunensis (MGSkript XXVI 444ff) und bei Stephan von Bourbon (Tractatus de VII donis Spiritus Sancti c.…
Buch mit Kruzifix

Ockham

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Ockham Ockham, Wilhelm von, OMin, Philosoph und Theologe, Staatstheoretiker und Kirchenpolitiker, * zwischen 1290 und 1300 zu Ockham (England, Grafschaft Surrey), † 1349 oder 1350 zu München. Ockham studierte und lehrte in Oxford, zuletzt als Bakkalar. Der ihm häufig beigelegte Titel venerabilis inceptor bedeutet dasselbe wie der in Paris…
Buch mit Kruzifix

Bogumilen

Irrlehrer und Irrlehren
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Bogumilen Bogumilen (= „Gottesfreunde“), neu-manichäische Sekte, in griechischen Quellen auch Phundagiagiten oder Phundagiaten (Name ungeklärt) genannt und mit den Messalianern, Euchiten und Batenern gleich gesetzt. Anderseits scheinen die Lehren der ober-italienischen Patarener, der süd-französischen Albigenser, der makedonischen Babunier mit der bogumilischen Irrlehre nicht nur zufällig stark überein zu stimmen,…
Buch mit Kruzifix

Marcus Magus

Gnostiker
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Marcus Magus Marcus Magus Gnostiker, Schüler des Valentin, Zeitgenosse des Irenäus, der des Marcus Anhänger, die Markosier, im Rhonetal kennen lernte. Ausführlich berichtet Irenäus (Adv. Haeres. I c. 13-21) von ihren unsinnigen Zahlenspekulationen. (siehe den Beitrag: Die gnostische Bedeutung der Zahl 888) Für ihn ist Marcus ein ganz gewissenloser…
Buch mit Kruzifix

Ketzertaufe

Kirchenhistorie
Lexikon für Theologie und Kirche Stichwort: Ketzertaufe Ketzertaufe. Soweit die historischen Zeugnisse zurückreichen, stellte man sich in der alten Kirche zur außerkirchlichen Taufe verschieden. Im Morgenland erklärten sich um 230 bis 240 die Synoden von Ikonium und Symnada (vgl. auch Can. apost. 46 u. 47) gegen die Gültigkeit jeder Art von außerkirchlicher Taufe. Aus nicht…
Consent Management Platform von Real Cookie Banner